Mal angenommen, dass alte Sprichwörter ihre Gültigkeit nicht verloren haben, sind wir schon eine ziemlich schlecht beratene Gesellschaft. Überall schlägt einem Angst entgegen. Und die ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber. Bleibt nur die Frage, warum wir offensichtlich so gern die alte Weisheit verdrängen und uns lieber dem schlechten Ratgeber an den Hals werfen. Besonders vernünftig ist das nicht. Aber was ist schon vernünftig an Gefühlen?
Die Kriminalstatistik zeigt einen deutlichen Trend nach unten, trotzdem ist das Sicherheitsgefühl im Keller. Die Zahl der Straftaten in Saarbrücken ist ganz im Trend zurückgegangen, gleichzeitig schreibt der Einzelhandel, „gefühlt" sei es bereits „fünf nach zwölf". Eine Erklärung für dieses Paradoxon, die auch der Guru der Kriminalitätsforschung, Christian Pfeiffer, gibt, ist die „Wucht der Bilder", eine auf spektakuläre Fälle fokussierte reißerische mediale Darstellung. Das klingt plausibel. Einigermaßen klar ist auch, dass man einem „Gefühl" mit noch so klaren Statistiken nicht beikommt. Erfolgversprechende Vorschläge, wie die paradox auseinanderklaffende Entwicklung zumindest abgemildert werden könnte, sind indes Mangelware. Das wiederum verunsichert offensichtlich auch Verantwortliche in Politik und Verwaltung. Wie sonst ließe sich erklären, dass sie mit ihren permanenten Forderungen nach mehr Polizei, mehr Überwachung, schärferen Gesetzen, wenn auch vielleicht ungewollt, ein Gefühl verstärken, als seien die Zeiten so unsicher wie nie zuvor. Natürlich muss man die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Aber mit kühlem Kopf, nüchterner Analyse und besonnenen Maßnahmen. Alles andere spielt nur den Angstprofiteuren in die Hände. Im Übrigen hat nicht jedes geäußerte Unsicherheitsgefühl etwas mit vermeintlicher oder tatsächlicher Kriminalitätsentwicklung zu tun. Von dieselbetrugs-verunsicherten Autofahrern über die Umbrüche der Wirtschaft bis zu drohender Altersarmut geben die Meldungslagen kaum Anlass, sich in Geborgenheit zu wähnen. Das entbindet nicht vor der Verantwortung, dort, wo es Kriminalitätsprobleme gibt, konsequent zu handeln. Ansonsten gilt: Nicht jede Gefühlsäußerung über Angst ist ein guter Ratgeber.