Zuletzt haben sich Frauen immer wieder zu Recht beklagt, dass sie Opfer von sexistischen Übergriffen geworden sind. Deshalb müssen wir Männer hier mal ein ernstes Wort an uns selbst richten. Geben wir endlich zu, dass wir bisher nicht wirklich viel unternommen haben, um Frauen zu uns auf Augenhöhe zu bringen. Wie unbedacht sind oft unsere Äußerungen, wie übergriffig unser Verhalten gegenüber Mitbürgerinnen. Eine männliche WeToo-Kampagne ist längst überfällig.
Wenn jetzt einige Geschlechtsgenossen mit der Wehleidigkeit trocken rasierender Weicheier lautstarken Protest äußern, sollten ein paar Beispiele männlicher sexistischer Anmaßungen sie eines Besseren belehren:
Immer wieder schauen wir Männer Frauen gedankenlos und ungeniert an, als wären deren enge Blusen eigens für uns angezogen worden. Das Gegenteil ist aber der Fall. Damen, die auffallend ihre Körperlichkeit betonen, wollen damit die unübersehbare Warnung an alle Männer senden: „Vorsicht, eine Frau ist im Anmarsch. Schaut schnell weg, bevor euch eure Triebe übermannen!" Kerle, die diesen ehrenhaften Hinweis als kalkuliertes Angebot missverstehen und körperlich darauf reagieren, brauchen sich nicht zu wundern, dass sie unter Sexismusverdacht geraten. Schließlich brezeln sich Frauen ausschließlich zur eigenen Erbauung oder für ihre Geschlechtsgenossinnen auf. Sie tragen ihre handbreiten Röcke und ihre vielleicht ausladenden, aber niemals einladenden Dekolletés nur, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken und andere Frauen zur Nachahmung zu ermutigen. Mit sexistischer Provokation von Männern hat das rein gar nichts zu tun.
Oder, liebe Mit-Männer: Haben wir nicht öfter schon mal einer Frau beim Betreten einer Räumlichkeit die Tür aufgehalten? Das geht ja gar nicht. So was ist in höchstem Maße diskriminierend, weil damit böswillig unterstellt wird, eine Frau sei zu schwach, um ohne männliche Hilfe einen Raum zu betreten. Ohnehin wissen wir als Mann natürlich, dass die Türaufhalte-Geste nur so viel bedeutet wie: „Den Zugang zu meinem Schlafgemach halte ich Ihnen jederzeit offen."
Noch offensichtlicher ist unser maskuliner Sexismus, wenn wir einer Frau beim Mantelausziehen behilflich sind: Diese an Anzüglichkeit kaum zu überbietende Entkleide-Symbolik kann auch nicht dadurch ausgebügelt werden, dass man der Betreffenden später scheinheilig wieder in den Paletot hilft! In der Zeitung war jetzt zu lesen, dass schon ein gedankenlos gehauchtes: „Sie sehen heute gut aus" ganz klar verletzende Anmache ist. Zudem weist das „heute" in abstoßender Art darauf hin, dass weibliche Schönheit nicht von Dauer ist. Und wenn wir Männer triebgesteuert sagen: „Ein schönes Kleid haben Sie da an", meinen wir doch in Wirklichkeit: „Am liebsten würde ich Ihnen den Fummel sofort vom Leib reißen." Schämen wir uns!
Liebe Männer, unser Sexismus zeigt sich auch darin, dass wir gelegentlich den „Playboy" lesen. Wenn wir dort nach der genussvollen Lektüre intellektueller Texte zufällig auf die Fotostrecke mit unbekleideten Schauspielerinnen stoßen: Haben wir da jemals an das schlimme Schicksal der dort entblößt abgebildeten Geschöpfe wie Sophia Thomalla, Katharina Witt oder Kim Basinger gedacht? Und haben wir jemals Mitleid mit Pamela Anderson gezeigt, die –
mit Sicherheit von einem Mann – inzwischen schon 14 Mal zu solch entwürdigendem Posieren gezwungen wurde?
Zur Ehrenrettung von uns Männern muss allerdings gesagt werden, dass die meisten von uns im „Playboy" eigentlich viel lieber Tim Mälzer, Heino Ferch oder Didi Hallervorden als Nackedei sähen. Aber erwartungsgemäß können attraktive Kerle sich wohl besser gegen solche sexistische Ausbeutung wehren! Oder sie verdienen einfach mit ihrem normalen Beruf schon Geld genug!?
Auf jeden Fall sind wir Männer im Umgang mit Frauen derzeit etwas verunsichert. Noch sind die meisten von uns nicht so weit, sich stattdessen mehr dem gleichen Geschlecht zuzuwenden. Aber welche Alternativen bleiben uns da überhaupt noch?