Philipp Köhler ist kein ganz normaler Schüler. Der 17-jährige Bundesliga-Ringer hat „ganz nebenbei" schon einen Roman veröffentlicht. Der zweite soll bald folgen.
Man hat nicht oft die Gelegenheit, dass ein Autor aus seinem Werk vorliest. Schon gar nicht genau an dem Ort, wo der Roman geschrieben wurde. Philipp Köhler hat es für FORUM getan: „Plötzlich blieb er vor einem schmalen, düsteren Gang stehen. Die Glaslampen, welche normalerweise von den Regalen Licht warfen, hingen zersprungen in ihren Verankerungen. Ein Podest stand an der Wand am Ende der Gasse. Zitternd starrte Jakob auf das Buch, das nicht auf ihm lag, sondern knapp über dem Holz schwebte. Jakob wollte nur noch weg von diesem Ort, doch die dunkle Macht ließ ihn weiter, Schritt für Schritt, auf das Lesepult zugehen. Mit angstgeweiteten Augen las er den Titel: ‚Gesuan’. Plötzlich schlug es auf, die Seiten wirbelten vorbei und Dunkelheit verschlang Jakob."
Es ist die erste Schlüsselstelle in Köhlers erstem Fantasy-Roman „Jacob – die Magie eines Jahrhunderts." Er ist im vergangenen Herbst erschienen und für 12,80 Euro im Buchhandel erhältlich.
Gemütlich ist es in Köhlers Elternhaus in Eppelborn-Bubach. Seine beiden Zimmer sind so, wie man sich halt das Reich eines 17-jährigen Schülers vorstellt. Denn Philipp Köhler ist eben kein älterer Herr, der im staubigen Hinterzimmer Bücher schreibt, sondern ein angehender Abiturient und Bundesliga-Ringer. Das Schreiben ist nur ein Hobby. „Es wurde mir in die Wiege gelegt. Meine Mama hat früher selbst geschrieben, aber nie veröffentlicht. Als ich klein war, hat sie mir sehr oft vorgelesen. Wahrscheinlich kommt daher meine Liebe zur Literatur." Dass Deutsch eines seiner Abiturfächer ist, überrascht darum wenig. Dazu kommen Mathematik, Englisch, Geschichte und in der mündlichen Prüfung Kunst. „Die Vorbereitung laufen in einer Mischung aus ,irgendwie durch’ und doch ,so gut wie möglich’. Wenn irgendwas zwischen 2,6 und 2,9 herauskommt, bin ich zufrieden."
Schreiben wurde ihm in die Wiege gelegt
Seine Reifeprüfung auf der Ringermatte hat Philipp in der vergangenen Saison abgelegt. Erstmals startete er mit seinem AC Heusweiler in der höchsten Klasse, der Bundesliga. „Das ist schon eine ganz andere Hausnummer als noch im Jahr davor in der Zweiten Liga. Zu jedem unserer Kämpfe sind so viele Zuschauer gekommen. Ich versuche zwar immer mein Bestes zu geben, aber eine solche Kulisse macht einem schon Druck."
Diese Anspannung fällt von ihm ab, wenn er an seinen Geschichten schreibt. Meist sitzt er mit dem Laptop auf dem Bett. „Beim ersten Buch hatte ich eine genaue Vorstellung vom Anfang und vom Ende. Dazwischen habe vieles einfach fließen lassen oder auch mal improvisiert." Nur mit der finanziellen Unterstützung der Familie konnte das Buch überhaupt auf den Markt kommen. Der Verkauf gerade im näheren Umfeld läuft gut, auch übers Internet werden die Bücher gehandelt. Genaue Zahlen gibt es noch nicht. „Ich glaube, es kann nicht mein Ziel sein, mit meinem Schreiben reich zu werden. Aber natürlich wäre es schön, dass wir nicht nur die Kosten für dieses Buch wieder reinbekommen, sondern auch schon etwas für das nächste ansparen können."
Trotz seiner Jugend war Köhler für Heusweilers Trainer Cacan Cakmak eine Art „Universalwaffe" in den Gewichtsklassen zwischen 66 und 75 Kilo. Und das dazu noch in beiden Stilarten – griechisch-römisch und Freistil. „Eigentlich mag ich Freistil lieber. Das ist oft schneller und hat mehr Action", sagt Köhler, dessen großes Vorbild aber ein Greco-Spezialist ist: „Jan Fischer habe ich schon immer bewundert. Ein super Ringer und ein toller Mensch. Obwohl er ein Weltklasse-Ringer war, konnten wir als Nachwuchsringer ihn an der Sportschule immer ansprechen. Er hatte immer ein Ohr für uns und oft den ein oder anderen Tipp." Kein Wunder also, dass ein Kampfanzug Fischers und ein Autogramm des früheren Kapitäns des KSV Köllerbach in Köhlers Zimmer einen Ehrenplatz haben.
Ehrgeizig auch auf der Matte
„Zum Ringen gekommen bin ich über meine Kindergärtnerin. Die hatte gemerkt, dass ich mich mit vier Jahren schon unglaublich gut abfangen kann, wenn ich mal falle. Und weil sie mit einem Ringer-Schiedsrichter verheiratet war, bin ich dann in Eppelborn in den Verein." Mittlerweile ist der AC Heusweiler sein Verein. In der B-Jugend wurde Philipp deutscher Vizemeister, in der A-Jugend reichte es noch für Platz fünf. Die Mama arbeitet im Vorstand des ACH mit und fiebert bei jedem Kampf am Mattenrand. Auch in der nächsten Runde, wenn Philipp in die höheren Gewichtsklassen zwischen 75 und 80 Kilo wechseln wird und auch nicht nur ausschließlich für die Bundesligastaffel des ACH kämpfen will. „Ich bin halt größer und schwerer geworden. Das Gewichtmachen auf 66 Kilo hat mich schon fertiggemacht. Ich will auch in der Oberliga-Mannschaft ringen. Natürlich ist es toll, gegen Stars wie Timo Badusch anzutreten, aber es ist auch gut fürs Selbstvertrauen, wenn man mal ein paar Kämpfe gewinnen kann."
Nicht nur Schlagerfreunde wissen, „Mit 17 hat man noch Träume" – auch Philipp Köhler denkt über seine Zukunft nach. Beruflich, sportlich und natürlich was sein literarisches Hobby angeht. „Vielleicht werde ich Grundschullehrer, das würde meiner Mutter gut gefallen. Aber ich kann mir aber auch vorstellen, am Campus Birkenfeld Umwelt- und Wirtschaftsrecht zu studieren. Ich habe mir das mal angeschaut. Es ist schon interessant. Es wird sicher nicht einfach, Studium und Sport zu verbinden. Aber natürlich würde ich mich gerne in der Bundesliga etablieren. So wie mein Vereinskollege Peter Himbert. Wir haben in der vergangenen Saison viele gute Kämpfe gemacht, aber oft knapp verloren. Als Mannschaft sollten wir das diesmal besser machen." Dazu arbeitet man in Heusweiler an der Zusammenstellung der neuen Mannschaft, aber auch am ohnehin schon herausragenden Zusammenhalt im Verein. Zuletzt waren alle gemeinsam zum Kegeln.
Zurück ins Jugendzimmer: Das nächste Buch ist schon in Arbeit. „Das Hexenmädchen" soll es heißen. „Der Erscheinungstermin ist noch offen. Ich will nicht zu viel verraten. Aber es werden noch mehr Fantasy-Figuren mitspielen. Orks, Elfen, Zwerge. Eines ist aber sicher: Es wird wieder spannend." Vielleicht liest Philipp Köhler ja demnächst seinen Mannschaftskameraden bei Auswärtsfahrten daraus vor.