Vier junge Musiker wagen mit Eigenkompositionen den Sprung ins Profilager. In Dresden an der Hochschule für Musik haben sie sich kennengelernt und schicken sich an, die melodische Jazzmusik mit ihrer speziellen Note zu bereichern.
Die Musiker sind sich im Klaren, dass sie einen steinigen Weg beschreiten werden. Nichts ist in Deutschland schwieriger beziehungsweise brotloser als Kunst, die sich von freiberuflicher „Berufung" speist und nicht in Form von festangestellten, verbeamteten Orchestermusikern ausgeübt wird.
Doch der Weg in die Selbstständigkeit, in die „freie Kunstszene", bereitet dem Quadrat-Artett keine schlaflosen Nächte. Vielmehr brennen János Adrat, Florian Naegeli, Karl Kindermann und Felix Demeyere darauf, endlich loslegen zu können.
Anfänglich sah es für den Bandgründer noch so aussah, als würde er sich der klassischen Musik verschreiben und auf eine relativ sichere Stellung in einem klassischen Orchester zusteuern. Inspiriert von seinem musikalischen Vater Frank-Martin Adrat, hatte János per Zufall seine Liebe zur Trompete entdeckt. „Mein Vater hatte im Radio ein Stück mit einer Posaune gehört und war darauf ganz begeistert ins Musikhaus Knopp in Saarbrücken gestürmt, um neben dem Klavier nun auch noch Posaune zu erlernen. Als er das sperrige Instrument dort sah und mit dessen Größe nicht zurechtkam, entschied er sich, stattdessen eine Trompete zu kaufen", erzählt er. Zuhause lag die Trompete immer wieder offen im Wohnzimmer herum. János weiter: „Ich war neugierig und versuchte, diesem glitzernden Unikum Töne zu entlocken. Es klappte prima. Mit elf Jahren fing ich in der Musikschule Püttlingen bei Martin Ade mit dem Unterricht an, ich war irgendwann wie besessen von der Musik, mit 16 oder 17 Jahren war für mich klar, dass ich beruflich Musik machen wollte."
Nach dem Abitur am Albert-Einstein-Gymnasium in Völklingen zog es den Riegelsberger nach Hamburg. Hier studierte er brav drei Semester klassische Orchestermusik. „Anfangs dachte ich noch, ich würde eines Tages im Orchester sitzen. Doch im 4. Semester schnupperte ich ins Jazz-Rock-Pop-Studium an die Hochschule in Dresden bei Professor Till Brönner hinein. Von da an war es um mich geschehen. Seit diesem Zeitpunkt steht für mich fest, dass ich meine eigene Musik komponieren will, mit Freunden auf Tour gehen möchte und mich in Jazzclubs, auf der Bühne und in Konzerthallen wohler fühle als im Orchestergraben irgendeines Theaters."
Mit dem Bachelor in der Tasche gründete der mittlerweile 24-Jährige seine eigene Jazzcombo, das Quadrat Artett. Zu seinen drei Mitstreitern bekam er während des Studiums in Dresden Kontakt. Die Chemie zwischen den vier „großen Jungs" stimmt, sie harmonieren musikalisch, menschlich und in puncto Zukunftspläne. Alle wollen nach Lust und Laune Musik machen, sich keinen Zwängen unterordnen, sondern ihrer Berufung nachgehen.
„Keiner muss Mitleid haben"
Während Florian (23, Gitarre und Gesang), Karl (22, Bass) und Felix (24, Schlagzeug) tagsüber noch zur Musikhochschule gehen, kann sich János bereits voll und ganz dem Komponieren, Üben und Organisieren hingeben. „Ich habe völlig unterschätzt, was es heißt, selbstständig als Musiker zu arbeiten. An Haus, Familie, Hund und Lebensversicherung denke ich momentan noch gar nicht. Ich will einfach nur Musik machen. Aber dafür muss ich mich ganz schön ins Zeug legen."
Der Tagesablauf von János Adrat gleicht keinesfalls dem eines Müßiggängers, eher dem eines ernsthaften Musikmanagers. „Morgens stehen einstündige Trockenübungen bezüglich Atem- und Blastechniken auf meinem Tagesplan. Dann spiele ich bis zu zwei Stunden Trompete, danach komponiere ich, telefoniere mit Clubs, in denen wir uns Auftritte erhoffen, und am Nachmittag beziehungsweise Abend üben wir die neuen Stücke ein", erzählt er.
In der Regel treten die vier an den Wochenenden gemeinsam auf. „Kürzlich hat uns ein Konzertmanager angerufen und uns für einen Auftritt gebucht. Ich war so perplex, dass ich erst einmal überprüft habe, dass das kein Witz ist", erzählt János Adrat.
Bei ihren Fans sind die „Quadratisten" für ihren Groove-betonten einprägsamen Stil mit Ohrwurm-Charakter beliebt. Melancholisch kommen die Musiker
genauso gut rüber wie flippig-verspielt. Selbst Tanzmusik ist für János und seine Freunde kein Problem. Hier und da schimmert die klassische Grundausbildung in der Fugenlehre im Variieren der Klänge durch. Jeder Musiker glänzt mit Soli, darf improvisieren, ohne dass einer dem anderen die Schau stiehlt. Erste Auftritte haben die Jungs in und rund um Dresden absolviert. Ihre erste „Tournee" führte sie kürzlich ins Saarland. Den Neujahrsempfang der Gemeinde Riegelsberg durfte das Quadrat Artett musikalisch gestalten, und tags darauf brachten sie die Kulturkneipe „Elch" mit mehr als 60 Gästen schier zum Platzen. Dichtgedrängt standen die Fans rund um János, Karl, Felix und Florian, die bis auf wenige Ausnahmen nur Eigenkompositionen spielten.
In fünf Jahren sehen sich die Musiker auf größeren Bühnen stehen, vor jubelnden Fans und mit jeder Menge Auswahl von Auftrittsmöglichkeiten. „Wir haben alle eine solide Ausbildung, stammen aus musikalischen Familien, die unser Berufsmodell unterstützen", erklärt János Adrat. „Wir setzen große Hoffnungen auf unser Bandprojekt und blicken optimistisch in die Zukunft", so Felix Demeyere. „Die Hintertür, Musikunterricht zu geben, steht uns immer offen", meint Karl Kindermann. „Keiner muss Mitleid haben mit uns und uns mit Fragen nach finanziellen Sicherheiten verunsichern. Unsere Musik eröffnet uns ein tolles Universum. Auch ein BWL-Student kann nicht wissen, ob er immer Arbeit und festes Einkommen haben wird. Wir wünschen uns Toleranz für unsere Entscheidung, unserer Profession nachzugehen, wir haben uns bewusst für die Laufbahn des Künstlers entschieden, wir sind stolz darauf, unseren eigenen Weg zu gehen", fasst Florian Naegeli all seine Hoffnungen und Wünsche für sein Berufsleben zusammen.