Seit zehn Jahren ist Daniel Wirtz alias Wirtz solo unterwegs. Mit seinem aktuellen Album „Die fünfte Dimension" ist er zurzeit auf Deutschland-Tour. Am 26. April unterhält der 42-Jährige seine Fans mit neuen Songs und etablierten Hits in der Columbiahalle in Berlin.
Herr Wirtz, Sie sind inzwischen schon zehn Jahre solo unterwegs. Wie fällt Ihr ganz persönlicher Rückblick auf diese Zeit aus?
Ich fühle vor allem Dankbarkeit, dass wir – mein Freund, Partner und Produzent Matthias Hoffmann und ich – das schon so lange gemeinsam machen können und es seit dem ersten Tag Schritt für Schritt immer ein kleines Stückchen weiter nach vorne geht.
Wie wichtig war es für Ihre Karriere, dass Ihre Fangemeinde „gesund gewachsen" ist?
Es ist vor allem für mich persönlich die gesündere Art. Schnell in den Orbit geschossen zu kommen und dann zu verglühen ist ja kein Konzept für einen nachhaltigen Erfolg. Mit „meinem" Wachstum weiß man immer sehr gut, wo man steht, es gibt keine Blase, die platzen kann. Und das Wichtigste: Ich weiß sehr zu schätzen, dass jeder einzelne von meinen Leuten ein ganz wichtiger Teil von Wirtz ist. Denn jeder von denen hat irgendwann mal den besten Freund genötigt, sich mal eine Wirtz-Platte anzuhören oder aufs Konzert mitzukommen. Dieses Engagement, dieser Vertrauensvorschuss verpflichtet immer wieder aufs Neue, das Bestmögliche abzuliefern.
Für Sie ist das neue Album laut Pressetext ein sehr besonderes. Wieso?
Achtung, abgedroschene Musikerantwort: Für mich ist jedes Album absolut gleichwertig, denn ich betrachte die Songs als meine Kinder. Da macht auch manchmal eines ein bisschen Ärger, ein anderes genießt etwas mehr Aufmerksamkeit und das dritte ist ein totaler Strahlemann, der immer nur gute Laune verbreitet. Aber man hat doch alle gleich lieb.
Nein, „Die fünfte Dimension" ist kein besonderes Album. Aber richtig ist: Wir sind außergewöhnlich zufrieden damit, denn noch nie ist es uns so gut gelungen, das, was wir im Kopf hatten, auch auf die fertige Platte zu bringen. Das sorgt für sehr große Zufriedenheit!
Warum eigentlich „Die fünfte Dimension"?
Ich würde jetzt gerne eine schöne Geschichte von Schall und Licht und Wärme und irgendwelchen übersinnlichen, nicht greifbaren Parallelitäten erzählen, aber die Wahrheit ist: Es ist schlicht unser fünftes Studioalbum und der Name erschien mir da ganz passend. Tut mir leid, es ist wirklich so langweilig. Aber grundsätzlich ist es ja ganz gut, die eigene Dimensionalität mal zu überprüfen und ab und an mal einen Blick über die dritte hinaus zu werfen. (lacht)
Wie sind die Songs entstanden?
Es war alles wie immer. Wir haben ja einen sehr disziplinierten Zugang zu einer Produktion. Irgendwann verabreden wir uns, um den Startschuss zu einem neuen Album zu geben. Dann treffen wir uns zu festen „Bürozeiten" und schreiben ein Album. Das klappt mal besser und mal schlechter, aber am Ende kommt immer das Beste raus, was wir zu geben haben. Wir machen uns vorher keine Gedanken, was wir anders oder besser als bisher machen wollen, sondern bringen einfach auf Papier und Band, was in uns drin ist. So war es schon immer und so wird es wohl für immer bleiben. Ich weiß gar nicht, ob wir es anders könnten.
Wie wichtig war es Ihnen, dass Sie dieses Mal genügend Zeit hatten?
Zeit ist grundsätzlich ein Luxus, das gilt nicht nur für Musikproduktionen. Es ist ganz und gar nicht so, dass wir bei unseren früheren Produktionen unter Druck irgendetwas halbfertig aus der Küche geschickt hätten. Aber diesmal konnten wir Ideen so lange liegen lassen, bis sie reif waren. Wir konnten Texte und Musik ausdiskutieren, bis wir das perfekte Ergebnis am Start hatten, ohne uns vorher irgendwann auf einen Kompromiss einigen zu müssen. Das trägt natürlich schwer zur Zufriedenheit bei, denn früher gab es schon manchmal Stellen, wo man hinterher dachte, dass man da doch noch gerne ein bisschen weiter dran gearbeitet hätte. Das hört da draußen niemand, aber für den Musiker tut es immer ein bisschen weh. (lacht)
Wie tief kann man Ihnen beim Hören der Songs in die Seele blicken?
Immer bis auf die Knochen.
Bedingungslose Ehrlichkeit ist Ihr Markenzeichen. Kann man sich damit nicht auch Feinde schaffen, und gibt es Situationen, in denen auch Sie mal flunkern?
Ich kann nicht anders, als so, wie wir es seit dem ersten Tag machen: Alles muss raus, was keine Miete zahlt. Ob mir da mal was auf die Füße fällt, ist mir allerdings egal. Ich finde, es ist keine Schwäche, Schwäche zu zeigen und Fehler einzugestehen. Ehrlichkeit ist oberstes Gebot, allerdings sind manche Texte nicht autobiografisch, auch wenn ich sie aus meiner Sicht singe. Aber es ist alles tatsächlich erlebt oder mindestens miterlebt. Das aktuellste Beispiel ist unsere Single „Gib mich nicht auf". Der Song ist in dieser Eindringlichkeit aus der Warte einer sehr vertrauten Person geschrieben.
Einige Ihrer Fans haben sich sogar das Wirtz-Logo tätowieren lassen. Was halten Sie davon?
Es macht mich natürlich stolz, wenn sich Menschen derartig mit dem identifizieren, was ich ihnen anbiete, und vor allem, was sie damit ausdrücken wollen. Wenn man sich für dieses Motiv entscheidet, will man ja ausdrücken, für irgendetwas zu stehen. Und ich bin ja nur das Symbol für diesen Lebensentwurf. So wahrgenommen zu werden, ist eine große Ehre. Und ich schätze natürlich auch, dass die Leute darauf vertrauen, dass ich nicht völlig abdrehe und irgendwann für etwas ganz anderes stehen könnte.
Was sagen Sie aus heutiger Sicht zu Ihrer Teilnahme an der TV-Show „Sing meinen Song"?
Die Teilnahme an „Sing meinen Song" war vor allem eine spannende Erfahrung und ganz viel aus der Sendung wirkt bis heute nach. Ich habe viele nette Kollegen kennengelernt, Türen haben sich für mich geöffnet, an denen wir viele Jahre vergeblich gekratzt haben und dass man auf einmal bei Udo Lindenberg auf dem Radar landet, der morgens um 4.30 Uhr zum neuen Video gratuliert, hat natürlich auch vor allem mit der gesteigerten Wahrnehmung zu tun. Und natürlich war es schön, mal für eine Weile auf dem Radar eines größeren Publikums zu fliegen. Bei diesem Format mitgemacht zu haben, war eine rundum positive Geschichte.
Hätten Sie sich vorher vorstellen können, einen Song von Pur zu singen, und gibt es noch Kontakt zu Hartmut Engler?
Mit Hartmut gibt es immer wieder losen Kontakt, weil das ein unheimlich angenehmer, herzlicher Typ ist. Egal, ob dienstlich oder privat: Wir bleiben in Kontakt. Mal einen Pur-Song zu singen, stand vor zehn Jahren natürlich nicht auf meinem eh nicht vorhandenen Karriereplan. (lacht) Und es kam tatsächlich für mich nur der „Tango" infrage, denn der fühlt sich sehr nah zu meiner eigenen Biografie an. Hartmuts Reaktion auf meinen Beitrag zu sehen, war natürlich wahnsinnig berührend.
Wissen Sie schon, wie es mit Ihrem eigenen TV-Format weitergeht, beziehungsweise gibt es weitere TV-Pläne?
Da ist alles noch offen. Ich hätte Lust drauf, noch einmal ins „Wirtz-Haus" zu ziehen und auch die netten Menschen von Vox hätten Bock. Allerdings ist das Fernsehprogramm – das musste ich auch erst lernen – ein ziemlich kompliziertes Puzzle und da hängt alles mit vielem zusammen.
Wir sind als Wirtz und mit der Sendung ja ein ganz kleines Bötchen, das im TV keine eigene Welle erzeugen kann. Aber wenn wir ein Dickschiff wie „Sing meinen Song" vor uns haben, wären wir total in der Lage, diese Welle zu reiten. Das haben die Quoten unserer ersten Staffel gezeigt. Nachdem die Arbeit mit den Kollegen so viel Spaß gemacht hat und wir von allen, die mich besucht haben, so eine sensationelle Rückmeldung bekommen haben, juckt es schon noch mal in den Fingern. Die Kollegen wollten ja teilweise gar nicht mehr vom Berg runter. (lacht)
Haben Sie diesbezüglich noch „Wunsch-Kandidaten"?
Wenn ich Wünsche äußern würde, wäre das Konzept der Sendung ja auf den Kopf gestellt. Dort geht es eben darum, dass tatsächlich echte Überraschungsgäste kommen, die man so gar nicht auf dem Zettel hat. Wenn ich jetzt also einen Namen nennen würde, wäre dieser Kollege als Gast quasi schon verbrannt.
Oder wenn er dann wirklich kommen würde, müssten die Leute denken, dass das doch alles abgesprochen ist. Und versprochen: Ist es nicht, es war tatsächlich jedes Mal eine echte Überraschung. (lacht)
Ich habe nur einen Wunsch: Nämlich dass die anderen Musiker nicht von ihren Plattenfirmen den Berg hochgezwungen werden müssen, sondern tatsächlich auch Lust auf das kleine, gemeinsame Abenteuer haben.
Was erwartet die Besucher auf Ihrer neuen Tour?
Wir werden eine ganze Menge von „Die fünfte Dimension" im Gepäck haben und dazu wie üblich ein schönes Best-of-Brett abfeuern. Derzeit planen wir, noch einen zusätzlichen Gitarristen mitzunehmen, damit ich ein bisschen mehr Spielraum habe, um mit den Leuten zu interagieren und überhaupt mehr auf der Bühne unterwegs zu sein. Das wird also spannend. Alles in allem wird es gute zwei Stunden Wirtz geben. Eben alles, was wir drauf haben!
Was ist Ihnen im Tour-Alltag besonders wichtig?
Wir haben das Glück, seit zehn Jahren mit absoluten Topleuten zusammenarbeiten zu dürfen und dass eine Crew am Start ist, die sich jedes Mal wie eine zweite Familie anfühlt. Wenn wir uns nach einer Livepause wieder treffen, liegen wir uns erst mal in den Armen. Solange das so ist, ist alles andere in den Griff zu kriegen. (lacht)