Warum bei den anstehenden Midterms, den Wahlen in den USA, nichts sicher ist
Wenn der US-amerikanische Präsident Trump eines geschafft hat, dann dieses: Er hat die politische Opposition in seinem Land mit neuer Energie beseelt. Politischer Aktivismus ist wieder „in", und es nehmen an den zahlreichen Demonstrationen und Aktionsgruppen mehr Menschen teil als jemals zuvor. Auch die Demokratische Partei wittert Morgenluft. Der gemeinsame Gegner scheint dabei auch jene zu einen, die sonst selbst manchen politischen Händel untereinander ausfechten.
Und die bisherigen Umfragen und Vorhersagen für die im November dieses Jahres anstehenden „Midterms" scheinen ein großes Problem für die Republikaner vorauszusagen. Zumindest die Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten sie verlieren, mit etwas Glück – oder Pech, je nach Sichtweise – und den richtigen Kandidaten vielleicht sogar im Senat. Die Folgen wären weitreichend. Genau so, wie die zweite Amtszeit von Barack Obama durch einen feindlichen Kongress in vielen wichtigen Politikbereichen gelähmt wurde, könnte ein zumindest uneinheitlich agierendes Parlament Trump zahlreiche Steine ins Getriebe werfen. Und sollte er endgültig seinen Nimbus als „Macher" verlieren, stehen die Zeichen für eine zweite Amtszeit dann sehr schlecht.
Doch wer sich bereits jetzt entspannt zurücklehnt und meint, die unappetitliche und die ganze Welt über Gebühr beschäftigende Episode „Trump" würde sich nun automatisch dem Ende zuneigen, der hat die Unwägbarkeiten des US-amerikanischen Wahlkampfes und die Zersplitterung der beteiligten Parteien nicht begriffen. Denn die Front der Opposition ist nicht einheitlich, und genauso wie damals bei Trump wird jetzt bei den Vorwahlen für die Kandidatenaufstellung klar: Es ist nicht immer taktische Vernunft, die Wähler antreibt.
Die gute Nachricht vorweg: Gerade Trumps frauenfeindliche und chauvinistische Ausfälle haben zu einer großen Aktivierung von Frauen für den politischen Prozess geführt. In den Vorwahlen treten, gerade für die Demokraten, so viele Frauen wie nie zuvor an. Doch viele tun dies in Wahlkreisen, die nur durch ein Wunder zu gewinnen sind, wenngleich die Nachwahlen der letzten Zeit gezeigt haben, dass solche Wunder durchaus eintreten können.
Dennoch: Das Gros der aufstrebenden weiblichen Kandidatenschar werden sich damit begnügen müssen, nach einem harten Wahlkampf als die Verlierer dazustehen. In den Wahlkreisen, in denen es möglich ist, den Republikanern einen Sitz wegzunehmen, finden wir oft ein Ringen zwischen eher moderaten demokratischen Kandidaten des „Establishments" und progressiven, den Ideen des an Hilary Clinton gescheiterten Bernie Sanders zugeneigten Aspiranten. Vielen der letzteren gelangen Achtungserfolge gegen die Moderaten, sodass die Demokraten nun vor einem Dilemma stehen: Denn obgleich die Mehrheit der Republikaner in diesen Wahlkreisen oft sehr dünn ist, würden sich die eher bürgerlich gesinnten Wähler von allzu radikal auftretenden Demokraten eher abschrecken lassen und möglicherweise dann doch in den sauren Apfel beißen, Trump indirekt zu unterstützen. Agieren die Republikaner dann wiederum geschickt und distanzieren sich vorsichtig von „ihrem" Präsidenten, wo es wahltaktisch opportun ist, kann so mancher wackliger Sitz wieder in ihre Hände fallen.
Es wird noch eine Weile dauern, bis wir die genaue Konstellation der Gegner in jedem Wahlkreis kennen. Bereits jetzt zeichnet sich in beiden Parteien ein innerer Widerstreit zwischen den eher radikal denkenden Kandidaten und den moderaten ab, der durch das Scheitern von Sanders auf der einen, und den Sieg von Trump auf der anderen Seite nur befeuert wurde. Die Midterm-Wahlen sind von hoher Bedeutung, und sie werden nicht nur hart umkämpft, kein Kandidat wird die Wahl von vorneherein verloren geben.
Für uns Beobachter von außen wäre es daher sehr verfrüht, allzu schnell von einem „sicheren" Wahlausgang zu reden. Die Kandidaten vertreten immer auch regionale Interessen, und da ist die Gemengelage in jedem Wahlkreis spezifisch. Wer zu diesem Zeitpunkt bereits davon träumt, dass sich ein gewendeter Kongress in den kommenden zwei Jahren gegen Trumps politisches Schlafwandlertum erheben werde, könnte im November ein böses Erwachen erleben. Voreiligkeit ist – wie immer in der Politik – nicht ratsam.