Nach der Fannypack haben die Designer mit dem Brustbeutel einer weiteren Taschenform mit vormals wenig Glamour-Potenzial zu Laufsteg-Ehren verholfen. Wer sich mit beiden nicht anfreunden kann, auf den warten neue Crossbody-Taschen als Alternative.
Dass sich die Bum Bag, Fannypack, Bauch- oder Gürteltasche, die neuerdings meist nur noch ganz cool als Hip-Bag bezeichnet wird, mal als Fashion-Liebling durchsetzen könnte, hätte vor einigen Jahren wohl niemand für möglich gehalten. Viel zu weit schien der Weg für das Relikt der 1990er-Jahre vom praktischen Trekking-Utensil zum Laufsteg-Must-have. Und doch hat beispielsweise das Magazin „InStyle" die Gürteltasche zur Bag des Jahres 2018 gekürt.
Was Moschino im Herbst/Winter 2012/13 als Versuchsballon lanciert hatte, hat sich inzwischen längst zu einem auch von Streetstyle-Stars hoch geschätzten Trend entwickelt, der diesen Sommer durch verschiedenste Modelle wie die sportlichen Nylon-Varianten von Prada und Fenty by Puma, die schutzschildähnliche Innovation von Rochas oder durch die hochwertigen Leder-Umsetzungen von Salvatore Ferragamo und Gucci fraglos weiter befeuert wird. Auch wenn die Taschen in der Regel ihrem Namen gemäß an einem Gürtel rund um den Bund getragen werden, spricht nichts dagegen, sie auch ganz entspannt crossbody umzuschnallen. Dadurch verwandeln sie sich spielend leicht in Umhängetaschen, die sich für etwas weniger wagemutige Hip-Bag-Einsteiger optisch etwas entschärfen lassen.
Gleiches gilt für die neue Generation von Brustbeuteln. Denn auch die wecken über Kreuz über dem Körper getragen nicht so leicht Erinnerungen an frühe Kinderzeiten, als in den schlichten und schmucklosen Behältnissen auf Wunsch der Eltern meist nur das nötige Kleingeld für etwaiges Telefonieren und die Schülerfahrkarte an Schlaufen um den Hals sicher vor möglichem Diebstahl mitgeführt wurde. Raf Simons hatte im Sommer 2102 in seiner damaligen Funktion als Chefdesigner der Herrenkollektion von Jil Sander als erster Designer versucht, das auch bei Rentnern und Abenteuer-Urlaubern beliebte Accessoire catwalktauglich zu machen. Und zwar mit einem luxuriösen Modell aus Pythonleder.
Doch letztlich sollte es noch fünf Jahre dauern, ehe dank des Einstiegs von Labeln wie Valentino, Hermès oder Givenchy Brustbeutel zu einem hippen Trend in der Damenmode aufsteigen konnten. Viel Stauraum können die Micro-Bags natürlich immer noch nicht bieten. Auch den klassischen Billig-Klettverschluss gibt es natürlich nicht mehr. Dafür zeichnen sich bei den Nobelmarken die verwendeten Materialien durch höchste Qualität aus. Wir haben schon mal einen Ausblick auf den kommenden Herbst geworfen und dabei bei Giambattista Valli einen Brustbeutel aus Krokoleder entdeckt, bei Jacquemus verschiedenste Versionen von kreisrund bis strahlend gelb sowie bei Giorgio Armani und Marc Jacobs jeweils Varianten mit Ketten statt Lederbändern, wodurch die Taschen fast wie eine Halskette mit überdimensionalem Anhänger wirken.
Ein Einsatz der Hände zum Tragen der Tasche ist weder beim Fannypack noch bei der Beuteltasche vonnöten. Daher ist es etwas verwunderlich, dass genau dieser Aspekt derzeit als größter Pluspunkt der Crossbody-Bags, zu Deutsch einfach Umhängetaschen genannt, immer wieder angeführt wird. Denn ein gegebenenfalls erforderliches Multitasking machen alle diese drei derzeit besonders angesagten Taschenformen problemlos möglich. Was die Größe betrifft, so sind die besonders kleinen, geradezu winzigen Täschchen diese Saison die Favoriten von Designern wie Streetstyle-Ladys gleichermaßen. Von daher gibt es eine enge Verwandtschaft zu den trendigen Brustbeuteln, die sich ganz einfach durch diagonales Umgängen der Schulterriemen in Crossbody-Bags verwandeln lassen. Viel mehr als Lippenstift, Parfüm, Schlüssel, Kreditkarte und Smartphone passen in die neuen Umhängetaschen kaum hinein.
Micro-Bags einfach umhängen
Was Tragekomfort und perfekten Sitz betrifft, so haben die Damen die Qual der Wahl zwischen Brust-, Taillen- oder Hüfthöhe, je nach Länge des Tragegurtes. So ganz einfach ist die Entscheidung dabei allerdings nicht, denn der gesamte Look kann schnell ziemlich massig-voluminös werden, wenn die Umhängetasche an der falschen Stelle sitzt. „Die wahre Krux bei der Sache ist nicht das Material, sondern die ideale Länge des Tragegurtes. Die Tasche soll ja nicht am Oberschenkel kleben oder, noch schlimmer, kurz unter den Schulterblättern. Da zahlt es sich optisch aus, ein bisschen herumzuprobieren", schrieb die „Welt" in einer Stilkolumne.
Was die begehrtesten Umhängetaschen der Saison betrifft, so macht es sich Demna Gvasalia für Balenciaga am einfachsten. Weil er einfach eine klassische (Nylon-)Gürteltasche mit reichlich Logo-Print zur neuen Crossbody-Bag macht. Clare Waight Keller hat in ihrer Debütkollektion für Givenchy eine Micro-Bag eingeführt, die sowohl als Gürteltasche (auf dem Laufsteg über einem Mantel getragen) als auch dank langer Metallkette als Crossbody-Bag genutzt werden kann. Die wohl schönste Umhängetasche des Sommers kommt aus dem Hause Creatures of the Wind – mit einem schmalen, glatt-schwarzen Ledertäschchen samt dekorativ-kreisförmigem Henkel.
Vornehm, aber eher konventionell sind die Taschen von Max Mara, Giorgio Armani, Tibi, Jeremy Scott oder Valentino, der aber auch noch eine Glitterversion in seinem Sortiment führt. Bohemian-like hat Tory Burch ihre neuen Umhängetaschen gestaltet. Die Crossbody-Bags von Prada („Cahier") oder Gucci („Padlock GG"), die das Magazin „Die Bunte" unter die It-Bags des Jahres 2018 aufgenommen hat, fallen allerdings wegen ihrer (leichten Über-)Größe etwas aus dem Rahmen.