Highspeed-Netze sind in Deutschland Mangelware. Das Saarland könnte hier Vorreiter für ganz Deutschland sein. Glasfaserverbindungen werden zu einem wichtigen Standortfaktor, zeigen drei Beispiele mittelständischer Unternehmen.
Glasfaser für alle! So lautet das Fernziel, das sich Deutschland in seiner Digitalisierungsstrategie gesteckt hat. Doch in schöner Regelmäßigkeit schiebt die jeweilige Bundesregierung seit Jahren dieses Ziel immer weiter nach hinten. Als eines der führenden Industrieländer dümpelt das Land beim Glasfaserausbau im Vergleich zu anderen Ländern bestenfalls im unteren Mittelfeld. Spitzenreiter im Ausbau ist Schweden, 55 Prozent der Haushalte sind dort am schnellen Internet bereits angeschlossen. In Frankreich sind es acht Prozent, in Deutschland gerade mal zwei. Zu schwerfällig und langsam im Genehmigungsverfahren, zu wenig Bau- und Planungsressourcen, zu viele Zuständigkeiten auf verschiedene Ministerien verteilt. Ein undurchschaubarer Dschungel an Fördermöglichkeiten, so erklären die Kritiker, warum der Ausbau so schleppend vorangeht. Selbst das Fernziel 2025 erscheint nicht nur sportlich, sondern vielmehr praxisfern. Die neue Groko betont zwar einhellig, wie wichtig der Glasfaserausbau für Wirtschaft und Gesellschaft sei, aber für ein eigenes Ministerium hat es wieder nicht gereicht. Dabei ist das Ganze ein Milliardengeschäft. Rund 100 Milliarden Euro würde allein der flächendeckende Ausbau mit Glasfaser Berechnungen von Fachleuten zufolge in Deutschland kosten.
Das Saarland hat in puncto Digitalisierung einen eigenen Weg beschritten und sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Der Zweckverband eGo-Saar forciert massiv den Breitbandausbau als Koordinierungsstelle und will bis Ende 2018 ein flächendeckendes Glasfasernetz im Saarland mit einer Netzgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit in der Sekunde ausbauen. Dafür ziehen die Landkreise und alle Kommunen an einem Strang, freut sich Projektleiter Thomas Haböck von eGo-Saar. Und das Saarland könnte tatsächlich das erste Bundesland sein, dem das gelingen könnte, wohlwissend, dass flächendeckende 50 Mbit/s auch nur ein Etappenziel auf dem langen Weg in die Gigabit-Gesellschaft sein wird. Smarte Anwendungen in Haushalten und Wirtschaft, autonomes Fahren oder Industrie 4.0 beispielsweise verlangen vielfach höhere Bandbreiten und superschnelles Internet. Das heißt auch: Digitale Zukunftsthemen entscheiden über die Wettbewerbsfähigkeit von Standorten.
Für Geschäftsführer Wolfgang Herges vom gleichnamigen Stahl- und Blechbauunternehmen in St. Ingbert ist das schnelle Internet ein absolutes Muss. Das fast 80 Jahre alte Familienunternehmen in dritter Generation mit rund 60 Mitarbeitern wurde im Zuge des NGA-Netzausbaus (Next Generation Access) vom Telekommunikationsdienstleister Inexio aus Saarlouis direkt ans Glasfasernetz angeschlossen. eGo-Saar hatte im Mai letzten Jahres in einem öffentlichen Vergabeverfahren den drei Bietern Deutsche Telekom, Inexio und VSE NET den Zuschlag erteilt, in den nicht marktgetriebenen Ausbaugebieten für schnelles Internet zu investieren. „Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Die Anwendungen ändern sich rasant und die zu übertragenden Datenvolumina nehmen zu. Unsere Kunden schicken uns ihre Zeichnungen in hoher Auflösung elektronisch. Außerdem führen wir zum Beispiel Preisverhandlungen immer öfter per Internet- oder Videokonferenz", erklärt Wolfgang Herges. Schnelles Internet sei für ihn als mittelständisches Unternehmen daher ein absolutes Muss. Herges ist Zulieferer für Anlagenbau und fertigt in der Regel individuelle Sonderlösungen für die Kunden vorwiegend im deutschsprachigen Raum.
Ähnlich sieht es bei „Efteka" in Püttlingen aus. Das Unternehmen mit seinen rund 30 Mitarbeitern ist Spezialist für Komponenten im Landmaschinenbau und liefert textile Schutzeinrichtungen für Grünfutter- Erntemaschinen an Hersteller von Landmaschinen. „Für die Just-in-Sequence-Produktion benötigen wir detaillierte Planungen aus den Dispoabteilungen der Hersteller", sagt Geschäftsführer Markus Behles. Erste Grob- und Bedarfsplanungen treffen bereits rund ein Jahr im Voraus ein, die Woche für Woche detaillierter werden. 3D-Zeichnungen mit hoher Auflösung werden zwischen „Efteka" und den Konstruktionsabteilungen der Kunden ausgetauscht. „Schnelle, stabile und sichere Datenverbindungen mit hoher Bandbreite sind für uns überlebenswichtig", so Behles weiter. Alle bisherigen Datennetzverbindungen hätten sich als wenig zukunftsorientiert erwiesen und so meldete „Efteka" bei eGo-Saar dringenden Breitbandbedarf an. Bereits Ende 2017 wurde „Efteka" direkt an das Glasfasernetz der VSE NET angeschlossen. Die Glasfaseranbindung sei ein Baustein für die digitale Zukunft und sichere den Standort Saarland, betont der Geschäftsführer.
Zuschüsse für Unternehmen
Das Medienunternehmen Regio-Journal.info aus Friedrichsthal wartet noch sehnsüchtig auf schnelles Internet. Im Zuge des NGA-Breitbandausbaus hat das kleine Unternehmen seit Anfang Februar dieses Jahres einen VDSL 100 Mbit-Anschluss der Deutschen Telekom. Für die moderne Kommunikation sei das unerlässlich, so Geschäftsführer Tobias Altherr, der sich selbst als Digital Nativ bezeichnet. „Für die Produktion des Stadtmagazins arbeiten wir mit Druckereien zusammen, arbeiten zu 80 Prozent im Internet, sichern unsere Daten im Rechenzentrum in Frankfurt und können nun von zu Hause per VPN-Nutzung oder von unterwegs bequem und bei konstanter Geschwindigkeit arbeiten ohne lange Wartezeiten zum Beispiel beim Hochladen von Dateien."
Doch nicht nur der Klein- und Mittelstand benötigt schnelle Datenleitungen. Auch die Kommunen müssen sich sputen, sollten die elektronischen Behördengänge Realität werden. So nutzt die Stadt Völklingen samt Rathaus und Außenstellen das City-Netz, eine Glasfaser-Ringverbindung, für ihre Datenübertragung und für ihre Telefonie. „Telefonie ist und bleibt ein wichtiges Kommunikationsmedium für eine moderne Stadtverwaltung", erläutert Dr. Martin Alt, Leiter des Fachdienstes ITP bei der Stadt Völklingen. „Die Open Scape Lösung, die wir mit dem Systemhaus für Kommunikationstechnik NTA Saar 2017 umgesetzt haben, ermöglicht einfache künftige Software-Updates, ist ausbaufähig und vor allem ausfallsicher." Außerdem kündigte sich schon vor ein paar Jahren das Ende des ISDN-Zeitalters mit klassischer Telekommunikation an. Die Zukunft heißt IP und Voice-over-IP.
Der NGA-Netzausbau umfasst Teilgebiete in rund 200 Ortschaften des Saarlandes mit 50.000 Gebäuden und 75.000 Haushalten inklusive Gewerbebetriebe. Das entspricht 16 Prozent des gesamten Saarlandes. VSE NET baut vorrangig im Regionalverband aus, Inexio in den Regionen Neunkirchen und St. Wendel und die Deutsche Telekom in den Regionen Merzig-Wadern, Saarlouis und Saarpfalz-Kreis. Die übrigen 84 Prozent des Landes werden marktgetrieben mit Glasfaser versorgt, bei 77 Prozent ist die Versorgung bereits sichergestellt, bei sieben Prozent haben sich die Telekommunikationsnetzbetreiber aus Eigeninitiative verpflichtet, den Breitbandausbau in den nächsten zwei Jahren voranzutreiben. Insgesamt werden 400 Kilometer Glasfaser, davon 300 Kilometer neue Strecken, sowie 700 neue Glasfaserzugangsknoten erstellt. Das Netz wird so dimensioniert, dass FTTH-Anschlüsse (Fiber to the Home, deutsch: Glasfaser direkt ins Haus) jederzeit möglich sind. Außerdem steht das Netz auch Dritten zur Verfügung über die sogenannte Open-Access-Zugangsverpflichtung. Im Saarland bauen zudem Vodafone-Kabel-Deutschland und Intersaar aus.
Im Rahmen der Landesförderung gibt es übrigens Baukostenzuschüsse bis zu 25 Prozent des Breitbandanschlusses für Unternehmen und Hochbedarfsträger bis Ende 2018. Erstmalig können mit dieser Gigabit-Prämie Saarland von der Staatskanzlei Endkunden gefördert werden. Das sei beihilferechtlich von der EU geprüft worden, sagt Thomas Haböck von eGo-Saar.