Das Saarland rückt nach rechts. Rückt das Saarland nach rechts? Nach den Zahlen des jüngsten Saarlandtrends im Auftrag der Kollegen des Saarländischen Rundfunks könnte man diesen Eindruck gewinnen. Die großen Parteien verlieren Zustimmung, die AfD ist mit 15 Prozent bei der Sonntagsfrage bei deutlich zweistelligem Ergebnis. Was erstaunlich ist, macht sie doch vor allem mit Schlagzeilen auf sich aufmerksam, die Wähler gemeinhin gar nicht mögen: Streit und Zwietracht, bis hin zu einem nach Anordnung eines Schiedsgerichts abgesagten Parteitags. Es ist also nicht zu gewagt, hinter dem Ergebnis weniger Zustimmung für diese Partei, sondern eher ein Abwenden von anderen zu vermuten. Wofür auch der Zeitraum spricht. Denn dass der unionsinterne Machtkampf spurlos am saarländischen Wähler vorbeiginge und er feinsäuberlich saarländische und bundespolitische Aspekte trennen würde, ist nicht zwingend zu unterstellen. Seit nunmehr eineinhalb Jahren ist zermürbender Dauerstreit zu besichtigen. Als (vorübergehender) Wahlkampf mag das noch hingenommen werden, als Dauerzustand nicht. Und ob es eine gute Idee war, bei GroKo-Neuauflagen gleich die permanente Auseinandersetzung einzubauen, darf man getrost mit Fragezeichen versehen. Sicher soll und muss jeder Partner in der Koalition sein eigenes Profil sichtbar machen, sonst macht er sich irgendwann überflüssig. Nur gibt es dafür auch andere Methoden, als immer nur darauf zu lauern, wann man dem anderen ans Bein treten kann. Außerdem rächt sich der Verzicht auf ein gemeinsames und überzeugendes Projekt, eine Idee, wohin das Land in den umgebenden Wirren steuern könnte. Dass deshalb die Saarländer politisch gefährlich nach rechts abdriften, ist keineswegs ausgemacht. Dass sie sich frustriert bis verärgert abwenden von Dauerzoff, der gelegentlich die Grenzen des guten Geschmacks berührt, aber in der Sache nichts voranbringt, ist nachvollziehbar. Menschen erwarten Antworten auf ihre höchst unterschiedlichen Fragen statt Streit um ein einziges Thema, auch wenn das noch so schlagzeilenträchtig ist. Was die Bundespolitik derzeit abliefert, erinnert stark an ein Fliegenglas: Drinnen herrscht aufgeregt-chaotisches Summen, man kann zwar durchs Glas den Rest der Welt „da draußen" sehen, aber bekommt keinen Kontakt mehr.
POLITIK
Foto: imago / blickwinkel
Zunehmend abgeneigt
Politik - Kolumne
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