Range Rover ist die Spitzenserie der Firma Jaguar Land Rover. Seit Jahrzehnten bietet die britische Automarke große Geländewagen an, denen es an Komfort und Luxus nicht mangelt. Diese Serie hat mit dem Range Rover Velar jüngst Zuwachs bekommen. Wir haben den Range Rover Velar HSE D240 getestet – aus der Sicht des Beifahrers.
Bevor ich den Range Rover Velar in natura sah, fragte ich mich, was das soll. Wir haben den Range Rover bereits in seiner langen Version getestet und waren schwer begeistert. Jetzt bringen die einen neuen – kleineren – Range Rover auf den Markt. Kann das gutgehen?
Um es vorweg zu nehmen: Es kann! Und das Ergebnis begeistert uns ebenso wie die Langversion des Range Rovers. Der Velar ist ein ganz anderer Typ Auto als seine großen Brüder. Unverkennbar ist er ein Range Rover, also ein Modell der Luxusklasse der Geländewagen, aber dennoch ist er „anders". Er ist zurückhaltender in seinem Auftritt. Der Wagen ist optisch sehr lang, aber das abgeschrägte Heck nimmt ihm die Wucht des Auftritts. Es gibt inzwischen viele SUV der Luxusklasse, die ein schräges, fast coupéhaftes Heck vorweisen. Sie sind vielfach interessant gestaltet, teilweise revolutionär.
Ein waschechter Geländewagen
Beides kann man vom Velar nicht behaupten. Revolutionär ist sein Äußeres nicht. Interessant wäre deutlich untertrieben, denn der Auftritt des Velar ist edel, aristokratisch, dezent. Man sieht ihm den Geländewagen nicht an. Der Gedanke an Geländewagen ist oft mit wuchtigen Fahrzeugen und einem forschen Auftritt verbunden – nicht so der Velar. Allein durch die Bauform ist seine Front hochgezogen. Seine Ausmaße machen sie zusätzlich breit. Beides fällt bei der Betrachtung des Autos von vorn nicht auf. Der Anblick ist imposant, aber nicht wuchtig. Den Designern ist es gelungen, einen zurückhaltenden Gentleman zu gestalten.
Am Heck laufen die Linien so zusammen, dass der Range Rover Velar einen runden hübschen Po bekommt. Die Dachlinie fällt leicht ab. Der Boden verläuft leicht nach oben, und die Seiten runden das Heck endgültig ab. Das Ergebnis ist ein harmonisches Heck, das dem Velar auch von hinten ein dezentes Understatement verleiht.
Als wir während unserer Testfahrt nach dem Weg zum Strand fragen, gibt ein Passant uns den Hinweis, dass wir unbedingt „Gas geben" sollen, gerne auch in niedrigen Gängen, damit wir nicht im weichen Sand steckenbleiben. Das ist nett gemeint, aber vollkommen überflüssig. Wir fahren ganz gemächlich über den Strand, auch durch Ebenen mit weichem Sand. Wir können flanieren – sogar im Gelände – ohne steckenzubleiben. Wir haben eben einen echten Geländewagen und kein SUV, wie der gute Mann vermutete.
Der Ein- und Ausstieg ist ganz bequem möglich. Platz ist auf allen vier Sitzen für Erwachsene. Die Vordersitze bieten mehr Raum und Beinfreiheit, aber auch auf den Rücksitzen lässt es sich gut reisen.
Unser Testwagen ist weiß, aber er hat ein schwarz lackiertes Dach, was trotz der heißen Temperaturen, die wir hier im Norden dieses Jahr haben, kein Problem für die Klimaanlage ist. Hier kann jeder sein eigenes Wohlfühlklima einstellen. Eine Sitzheizung oder -kühlung sorgt für angenehme Temperaturen direkt am Körper. So seltsam es klingen mag: Ich habe beides genossen. Abwechselnd ließ ich mich über die Sitzfläche und die Rückenlehne meines Sessels kühlen oder wärmen. Beides war ein Genuss in Kombination mit der Klimaanlage.
Sie haben richtig gelesen: Die Sitze im Range Rover Velar sind keine Autositze im herkömmlichen Sinne, sie sind eher Sessel, die mit blaugrauem Leder bespannt sind. Die Ränder sind durch schwarzes Leder flankiert, und vielfältige Steppnähte machen aus den Sesseln echte Hingucker. Das allein ist natürlich für einen Autositz nicht maßgeblich. Wir haben so viele Einstellmöglichkeiten, dass die Vordersitze eher einem Relax-Sessel gleichen. Neben einer in der Länge einstellbaren Oberschenkelauflage können wir die Rückenlehne mit Wirbelsäulenunterstützung vielfach einstellen und haben zusätzlich die Wahl zwischen etlichen Massagefunktionen. Beginnend bei der Lendenwirbelsäule, bis hin zu den Schultern. Es ist einfach herrlich!
Zwischen den Sitzen haben wir zwei Armlehnen, unter denen ein Ablagefach ist. Sind die Armlehnen nach hinten geschoben, geben sie den Blick auf zwei Becherhalter frei. Schicker ist es jedoch, wenn diese unsichtbar bleiben. Das ebenfalls mit Leder bezogene Armaturenbrett ist deutlich schräg geneigt und geht im gleichen Winkel in die Konsole über. Hier liegen zwei große, gut lesbare Monitore übereinander, die beide berührungsempfindlich sind. Der obere Monitor ist für die Navigation, Radio und ähnliches da, während der untere einzelne Funktionen des Autos – unter anderem die Sitzheizung beziehungsweise -kühlung, steuert. Das Multifunktionslenkrad ist mit Leder überzogen und hat einen Ring aus Chrom, der dem Lenkrad einen eleganten Anstrich verleiht.
Ablageflächen finden sich reichlich im vorderen Bereich, sowie eine Zwölf-Volt-Steckdose für USB-Ladekabel. Die Bedienknöpfe sind knapp gehalten und lassen sich intuitiv nutzen. Besondere Erwähnung sollten zwei weitere Merkmale des Innenraums finden. Die Lautsprecher verbergen sich hinter grob gebürsteten Aluminiumverkleidungen, was richtig schick aussieht und der Musikanlage den Klang eines Konzertsaales verleiht.
Perfekte Schalldämmung
Hinter der Mittelarmlehne der hinteren Sitze verbergen sich zwei weitere Zwölf-Volt-Steckdosen, sodass der Nachwuchs sich darüber schon mal nicht streiten kann, wessen Handy denn nun zuerst neuen Strom bekommen soll. Die Rückbank bietet drei Personen Platz, wobei erkennbar ist, dass die optimale Lösung eine Besetzung zu zweit sein dürfte. Für ein angenehmes Raumklima sorgt ein Panorama-Glasschiebedach, das mit einem elektrisch bedienbaren Rollo zu verdunkeln ist. Der Kofferraum ist riesengroß. Hier passt das Gepäck einer vierköpfigen Familie leicht hinein.
Dass der Velar fährt, merken wir kaum. Und dass wir einen Diesel fahren, hören wir nur, wenn wir bei laufendem Motor neben dem Wagen stehen und ganz genau hinhören, denn im Innenraum sind kaum noch Geräusche wahrzunehmen. Der Velar scheint auch nicht über den Untergrund zu rollen, sondern zu gleiten, dank seiner Luftfederung. Wenn es ans Überholen geht, bietet er angenehme Reserven, sodass nie der Eindruck aufkommt, ein Überholmanöver könnte knapp verlaufen.
Wenn sich der Velar in die Kurven legt, ist im Inneren davon kaum etwas zu spüren. Die Konstrukteure haben wirklich ganze Arbeit geleistet, denn unsere Sitzposition ist selbst in schnelleren Kurven angenehm und bequem. Für den Fall, dass mehrere Fahrer oder Beifahrer den Wagen nutzen, gibt es in den Türen Tasten, mit deren Hilfe Sitzpositionen speicherbar sind. Wer also einfach nur mal Knöpfe ausprobieren will, kann also wie ich ziemlich schnell in einer – zuvor gespeicherten – ganz anderen Position landen.
Bedauerlich ist, dass auch dieser Range Rover für den Durchschnittskäufer vermutlich zu teuer sein dürfte, denn sein Grundpreis beginnt bei 55.000 Euro. Dennoch ist der Wagen interessant. Vielleicht als Leasingauto, als Firmenwagen. Der Range Rover Velar ist auf jeden Fall ein Auto, in dem es sich komfortabel reisen lässt. Besuche mit dem Auto am Strand dürften besonders für Wassersportler interessant sein.