„Best Boy" im Film und Bad Boy in der Öffentlichkeit: Kiefer Sutherland, der älteste Sohn der Hollywood-Ikone Donald Sutherland, ist im Haifischbecken der Traumfabrik selbst zur Legende als kantiger Rebell und rühriger Familienmensch mit Herz und Hingabe avanciert.
Ein schrecklich netter Antiheld und kompromissloser Querkopf mit erstklassigen schauspielerischen Qualitäten. Aber: Höflichkeit und Manieren im menschlichen Miteinander nach den Regeln eines Adolph Freiherr Knigge sind ihm so fern wie Diego Maradonas Abstinenz zum kolumbianischen Kokain. Er ist nicht so smart, unikat und rebellisch wie die Jahrhundertlegende James Dean, dafür überzeugt er als stets opponierendes Original, wie einst sein Vater Donald („Goofy") Sutherland.
Kiefer William Frederick Dempsey George Rufus Sutherland wird am 21. Dezember 1966 in London als Sohn des Filmschauspielers Donald Sutherland und der Bühnendarstellerin Shirley Douglas geboren. Er ist nicht weniger der Enkel des ehemaligen Premiers der New Democratic Party in der kanadischen Provinz Saskatchewaan, Tommy C. Douglas. Klein Kiefer wächst mit seiner Zwillingsschwester Rachel in einer politisierten Familie auf. Der Bub wird nach dem Regisseur des ersten Films seines Vaters – Warren Kiefer – getauft und lebt anfangs im kalifornischen Corona. Drei Jahre nach dem Ehe-Aus seiner Eltern (1972) emigriert er mit seiner Mutter nach Toronto. Die engagierte Mama sympathisiert mit der Bürgerrechtsbewegung Black Panthers und landet prompt während der berüchtigten McCarthy-Ära auf der Schwarzen Liste der nicht mehr zu beschäftigenden Bürgerinnen. Papa Donald demonstriert derweil vehement gegen die Gräuel des Vietnamkrieges. Seine ersten Erfahrungen auf den Brettern, die später seine Welt bedeuten, sammelt Kiefer im zarten Alter von neun Lenzen in einer Theaterproduktion von Hal Liebermans „Throne of Straw" in Los Angeles. Im kanadischen Toronto spielt er zwar aktiv im Schultheater mit, fliegt aber wegen seiner ungebührlichen Eskapaden fünfmal von der Highschool.
Mit 18 widmete er sich für ein gutes Jahr den wundersamen Effekten und Effizienzen diverser halluzinogener Stoffe auf dem Drogenmarkt. Anscheinend ein kreativer Kick und Katalysator, der fortan sein unstetes Dasein bestimmt. Denn zusammen mit seiner „Pretty Woman" Julia Roberts sitzt er 1991 sonnenbrillenbewehrt bekifft in der Pressekonferenz zu „Flatliners" auf dem US-amerikanischen Filmfestival in Deauville und stellt sich lächelnd gewieft den bohrenden Fragen der Journalistinnen und Klatschreporter.
Der unkonventionelle Romeo hatte seine Julia ein Jahr zuvor am Set zum furiosen und morbiden Kultdramenthriller kennen- und lieben gelernt. Drei Tage jedoch vor dem segensreichen und allseits erwarteten Ja-Wort cancelt Julia die avisierte Hochzeit auf drastische Weise: Sie büchst mit Jason Patric, Kiefers Filmfreund aus „Lost Boys" (1987) nach Europa aus.
Dabei hatte der aufstrebende Jungstar mit dem zuckersüßen Lächeln und der Bad Boy aus den düsteren Alptraumfilmen von 1989 bis 1991 unsterblich verliebt in die Kameras auf den weltweiten roten Teppichen gestiert. Anscheinend ein schweres Trauma für ihn, denn 2004 muss er 50 Sozialstunden ableisten, weil er betrunken am Steuer erwischt wird, 2007 ein zweites Mal. Nach dem Begleichen des satten Strafzettels von 25.000 US-Dollar darf er wieder die unbequeme Gefängniszelle verlassen.
Heute resümiert er verständlich und verklärt sein damaliges Gebaren: „Ich war eingebildet und sexbesessen. Keine schöne Frau war vor mir sicher. Ich denke, Julia war berühmter und auch realistischer. Das waren zwei völlig verschiedene Welten. Die geplante Heirat wurde zu etwas Gigantischem in der Öffentlichkeit aufgebauscht. Dem war ich nicht gewachsen. Es braucht viel Mut, in einer solchen Situation unter dem enormen Druck der Medien eine Beziehung auf diese Weise zu beenden."
Kiefer Sutherland und die Frauen, so unstetig und unwegsam wie seine eigene Vita: Der kanadische Schauspieler war zweimal verheiratet.
Späte Versöhnung mit seinem Vater
Aus der Ehe mit der Schauspielerin Carmelia Kath (1987 bis 1990) stammt ihre gemeinsame Tochter Sarah Jude Sutherland. Seine zweite Ehe mit Kelly Winn hält von 1996 bis 2004. Neben der leiblichen Tochter Sarah Jude (geboren 1988) hat er mit Camelia Kath die Stieftochter Michelle Kath-Sinclair (geboren 1975) und zwei Stiefsöhne namens Timothy (geboren 1993) und Julian (geboren 1990). Sie sind sein ein und alles: „Meine Töchter sind vom Alter her über den Berg. Ich bin stolz auf meine zwei Enkel. Jeder, der Kinder hat, will für sie nur das Beste. Die große Frustration und der Schmerz kommen, wenn wir erkennen, dass wir es nicht geschafft haben", gestand Kiefer Sutherland im Interview mit der britischen Gazette „The Independent".
Diese Erkenntnis führte möglicherweise zur verspäteten Versöhnung mit seinem berühmten Daddy. Die beiden Männer kamen sich erst in Kiefer Sutherlands späteren Erwachsenenphase näher, und der ewig an einem unantastbaren Idol in der US-amerikanischen Starwalhalla gemessene Nachkomme reagiert keineswegs verbittert: „Ich habe viel Glück mit meiner Familie gehabt. Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen und habe eine sehr enge Beziehung zu meinem Vater", bestätigte er immer wieder gerne in Interviews. Den habe er nie als berufliche Konkurrenz gesehen.
„Bis zu meinem 18. Geburtstag hatte ich keine Ahnung, dass mein Vater überhaupt einer der größten Stars in Hollywood war. Er spielt in einer ganz anderen Liga, die ich nie erreichen konnte und auch nicht wollte", fügt Kiefer Sutherland bescheiden hinzu.