Zum ersten Mal seit 1969 ist Deutschland wieder Gastgeber einer Mannschafts-EM im Golf. Vom 10. bis 14. Juli kämpfen die 16 besten Golfnationen Europas in Bad Saarow um den Titel. Die deutschen Amateurgolfer hoffen auf eine Medaille.
Selbst in das Geschehen eingreifen kann Martin Kaymer nicht, wenn vom 10. bis 14. Juli die 16 besten Golfnationen Europas in Bad Saarow in Brandenburg um die EM-Krone kämpfen. Als Profi ist Kaymer bei einer Europameisterschaft der Amateure nicht startberechtigt. Doch mit dem Herzen wird Deutschlands bester Golfer dabei sein. „Das Turnier hat einen extrem hohen Stellenwert, selbst die Profis verfolgen das ganz genau", sagt Bundestrainer Ulrich Eckhardt. Schon als Deutschland vor zwei Jahren Vize-Europameister bei den Junioren wurde, gehörte Kaymer in den sozialen Medien zu den ersten Gratulanten. „Und ich bin mir sicher, dass er uns auch dieses Mal wieder die Daumen drückt", so Eckhardt.
Zum ersten Mal seit 1969 ist Deutschland wieder Gastgeber der Mannschafts-EM (EMM). „Wir haben immer wieder versucht, diese europäische Meisterschaft nach Deutschland zu holen. Das ist uns nach fast 50 Jahren endlich gelungen. Es ist etwas ganz Besonderes. Wir wollen Deutschland und den Golfsport nicht nur nach außen präsentieren, sondern aus der EMM für die Menschen und die Region Brandenburg auch ein gesellschaftliches Ereignis machen", sagt Marcus Neumann, Vorstand Sport des Deutschen Golf-Verbandes. Deshalb findet die Eröffnungsveranstaltung auch nicht auf dem Golfplatz statt, sondern mitten im Ort beim Sommerfest am See im Kurpark von Bad Saarow.
Die Team-Europameisterschaft wird seit 1959 ausgetragen und ist eines der traditionsreichsten Turniere Europas. Bis 2007 wurde das Turnier alle zwei Jahre veranstaltet, seitdem findet es jährlich statt. „Das Besondere an der EMM ist, dass wir hier die Gelegenheit haben, den Golfnachwuchs hautnah zu erleben. Alle Profispieler haben bei den Amateuren begonnen", erklärt Marcus Neumann. Als Deutschland 2005 als Zweiter zuletzt eine Medaille holte, war beispielsweise auch noch Martin Kaymer mit von der Partie, der erst einige Monate später ins Profilager wechselte.
Dreimal Silber für Deutschland
Insgesamt gewannen deutsche Mannschaften bislang drei Silbermedaillen: 1969, 1999 und eben 2005. Für Marcus Neumann gehören die Gastgeber auch in diesem Jahr wieder zum Favoritenkreis: „Wir haben eine starke Truppe. Einige der Jungs waren bereits mit dem Junior Team Germany Vize-Europameister 2016. Ein Sieg vor heimischem Publikum wäre unser aller Traum", sagt er.
Bundestrainer Ulrich Eckhardt sieht dagegen vor allem England, Schweden und Schottland in der Favoritenrolle, vielleicht auch noch Italien und Irland. „Unser Ziel ist es erst einmal, unter die ersten acht in der Qualifikation zu kommen", sagt er. Diese wird im Zählspiel ausgetragen. Anschließend ermitteln die acht besten Teams im Lochspiel – also im direkten Duell Team gegen Team – den Europameister. Die Mannschaften auf den Plätzen 9 bis 16 tragen eine Platzierungsrunde aus. In diesem Modus liegt aber auch die Chance für die deutsche Mannschaft. „Im Lochspiel sind andere Qualitäten gefragt", erklärt Eckhardt. „Da muss man nicht bloß konstant spielen, sondern es kommt auch darauf an, im richtigen Moment zuzuschlagen. In solchen Momenten braucht man das nötige Killergen." Auch Nick Bachem vom Marienburger Golfclub, der aktuelle deutsche Lochspielmeister, meint: „Das Besondere am Lochspiel ist, dass man das Eins gegen Eins mehr spürt. Man hat den direkten Vergleich und sieht sofort, wo man steht."
Ob der Deutsche Meister am Ende auch zum Kreis der Spieler gehört, denen Ulrich Eckhardt in Bad Saarow das Vertrauen schenkt, war bei Redaktionsschluss noch nicht abschließend geklärt. Sechs Spieler kann der Bundestrainer für das Turnier nominieren, doch die Entscheidung fiel erst nach den British Amateur Open in Aberdeen und der Einzel-Europameisterschaft in den Niederlanden. Ziemlich sicher dabei sein dürfte allerdings Jannik de Bruyn vom Golfclub Hösel nach seinem zweiten Platz bei der renommierten St. Andrews Links Trophy, einem der wichtigsten Amateurturniere Europas. Erst im Stechen musste er sich dort geschlagen geben. Im vergangenen Jahr hatte der 18-Jährige bereits einen starken dritten Platz bei der Allianz German Boys Open erreicht und war in der Altersklasse bis 18 Jahre zudem deutscher Einzelmeister geworden.
Offen war auch noch, ob einer der drei Spieler aus der Region, die derzeit dem Nationalteam angehören, den Sprung in den Kader schafft: Falko Hanisch, Timo Vahlenkamp und David Rauch, allesamt aus der Trainingsgruppe von Gregor Tilch im Berliner Golfclub Stolper Heide. Vor allem Hanisch, 2016 Sieger der British Boys, des wichtigsten Jungen-Golfturniers der Welt, galt eigentlich als aussichtsreicher Kandidat auf einen Platz im Aufgebot, ehe ihn eine Verletzung ausbremste. „Das wird eng mit einer Teilnahme", meint sein Trainer. Falls Hanisch nicht mitspielen kann, wäre das ein herber Verlust für das deutsche Team, zumal Hanisch den Platz, auf dem die EM ausgetragen wird, besser kennt als jeder andere Teilnehmer. Erst kürzlich gelang ihm beim Gründungsturnier des neuen Golf Club Bad Saarow eine Runde von sechs Schlägen unter Par. „Aber wenn er nicht rechtzeitig fit wird, dann kann der Bundestrainer ihn nicht nominieren", weiß auch Gregor Tilch. Dafür hat sich zuletzt Timo Vahlenkamp in guter Verfassung präsentiert. Er könnte am Ende die Rolle des Lokalmatadors übernehmen, auch wenn der Westfale selbst erst seit gut zweieinhalb Jahren in der Hauptstadtregion spielt.
Platz ist sehr anspruchsvoll
Austragungsort der Mannschafts-EM ist der Faldo Course Berlin im Golfresort A-ROSA Scharmützelsee. Der Turnierplatz war in der Vergangenheit bereits Ausrichter der German Open 1998 und 1999, der Mannschafts-Weltmeisterschaft im Jahr 2000, der Ladies und der Senior German Open 2001, der Europameisterschaften der Herren 2007 sowie des Weltfinales der Faldo Series 2015, des weltweit größten Jugendturniers. „Wir sind stolz, mit der EMM erneut ein internationales Highlight auf unserer Anlage austragen zu können", sagt Managerin Saskia Zieschank. „Unser Ziel ist es, zusammen mit dem Deutschen Golf-Verband, dem Land Brandenburg, dem Europäischen Golfverband und unserem Golfresort mit großem Einsatz und viel Herzblut eine unvergessliche Meisterschaft für die Spieler und Zuschauer auf die Beine zu stellen und so regional und international Werbung für den deutschen Golfsport zu machen."
Entworfen wurde der 6.486 Meter lange Faldo Course vom sechsfachen Major-Champion Nick Faldo (Großbritannien), der ehemaligen Nummer eins der Welt. „Es ist ein sehr anspruchsvoller Platz und einer Europameisterschaft absolut würdig", meint Bundestrainer Ulrich Eckhardt. Aufgrund seiner Länge sei der Platz einerseits etwas für Spieler, die weit schlagen können. Das tückische sind jedoch die tiefen Bunker, die Fehlschläge knallhart bestrafen. Weil allerdings mit der Länge der Schläge auch die Präzision verloren geht, brauche es eine gute Mischung, um sich auf diesem Platz zu behaupten, so Eckhardt.
Der Deutsche Golf-Verband hatte sich mit Bad Saarow auch um die Ausrichtung des Ryder Cups 2022 beworben. Der prestigeträchtige Kontinentalvergleich der besten Profis aus Europa und den USA zählt weltweit zu den größten Sportveranstaltungen mit den höchsten TV-Einschaltquoten – eine solche Veranstaltung in Deutschland hätte dem Golfsport hierzulande einen großen Schub gegeben. Lange hatte die deutsche Bewerbung sogar als Favorit gegolten, doch am Ende bekam im Dezember 2015 der Mitbewerber aus Italien den Zuschlag. Finanzielle Gründe sollen den Ausschlag gegeben haben –
offenbar hatten die Italiener einfach mehr Geld geboten. Dass die Vergabe der Mannschafts-EM nach Bad Saarow eine Art Trostpreis sein könnte, glaubt Bundestrainer Ulrich Eckhardt aber nicht. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Das sind zwei völlig unterschiedliche Verbände", sagt er.