Fahrrad ist in, was auch die politische Debatte rund um das Thema beflügelt. Seit Beginn des Jahres wird wieder heftig und intensiv gerungen, geplant und demonstriert. Im Mittelpunkt stehen Infrastruktur und Sicherheit.
Seit Wochen könnte man den Eindruck gewinnen, das Saarland hätte sich auf den Weg zum Fahrradland auf. Mitte Mai fanden gleichzeitig in sieben Städten Fahrraddemonstrationen statt. „Keine Angst vorm Fahrradprotest", hatte das „Radelkollektiv" mit vielen anderen zusammen aufgerufen. Ende Mai folgte mit viel Begleitmusik der Auftakt zum diesjährigen „Stadtradeln"-Wettbewerb. Wirtschafts- und Verkehrsministerin Anke Rehlinger ließ sich nicht nehmen, den offiziellen Startschuss in Homburg persönlich zu geben in der Erwartung, „dass möglichst viele Saarländerinnen und Saarländer für bessere Bedingungen im Radverkehr in die Pedale treten". Für genau diese besseren Bedingungen hatte zwei Wochen später ein breites Bündnis von ADFC bis zu Umweltschutzverbänden zu einer weiteren Großdemo aufgerufen. Dabei spielte vor allem das Thema Sicherheit eine zentrale Rolle.
Der Bundestagsabgeordnete und Grünen-Landeschef Markus Tressel hatte eine Debatte ausgelöst mit seinem Vorwurf, die Landesregierung Zuschüsse des Bundes nicht abgerufen. Die für 2015 und 2016 bereitgestellten Mittel habe das Land „komplett verfallen lassen". Dem widersprach das Ministerium und verwies auf abgerufene Mittel, die allerdings nicht im Millionen- sondern im Hunderttausender-Bereich lagen. An einigen Stellen seien „gute Impulse" gesetzt, räumte aber auch anlässlich eines Gesprächs mit der Spitze des ADFC Saarland ein: „Trotzdem ist noch reichlich Luft nach oben – gerade, was Bedingungen im Alltagsradverkehr angeht". Der aber ist wesentliche Aufgabe der Kommunen. Um die zu unterstützen, hat das Ministerium inzwischen eine kommunale „Förderlotsin" benannt, die bei der Energieberatung Saar angesiedelt ist, was die Grünen wiederum durchaus begrüßen, könnte es doch helfen, durch Unterstützung bei den Anträgen möglichst Bundesmittel nicht verfallen zu lassen. Das müsse dann aber auch für das Land selbst gelten.
„Reichlich Luft nach oben"
Auch in anderen Bereichen rund um das Fahrradthema machen, wenig überraschend, vor allem die Grünen Druck. So fordern sie etwa ganztägig kostenfreie Fahrradmitnahme im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Derzeit müssen Radfahrer in der morgendlichen Stoßzeit zwischen 6 und 9 Uhr ein eigenes Fahrradticket lösen. Nicht gerade attraktiv, um Pendler zum Umsteigen vom Auto zu bewegen. Ohnehin müsse das Land, soweit es „Besteller" für ÖPNV-Angebote ist, auf eine Erhöhung der Mitnahmekapazitäten drängen. Schließlich könne nur durch ein gutes, vernetztes Angebot ein Umsteigen möglich sein, was aber sowohl aus verkehrstechnischen als auch ökologischen Aspekten geboten sei. Schließlich spielt auch das Thema ausreichender, guter und sicherer Abstellplätze für Fahrräder im Innenstadtbereich – nicht nur der Landeshauptstadt – eine wichtige Rolle. Die Grünen haben anlässlich der letzten großen Fahrraddemo die Förderung von mindestens 5.000 (in den Städten) gefordert. Auch ein größeres Angebot an abschließbaren sicheren Boxen wäre geboten. Wer so etwas derzeit etwa im Umfeld des Saarbrücker Hauptbahnhofs mieten will, muss schon mal monatelang warten, bis eine frei wird.
Solche Forderungen konzentrieren sich zwar besonders in der Landeshauptstadt, sind aber beispielsweise auch in der Stadt Homburg (mit hohem Studierendenanteil) ein Thema. In aller Regel werden die Forderungen mit dem Hinweis auf andere vergleichbare Städte verbunden, in denen solche infrastrukturellen Voraussetzungen zur Verbesserung der Alltags-Fahrradtauglichkeit deutlich weiter fortgeschritten sind, wobei man nicht nur auf die Vorzeigestädte Münster und Karlsruhe blicken muss.
Vor diesem Hintergrund kann die Debatte um einen Fahrradbeauftragten in der Landeshauptstadt zunächst schon etwas befremdlich anmuten. Die CDU, die den Wegfall dieser Position fordert, begründet das unter anderem damit, dass das Geld besser beim Stadtplanungsamt oder der Unteren Bauaufsicht aufgehoben wäre, um dort Projekte zügiger voranzutreiben.