Die erste große Herausforderung nach dem Brexit-Votum war, festzulegen, worüber und mit welchem Ziel verhandelt wird. Dass bis heute kaum etwas klar ist, zeigt die Größe der Probleme eines historischen Prozesses, mit dem eigentlich keiner wirklich gerechnet hatte.
Die Zeitachse
1973: Großbritannien tritt der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Vorläufer der EU) bei.
1975: In einer Volksabstimmung bestätigten 64 Prozent der Briten den Beitritt.
23. Juni 2016: 51,89 Prozent stimmen für denAustritt des Vereinigten Königreichs.
29. März 2017: Premierministerin Theresa May leitet durch schriftliche Mitteilung an die EU offiziell den Austrittsprozess nach Artikel 50 der Verträge über die Europäische Union ein, der auf zwei Jahre angelegt. Offiziell ist damit das Vereinigte Königsreich ab dem 29. März 2019, 23 Uhr (MEZ), kein EU-Mitglied mehr.
19. Juni 2017: EU und Großbritannien vereinbaren ersten Themen- und Zeitplan. Demnach sollen zunächst die Zahlungsverpflichtungen Großbritanniens (bisher Nettozahler in der EU), die künftigen Rechte der Briten in der EU und der EU-Bürger in Großbritannien sowie die Grenzfrage Nordirlands geklärt werden.
19. März 2018: EU-Kommission und britische Regierung einigen sich auf eine Übergangszeit bis Ende 2020. Großbritannien wollte ursprünglich zwei Jahre Übergangszeit (bis 2021). In dieser Zeit soll sich Großbritannien an die bisherigen Verpflichtungen halten (Zahlungen, EU-Recht), gleichzeitig so lange Teil der Zollunion bleiben und freien Zugang zum EU-Binnenmarkt behalten.
Die strittigen Fragen
Harter oder weicher Brexit?
Ein harter Brexit bedeutet einen kompletten Bruch. Großbritannien wäre ein „Drittstaat", mit dem die EU eine Außengrenze samt Grenzkontrollen hätte. Sämtliche Beziehungen (von Freihandels- und Zollabkommen bis Arbeitserlaubnis) müssten neu ausgehandelt werden.
Die EU hat rund 750 internationale Abkommen geschlossen, etwa ein Drittel sind Handelsabkommen. Innerhalb der EU sind die Beziehungen in rund 20.000 Gesetzen geregelt.
Ein weicher Brexit könnte auf ähnliche Beziehungen wie zwischen der EU und Norwegen hinauslaufen. Norwegen ist kein Mitgliedsstaat, hat aber Zugang zum Binnenmarkt, die entsprechenden Regelungen und Gesetze sowie Zahlungsverpflichtungen übernommen.
Die Irlandfrage:
Bei einem harten Brexit würde die EU-Außengrenze Irland und Nordirland wieder trennen. Irland bliebe weiter EU-Mitglied, Nordirland als Teil Großbritanniens wäre raus. Es gäbe eine Zoll-Grenze samt Grenzkontrollen. Der hart errungene Friedensprozess könnte einen Rückschlag erleiden. Nordirland hatte wie auch Schottland mehrheitlich gegen den Brexit votiert.
Die vier Grundfreiheiten:
Mit dem Brexit scheidet Großbritannien aus einem System aus, das durch die „vier Grundfreiheiten" gekennzeichnet ist: Waren- und Kapitalverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit. Sie sind die Kernpunkte, die den Binnenmarkt der noch 28 Mitgliedsstaaten ausmachen. Sie beschreiben ein Europa ohne Grenzen, festgelegt im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, einer der beiden Gründungsverträge der EU.