Mit jeder Ausgabe wächst das Spektrum der Fashion Week und der begleitenden Messen. Das zieht internationales Publikum in die Stadt. Berlin profitiert auch sonst von der Vielfalt seiner Modeszene – und unterstützt diese auf verschiedene Arten.
Auch wenn sich das Hauptaugenmerk nach wie vor auf die rund 50 Modeschauen teils namhafter, teils noch unbekannter Designer richtet: Die Fashion Week ist weit mehr als Glamour auf dem Runway. Rund um den Laufsteg gruppieren sich zwischen dem 3. und dem 5. Juli neun Messen, die die unterschiedlichsten Marktsegmente abbilden und bedienen. Was Einkäufer, Branchenexperten und Modejournalisten schon logistisch vor eine Herausforderung stellt – finden die Messen doch an teilweise weit auseinander liegenden Locations wie der Station am Gleisdreieck, der Arena in Berlin-Treptow oder dem Messegelände unter dem Funkturm statt.
Längst haben sich die Premium mit ihrer Auswahl hochwertiger Designerkollektionen, Accessoires und Schuhen sowie die Panorama mit Labels von Avantgarde bis Sportswear zu den Platzhirschen entwickelt. Flankiert werden sie von der Seek, die sich auf hochwertige urbane Mode für die „junge Generation" konzentriert, und von der Show & Order, die mittlerweile auch Teil der Premium Group geworden ist. Daneben gibt es aber auch genügend Raum für spezielle Segmente: Die Selvedge Run im Palais am Funkturm beispielsweise präsentiert handcrafted Denim – 60 Labels zeigen hier ihre Kollektionen. Längst hat sich auch das Thema nachhaltige Mode einen festen Platz im Messespektrum der Fashionweek gesichert, so sehr, dass es mittlerweile auch als besonderes Merkmal für den Mode-Messestandort Berlin gilt. Green Showroom und Ethical Fashionshow sind die Plattformen für Designer, die unterschiedlichste Ansätze bei der Produktion „fairer Mode" verfolgen. Sei es, dass sie ökologisch angebaute Materialien verwenden, vorhandene Textilien zu Neuem verarbeiten oder besonderen Wert auf sozialverträgliche Arbeitsbedingungen legen. Und auch die Mode für den Nachwuchs kommt zu ihrem Recht. So werden auf der Playtime Berlin im Palazzo Italia mehr als 120 auf Kinderkleidung spezialisierte Brands präsentiert, in Kombination mit Geschenk- und Schreibwaren.
2.700 Modeunternehmen in Berlin
Kein Wunder also, dass es längst für Einkäufer auch internationaler Modehäuser und Concept Stores attraktiv geworden ist, zur Fashion Week nach Berlin zu reisen. 20.000 Besucher werden allein schon an den Laufstegen erwartet, weitere 100.000 verteilen sich nach Interessenslage auf die Messen. Sie finden hier alle namhaften Brands, daneben aber auch eine große Auswahl an Newcomern. Denn das ist eines der Markenzeichen des Modestandorts Berlin, bestätigt auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft: Die hohe Dichte an modespezifischen Studien-und Ausbildungsgängen trage dazu bei, dass es eine große Zahl innovativer kleiner Modelabels gebe. Die heimsen denn auch in schöner Regelmäßigkeit Preise ein – so ging der begehrte „Bunte New Faces Fashion Award" in den vergangenen Jahren unter anderem an das Modelabel Perret Schaad, an Isabel de Hillerin und an Nobieh Talai. Alles Designerinnen, deren Kollektionen von der Fashion Week bekannt sind.
Die kreative Fashion-Szene und die zweimal im Jahr stattfindende Fashion Week mit ihren Schauen und Messen sind für Berlin zum ernst zu nehmenden Wirtschaftsfaktor geworden. Rund 2.700 Unternehmen im Modebereich sind laut Wirtschaftssenat in Berlin tätig – dazu zählen neben Designateliers und dem Einzelhandel auch Textilproduzenten sowie der Onlinehandel. Schließlich gilt Zalando als wichtiger Arbeitgeber der Branche.
Auch die Umsätze lassen sich sehen: Schon 2015 lagen sie bei 4,8 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Knapp 26.000 Beschäftigte erarbeiteten diese Summe. Und allein während der beiden Fashion Week-Ausgaben können sich Berliner Hotels über insgesamt 200.000 zusätzliche Übernachtungsgäste freuen. Insgesamt, so rechnet der Senat, fließen durch die beiden Messetermine rund 33 Millionen Euro pro Jahr in die Kassen.
Verständlich also, dass man auch vonseiten der Politik daran interessiert ist, den Modestandort Berlin weiter auszubauen und für Alleinstellungsmerkmale zu sorgen.
Modeförderung wird deswegen groß geschrieben – gerade im Zusammenhang mit der Fashion Week gibt es unterschiedliche Ansätze.
So können sich Designer beispielsweise um einen Slot für eine der „offiziellen" Schauen im Rahmen der MBFW bewerben – die Runway Shows finden dieses Mal gut erreichbar im E-Werk nahe dem Potsdamer Platz statt. Dazu gibt es auch wieder eine Ausgabe des Berliner Salons im Kronprinzenpalais, eine Art Gruppenausstellung sorgfältig kuratierter Nachwuchsdesigner aus Berlin. Eröffnet wird sie durch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, umrahmt von einer Konferenz von „Zeit-Magazin" und „Vogue".
Modeförderung wird groß geschrieben
Außerdem gibt es Coachingangebote und „unbürokratische Mikrodarlehen" für Existenzgründer aus dem Modebereich. Fördermöglichkeiten, die es jungen Absolventen nach einem Modestudium leichter machen sollen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. So hat das Land Berlin nach Senats-Angaben seit 2007 über zehn Millionen Euro an Zuschüssen und Beteiligungen in die Modelandschaft investiert. Unter anderen für Präsentationsmöglichkeiten während der Fashion Week.
Dafür allerdings bedarf es vonseiten der Nachwuchsdesigner einigen Vorlaufs. Kapital ist nötig, um eine Kollektion entwerfen und anfertigen zu können, für viele bereits die erste Hürde. Und nach wie vor, so heißt es von Studentinnen an Modeschulen, werde hier der Schwerpunkt aufs Kreative gelegt. Betriebswirtschaftliche Basiskenntnisse würden dagegen oft so gut wie gar nicht vermittelt.
Das aber müsste sich in Zukunft ändern – damit der Modestandort Berlin tatsächlich von dem kreativen Potenzial der immerhin neun Ausbildungs- und Studiengänge profitieren kann.