Streit gibt es in den besten Familien und Beziehungen. Stimmt. Und Streit ist auch nichts grundsätzlich Verwerfliches. Die Frage ist, ob es um Dinge geht, über die sich zu streiten lohnt, und wie man damit umgeht. Koalitionen sind nun mal, wir erinnern uns, keine Liebeshochzeiten. Und im Gegensatz zu Ehen auch nicht eigentlich auf Dauer angelegt. Meinungsverschiedenheiten bei großen Themen kann man gerne als das Ringen um den möglichst besten Weg verstehen. Soweit man sich über das grundsätzliche Ziel einig ist, ist das nicht nur in Ordnung, sondern sogar notwendig.
Polizeireform, Krankenhausplanung, Kommunalfinanzen sind durchaus dazu angetan, sich auch in einer Koalition strittig auseinanderzusetzen und die eigene Meinung auch öffentlich zur Diskussion zu stellen. Wenn es aber mehr um die Deutungshoheit als um den Inhalt geht, erinnert das an Familienstreit darum, wer den Müll wegbringen muss.
Begonnen hat das eigentlich schon vor einem Jahr als Folge der Landtagswahl. Die SPD mit ihren Erfahrungen als Juniorpartner in einer Großen Koalition hat von Anfang an auf eigene Erkennbarkeit in der großen Zeit-Ehe gepocht. Jetzt ist die CDU noch dabei, sich nach den zumindest vom Zeitpunkt und vom Umfang überraschenden Wechseln an der Spitze neu zu sortieren. Die Vorgänge beim LSVS hinterlassen zudem ihre Spuren.
Der geneigte Student der Soziologie findet im derzeitigen Zustand der Saar-Koalition eine Bestätigung für die klassische Gruppensoziologie. Gruppendynamisch kommt nach der Kennenlern- die Machtkampfphase. Die Koalition hat Letzteres erreicht. Nicht zwingend zum Vergnügen des Publikums, das Lösungen dem offen ausgetragenen Streit vorzieht. Was im Übrigen keine neue Erkenntnis ist. Die Theorie besagt, dass nach der Machtkampfphase eine Gruppe entweder auseinanderbricht oder geschlossen an der Umsetzung gemeinsamer Ziele arbeitet. Gruppendynamisch mag das interessant und für die eigene Parteiklientel vielleicht sogar spannend sein. Dummerweise bevorzugt der gemeine Bürger auch in seiner Eigenschaft als Wähler Antworten auf seine Sorgen. Das streitvolle Schauspiel hilft ihm da wenig weiter.