Olga Konon weiß, wie es ist, bei null anzufangen. Die Badminton-Spielerin wurde in ihrer Karriere oft von schweren Verletzungen zurückgeworfen, schaffte aber immer wieder den Weg zurück. Ihr aktuelles Ziel: Die Olympia-Teilnahme 2020 im Doppel und im Mixed.
Vor 13 Jahren kam Olga Konon als 15-Jährige zum ersten Mal ins Saarland. Damals wurde die Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken gerade zum Welt-Trainingszentrum Badminton gekürt und die junge Olga kam, um dort zu trainieren. „Schon als ich das erste Mal in Saarbrücken war, hat mir auf Anhieb alles gut gefallen", erinnert sich die gebürtige Weißrussin, die 2011 die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, „Die Voraussetzungen waren einfach super und haben mich sehr beeindruckt. Ich wollte damals schon nicht mehr nach Hause fahren." Den Rest gab ihr der Besuch eines Ligaspiels des Bundesligisten und mehrfachen Deutschen Meisters 1. BC Bischmisheim, für den sie seit 2009 spielt: „Ich dachte mir: ‚Supergeil. Ich werde jetzt alles dafür tun, in Deutschland Badminton spielen zu dürfen." Etwas später dann hat sich ihr Traum erfüllt. Sogar mehr noch: „Ich kann ehrlich sagen: Das Saarland ist mein Zuhause. Ich fühle mich hier besonders wohl." Ihre Familie lebt nach wie vor in Weißrussland. Die Verbindung zu ihrer alten Heimat besteht nicht nur deshalb nach wie vor. Doch: „In der ersten Zeit fühlt es sich immer etwas komisch an, wenn ich dort zu Besuch bin. Mir ist mit der Zeit aufgefallen wie unterschiedlich die Mentalitäten sind. Inzwischen fühle ich mich mehr als Deutsche", verrät sie.
Sportlich lief es zunächst nicht so rund: Mit gerade einmal 17 Jahren hatte sie ihren ersten Kreuzbandriss. Trotzdem schaffte sie es wenig später zu den Olympischen Spielen 2008 nach Peking. Später erlitt sie am Bundesstützpunkt in Mühlheim den zweiten Kreuzbandriss – dieses Mal am anderen Knie. Weitere schwere Knieverletzungen folgten. „Ich hatte eigentlich nie kleine Blessuren. Wenn was war, dann war ich gleich ein ganzes Jahr raus. Und das eben vier Mal", sagt sie und wirkt dabei nicht wehklagend. Für sie zählt bei allem nur das Positive. In diesem Fall die Tatsache, dass sie seit ein paar Jahren verletzungsfrei ist. „Seit dem Wechsel zum Doppel und Mixed geht es mir körperlich sehr gut. Das ist nicht so anstrengend und belastend für den Körper wie das Einzel und ich merke, dass es nicht nur meinen Knien, sondern meiner ganzen Gesundheit guttut", erklärt sie.
Konon sieht das Positive
Der Körper ist das eine. Umso bemerkenswerter, wie die Leistungssportlerin die vielen Rückschläge mental verarbeiten und immer wieder angreifen konnte – bis in die Weltspitze. „Das war am Anfang schon sehr, sehr schwer. Aber ich hatte immer das Gefühl, weiterspielen zu wollen. Und den Glauben daran, dass es wieder klappen würde", erinnert sie sich an die vielen schweren Stunden voller Enttäuschung zurück: „Seit meiner Kindheit habe ich große Ziele. Allen voran Olympia. Als ich das geschafft hatte, wollte ich Medaillen bei internationalen Wettkämpfen und Meisterschaften gewinnen. Solange die Ärzte mir gesagt haben, dass es noch möglich ist, diese Ziele zu erreichen, habe ich immer weitergemacht." Trotzdem muss sie zugeben: „Nach meiner letzten Verletzung war das schon sehr hart und knapp an der Grenze." Die Vorstellung, zum vierten Mal bei null anzufangen und mühsam Muskulatur aufzubauen und der alten Form lange hinterherzulaufen – dabei immer die quälende Frage im Hinterkopf, ob es sich überhaupt lohnt. „Dann habe ich irgendwann mit kleinen Schritten angefangen. Das hat funktioniert, ich konnte mich schnell steigern und irgendwann habe ich mir gesagt: Ok, jetzt ziehe ich es wieder durch", erinnert sie sich, „Wenn ich jetzt auf diese Zeit zurückschaue, kann ich mir selbst gar nicht erklären, wie das klappen konnte." Ihre Entschlossenheit war und ist das, was Olga Konon erfolgreich macht. Immer wieder von Neuem. Sie machte sie 2007 in Völklingen zur Doppel-Europameisterin bei den Juniorinnen – im Einzel holte sie damals Bronze. 2012 Wurde sie Mannschats-Europameisterin mit den Frauen und 2013 im Mixed. Dazu kommen Mannschafts-Bronze 2014 (Basel) und -Silber 2018 (Kazan).
Konon wollte zudem immer ein Vorbild für andere sein. Nicht nur im Sport, sondern auch „für das Leben", wie sie sagt. „Man muss nur kämpfen. Dann ist alles möglich", lautet ihr Credo, das sie nicht nur jungen Menschen weitergeben möchte. Ihr persönliches Ziel für die kommenden Monate ist es, Plätze in den Mixed- und Doppel-Weltranglisten gutzumachen. Denn auch hier musste sie nach dem Disziplin-Wechsel im September 2017 mal wieder bei null anfangen. Das bedeutet, bei vielen kleineren Turnieren mitzuspielen, sich mit unglücklichen Auslosungen herumzuschlagen und sich erst einmal in der neuen Konkurrenz zurechtzufinden. Oder wie es Olga Konon formuliert: „Als nächstes möchte ich im Mixed und im Doppel die deutsche Nummer eins sein und bei den Europameisterschaften um Medaillen kämpfen, um es wieder zu den Olympischen Spielen schaffen zu können." Dass die Konkurrenz in Deutschland sehr groß ist, weiß sie. Doch auch das sieht sie positiv: „Das ist gut, um schnell ein gutes Niveau aufzubauen", sagt Konon.
Trainerlaufbahn nach der Karriere
Wohin das noch führen soll, weiß sie genau: Zu weiteren Erfolgen. Wie lange sie sich noch als Spielerin auf diese Jagd begeben will, weiß sie hingegen noch nicht. „Natürlich ist mir klar, dass ich nicht noch zehn Jahre lang so weiterspielen werde. In meinem Alter müsste ich so langsam mal daran denken, eine eigene Familie zu gründen und Kinder zu bekommen", sagt sie und lacht. Wobei selbst die Konkretisierung der Familien-Pläne ihr Leben für den Badmintonsport fast nicht beeinflussen wird. Nach ihrer aktiven Karriere will sie nämlich Trainerin werden. Als sie mit Badminton anfing, war sie gerade einmal sechs Jahre alt. Der Grund war so banal wie nachhaltig: „Für die anderen Sportarten war ich zu jung. Nur der Badmintonverein hat mich damals ausnahmsweise angenommen", erinnert sich Konon, die aus einer sehr sportlichen Familie stammt: „Meine Eltern und ich hätten uns nie vorstellen können, dass ich heute immer noch Badminton spiele. Dafür war diese Sportart in Weißrussland zu unbekannt." Von Anfang an war sie die Beste – auch besser als ältere Mädchen. Selbst in anderen Sportarten wie der Leichtathletik. „Ich dachte mit: Alle machen Leichtathletik. Badminton ist was Besonderes. Und als Badmintonspielerin habe ich mich cool gefühlt", berichtet sie lachend. So entstand die große Liebe zu ihrem Sport, den sie „nie mehr verlassen will. Ich hatte auch das Gefühl, dass Gott wollte, dass ich das mache. Deshalb kann ich auch noch nicht damit aufhören."
Ob es Olga Konon wieder gelingt, zu den Olympischen Spielen zu fahren, kann man noch nicht sagen. Bleibt sie weiter verletzungsfrei, ist es allerdings höchstwahrscheinlich. Schließlich glaubt sie fest daran, dass alles möglich ist, wenn man nur kämpft. Und dass sie kämpfen wird, versteht sich von selbst.