Jonas Hopf bietet mit seiner Firma Kulevo historische Reisen auf den Spuren der Römer, Wikinger und Germanen an. Die Teilnehmer besichtigen dabei nicht bloß Museen und Ausgrabungsstätten, sondern essen, schlafen und kleiden sich wie zu einer anderen Zeit.
Herr Hopf, mit Ihrer Firma Kulevo veranstalten Sie Zeitreisen, bei denen die Teilnehmer in vergangene Epochen eintauchen können. Haben Sie sich schon als Kind gern als Ritter, Römer oder Germane verkleidet?
Das nicht, aber ich war schon als kleiner Junge sehr geschichtsinteressiert. Mein Vater hat mich quasi mit „Was ist was"-Büchern aufgezogen und mir alles über die alten Völker erzählt. Gleichzeitig sind wir als Familie gern gereist. Ich erinnere mich noch an einen Urlaub in Tunesien, als wir mit einem Taxi zwei Stunden in die Wüste gefahren sind, wo dann mitten im Nirgendwo eine alte Römerstadt stand, schon halb verschluckt vom Wüstensand. Da war nichts abgesperrt, man konnte einfach so zwischen den Ruinen herumlaufen. Das hat sich angefühlt, als wären die Römer gerade erst ausgezogen. Mit Kulevo habe ich jetzt meine beiden Leidenschaften für Geschichte und fürs Reisen verbinden können.
In der Schule wird Geschichte ja oft sehr trocken vermittelt.
Ja, und das finde ich sehr schade. Dabei steckt in diesem Fach doch so viel drin. Das Wissen über die Geschichte hilft uns, die Welt, in der wir leben, besser zu verstehen. Dietrich Schwanitz, der Autor des bekannten Bildungsratgebers „Bildung – Alles, was man wissen muss", hat einmal gesagt: „Geschichtswissen ist der wichtigste Inhalt im Marschgepäck, das man Bildung nennt." Dem ist nichts hinzuzufügen.
Kulevo ist nicht der erste Veranstalter kulturhistorischer Reisen, man denke nur an Studiosus. Wie unterscheidet sich Ihre Firma von den anderen?
Wir sind die weltweit ersten, die Reenactment standardmäßig in Urlaubreisen einbauen. Während Ihres Urlaubes werden Sie tatsächlich auch für einige Tage so leben, wie zu einer anderen Zeit. Sie werden authentisch untergebracht, tragen die Kleidung und gehen spannenden Aktivitäten einer anderen Epoche nach. Es ist deshalb auch keine klassische Bildungsreise, sondern eher eine Abenteuerreise in die Vergangenheit. Auch wir besuchen Ausgrabungsstätten und Museen, und an einigen Tagen geht es auch einfach nur an den Strand. Aber die Teilnehmer haben bei uns eben auch die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und zum Beispiel auf einem Wikingerschiff zu segeln oder Bronze zu gießen. Sogar das Essen ist authentisch.
Was für Reisen bieten Sie aktuell an?
Zurzeit haben wir zwei Römer-Reisen im Angebot – eine davon in Deutschland, die andere in Österreich –, zwei Wikinger-Reisen nach Dänemark beziehungsweise Norwegen, eine Tour zu Karl dem Großen, einen Trip nach Zentralasien, sowie eine Rundreise auf Kreta auf den Spuren der alten Minoer – der ersten Hochkultur auf europäischem Boden. Die einzige Reise außerhalb Europas führt momentan nach Kirgisistan zu den alten Skythen, einem Reitervolk. Dort lernen die Teilnehmer reiten, sie lernen Bogenschießen, und sie lernen beides zusammen zu tun. Im Herbst haben wir unseren ersten Reisekatalog herausgebracht. Er kann auf der Seite www.zeitreise-geschenk.de heruntergeladen werden. Dort gibt es als Appetitmacher übrigens auch ein Rezeptbuch mit 26 Rezepten alter Völker – und das völlig gratis.
Und welche Zeitreisen wären noch denkbar?
Allein zu den Römern fallen mir auf Anhieb mindestens zehn weitere Reisen ein. Wir überlegen zum Beispiel gerade, eine Alpenüberquerung als Legionär ins Programm zu nehmen, bei der man das Marschgepäck der Römer auf dem Rücken trägt. Nahezu jeder Ort auf der Erde hat eine spannende Geschichte, die man erzählen kann. Man denke nur an die Inkas und Azteken in Mittel- und Südamerika oder an den ersten Kaiser von China oder an die japanischen Samurai. Denkbar wäre auch eine Reise nach Ostafrika auf den Spuren der ersten Homo sapiens. Das würde gut zum Namen Kulevo passen, der sich ja aus den beiden Begriffen Kultur und Evolution zusammensetzt.
Wer bucht denn eigentlich solche Reisen?
Unsere Reisen sind für die Abenteurer unter den Geschichtsinteressierten. Was man am Alter übrigens nicht festmachen kann. Da gibt es den 66-Jährigen, der zusammen mit seiner Frau berittenes Bogenschießen lernen will. Und es gibt Familien, wo die Eltern wollen, dass ihre Kinder im Urlaub auch noch etwas lernen.
Sind die Zeitreisen wissenschaftlich korrekt?
Darauf legen wir großen Wert. Deshalb arbeiten wir mit einem großen Netzwerk von verschiedenen Wissenschaftlern zusammen. Und wenn ein Historiker einen Vortrag hält oder ein Archäologe seine Ausgrabung zeigt, dann ist das nicht irgendjemand: Unsere Experten gehören zu den Besten ihres Fachs. Es ist uns sehr wichtig, dass die Reisen Hand und Fuß haben und nicht in Klamauk abgleiten. Man kennt das ja von einigen Mittelalter-Events, bei denen es teilweise in Richtung Fantasy à la „Herr der Ringe" abdriftet.
Sie selbst sind kein Wissenschaftler und auch kein gelernter Touristiker. Wie schwer war es, ein solches Reiseunternehmen aufzubauen?
Es war nicht einfach, und es gab immer wieder Rückschläge, mehr als einmal stand das ganze Projekt vor dem Aus. 2016 war ein Crowdfunding-Versuch gescheitert. Erst beim Deutschen Business Angels Tag 2016 in Nürnberg habe ich endlich Investoren gefunden – quasi auf den letzten Drücker. Hunderte Start-ups haben sich dort präsentiert, die meisten einfach nur mit einem Laptop und einem Stehtisch. Ich hatte mich aufwendig als König Ludwig II. verkleidet, sogar mit einem echten Hermelinfell, und damit die Aufmerksamkeit zweier privater Investoren gewonnen. Reenactment war bei Kulevo also sozusagen von Anfang an ein Erfolgsmodell. Im nächsten Schritt wollen wir expandieren und künftig auch englischsprachige Reisen für Amerikaner und Asiaten anbieten. Die fahren darauf nämlich total ab! Allerdings brauchen wir dafür noch größere Investoren. Daher hoffe ich, dass wir uns bald auch in der Sendung „Die Höhle der Löwen" präsentieren dürfen. Ich bin überzeugt, dass man mit solchen Zeitreisen Geld verdienen kann. Der Reisemarkt insgesamt wächst nach wie vor und ganz besonders Angebote, die sich von der Masse abheben. Dort liegen die Wachstumsraten teilweise über 20 Prozent.