Die Wasserballer aus Spandau sind auf dem Weg zurück in die europäische Spitzenklasse. Ziel ist das „Final 8" in Genua – die Chancen stehen gut.
Die Meldung liest sich gut: „Die Wasserfreunde Spandau 04 Berlin haben in der Champions League gegen das niederländische Wasserball-Team AZC Alphen gewonnen. Die Berliner triumphierten mit 14:8 und wurden ihrer Favoritenrolle gerecht." So lautete die Nachricht der Deutschen Presse-Agentur vom 31. März – so weit so sachlich. Zwei Umstände könnten den geneigten Wasserball-Fan beim Lesen dieser Meldung verwirren: Erstens: Spandau 04 hat ein Spiel in der Wasserball-Champions-League souverän mit sechs Toren Vorsprung gewonnen. Und zweitens: die Berliner Serienmeister sind als Favorit in das Spiel gegangen. Was ist passiert? Was hat sich in der neuen Saison geändert? Wer angesichts der aktuellen Ergebnisse des deutschen Wasserball-Serienmeisters erstaunt ist, hat entweder die letzten Monate im Winterschlaf verpennt oder ist wahrscheinlich kein wahrer Wasserball-Freund. Denn überraschen kann dieses Frühjahr so recht keinen mehr, was Spandau 04 bereits seit dem Herbst und Winter letzten Jahres zu einer kleinen Erfolgsgeschichte ausbaut: Die Berliner sind in Europa wieder wer. Auch wenn noch drei weitere Partien in der Champions League ausstehen – widersprechen kann dieser These momentan keiner. Jetzt, da die Qualifikation für das Turnier der besten acht Mannschaften in Europa so gut wie geschafft ist. Denn ein solider Fünf-Punkte-Vorsprung gegenüber dem für die Qualifikation zum Endturnier ursprünglich favorisierten Team aus Jadran Herceg Novi in Montenegro dürfte reichen.
Gegen den AZC Alphen aus den Niederlanden, ein Neuling in der Königsklasse, waren für die Berliner Stefan Pjesivac (vier Treffer), Nikola Dedovic (drei), Marko Stamm und Tiberiu Negrean (je zwei) die besten Torschützen. Der Sieg war für die Wasserfreunde wie bereits erwähnt ein wichtiger Schritt zum Erreichen der Runde der letzten Acht. In der Tabelle der Gruppe B verbessern sich die Berliner damit vorübergehend auf den dritten Platz. Ziel ist es, Platz vier zu festigen. Dieser Rang würde zum Weiterkommen reichen. Nächster Gegner ist am 18. April der VSC Szolnok. In Ungarn kann die Erfolgsgeschichte der Spandauer in der europäischen Königsklasse dann fortgeschrieben werden.
Drei Partien in der Champions League stehen noch aus
Denn das Erreichen der Runde der besten acht Wasserball-Teams des Kontinents wäre der größte Erfolg für die ohnehin erfolgsverwöhnten Berliner seit vielen Jahren. Einige der Zuschauer in der Schöneberger Schwimmsporthalle fühlen sich bereits zurückversetzt in die goldenen 80er-Jahre, als die Berliner Wassersportler die führende Mannschaft in Europa stellten. Mit der clubeigenen Legende Hagen Stamm, dem heutigen Präsident von Spandau 04, und dem amtierenden Teammanager Hans-Peter Röhle, gewannen die Berliner damals vier Mal den Europapokal der Landesmeister, den Vorgänger-Wettbewerb der heutigen Champions League. Das waren Zeiten, denn zwei Mal konnte zusätzlich auch der europäische Supercup gewonnen werden. Wie gesagt: die 80er. Genauer gesagt: 1982, 1984, 1985 und 1988 waren die Spandauer die besten Europäer. Das ist lange her. Auch wenn in den vielen Jahren, die dazwischen liegen, die Qualifikation für das Finalturnier oft glückte, in den zurückliegenden Jahren gelang das nicht. Die Spandauer drohten über kurz oder lang von der europäischen Bühne zu verschwinden. Gemeinsam mit der deutschen Nationalmannschaft übrigens, deren Rückgrat die Berliner Wasserballer immer noch bilden. Auch die war sportlich nicht mehr in der Lage, sich in den letzten Jahren für ein wichtiges internationales Endturnier zu qualifizieren. Nicht für eine Weltmeisterschaft, nicht für Olympia. Der deutsche Wasserball schien am Ende. Der ewige Erste aus dem Westen von Berlin hat die nationale Konkurrenz totgespielt – sich selbst offensichtlich auch. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, fehlende Konkurrenz lässt das eigene Leistungsniveau sinken – so zu beobachten im deutschen Wasserball.
Doch die Situation hat sich geändert, seit Waspo 98 aus Hannover auf den Plan getreten ist. In der niedersächsischen Landeshauptstadt wird seit einigen Jahren kräftig in den anspruchsvollen Wassersport investiert und das macht auch Spandau 04 Beine. Den nationalen Supercup haben die Berliner im vergangenen Jahr bereits an die Hannoveraner verloren – zu viel der Schmach. „Dann müssen wir die Verhältnisse im Europapokal zurechtrücken", mögen die Spandauer sich gesagt haben. Und tatsächlich – sie arbeiten daran. Waspo 98 Hannover liegt in seiner Champions-League-Gruppe bereits aussichtslos zurück – Spandau 04 genießt hingegen eine äußerst aussichtsreiche Position.
Im Pokal-Halbfinale trifft Spandau auf den ASC Duisburg
Das Gleiche gilt für den deutschen Pokal. Die Wasserfreunde Spandau 04 haben nach souveräner Leistung die Endrunde der besten vier Teams im Wasserball-Pokal erreicht. Die Berliner gewannen am Samstag vor dem Champions-League-Match gegen die Niederländer aus Alphen das Viertelfinalspiel beim SV Vogtland Plauen deutlich mit 19:9 und treffen nun im Halbfinale auf den ASC Duisburg. Beste Torschützen bei Spandau waren Tiberiu Negrean, Nikola Dedovic (je vier Treffer), Stefan Pjesivac und Ben Reibel (je drei).
Zwar hatten sich Titelverteidiger Waspo 98 Hannover, der ASC Duisburg und Gastgeber OSC Potsdam auch bereits für die Cup-Endrunde qualifiziert, doch das Momentum spricht zurzeit für die Hauptstädter, die mit viel Rückenwind an die Pokalentscheidung herangehen werden.
Auch im Schlussspurt der Meisterschaft könnte das eine Rolle spielen. Spandau und Hannover sind erwartungsgemäß bereits für die Runde der besten Vier in der Meisterschaft qualifiziert. Potsdam und die Wasserballer aus Duisburg werden voraussichtlich dazustoßen. Ob die Dreifachbelastung mit Meisterschaft, Champions League und Pokal den Spandauern einen entscheidenden moralischen Schub verleiht, muss sich zeigen. Vielleicht wird es den Berlinern auch einfach zu viel gegen die ausgeruhte nationale Konkurrenz. Ausgeruht oder nicht, eine Sache wird bleiben. Es ist der neue Status der Spandauer im europäischen Wasserball: einer von Acht.