Was der Kampf ums Öl war, wird in diesem Jahrhundert zum Kampf ums Wasser. Was zunächst nur Umweltschützer und Entwicklungshelfer umtrieb, hat inzwischen bei internationalen Organisationen, Konflikt- und Friedensforschern höchste Priorität.
Es hat sich langsam-schleichend und damit fast unbemerkt von der öffentlichen Wahrnehmung aufgebaut. Inzwischen hat das Konfliktpotenzial, das der Kampf um jeden Tropfen in sich birgt, längst die höchsten globalen Institutionen erreicht. Weltweit geht man davon aus, dass mindestens 750 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Wenn die derzeitigen Entwicklungen unbegrenzt so weitergehen, könnten es Ende des Jahrhunderts zwei Milliarden sein.
Das hat selbst die Agrarminister der „G 20", der zwanzig größten Wirtschaftsnationen der Welt, auf den Plan gerufen, die vor einem Jahr um einen Aktionsplan gerungen haben. Bekanntlich lassen sich aber selbst gute verabredete Maßnahmen nur schwer durchsetzen, Vereinbarungen sind meist nur auf dem kleinstmöglichen gemeinsamen Nenner möglich, und bis sie wirken, falls überhaupt, hat sich die Entwicklung weiter verschärft. Derzeit gehen 70 Prozent des globalen Wasserverbrauchs auf das Konto der Landwirtschaft, Tendenz steigend.
Der andere bedrohliche menschengemachte Megatrend ist der globale Klimawandel. Den ohnehin von Dürre und Trockenheit geplagten Regionen großer Teile der Welt droht eine weitere Verschärfung klimatischer Bedingungen. Die wiederum wird erwartbar Fluchtbewegungen verschärfen, zunächst in die regionalen Zentren, die bereits kaum in der Lage sind, eine auch nur halbwegs notwendige Versorgung zu gewährleisten. Die Folgen lassen sich nur spekulieren, Szenarien auf der Basis bisheriger Erfahrungen gehen von verschärften inneren Konflikten und verstärkten Fluchtbewegungen aus. Hinzu kommen Szenarien über die Folgen eines Meeresspiegelanstiegs infolge weiterer Erderwärmung, mit erwartbar zusätzlichen Fluchtbewegungen. Dass sich diese Entwicklungen massiv auswirken, steht eigentlich nicht in Zweifel, auch wenn über das in den Szenarien ausgemalte Ausmaß gestritten wird.
Wie sehr dieser Begriff vom „Kampf ums Wasser" wörtlich zu nehmen ist, zeigt sich seit Jahrzehnten im Nahen Osten. Der legendäre „Sechs-Tages-Krieg" vor nunmehr einem halben Jahrhundert (1967) beruhte nicht nur auf einem politischen Konflikt, es ging vielmehr auch knallhart darum, die Wasserversorgung des noch jungen Staates Israel abzusichern. Der sicherte sich damals den Zugang zum Wasser des Jordan, das er dringend für seine exportträchtige Landwirtschaft brauchte. Umgekehrt kontrolliert und beschränkt Israel den Wasserzugang der Palästinenser. Die Auseinandersetzung um das knappe Gut Wasser gilt als einer wichtigsten Gründe für die Ablehnung eines eigenen Palästinenserstaates.
Experten gehen weniger davon aus, dass künftige Auseinanderstezungen um Wasser mit Panzern und Kampfflugzeugen geführt werden. Es gebe vielmehr ein „nicht quantifzierbares Risiko durch den internationalen Agrarhandel", analysiert beispielsweise Martin Keulertz von der American University of Beirut im vergangen Jahr. 70 Prozent des Wassers fließen in den Agrarsektor, und der globale Handel mit Lebensmitteln ist längst zum Spekulatinsobjekt geworden.
Die Vereinten Nationen haben das Recht auf sauberes Wasser als grundlegendes Menschenrecht definiert, als „unveräußerliche Grundlage für ein würdiges Leben", und mehr noch: als „Voraussetzung, weitere Menschenrechte zu verwirklichen". „Wasser wird zur entscheidenden Ressource des 21. Jahrhunderts". Diese Prognose maßgeblicher Experten bestätigt sich, auch die, dass sich der globale Kampf um diese kostbare Ressource auf den unterschiedlichsten Ebene weltweit verschärfen wird.