Patrick Franziska kämpft um seinen Platz im Olympia-Team und sammelt dafür eifrig Argumente. Jetzt steht das Champions-League-Final-Four in Saarbrücken an – die Vorfreude ist groß.
Zur Zeit des Interviews mit Patrick Franziska weilte dieser beim großen Grand-Smash-Turnier in Singapur – und sorgte dort in der zweiten Runde mal eben für eine richtig dicke Überraschung. Der 31-jährige Kapitän des 1. FC Saarbrücken-Tischtennis besiegte Einzel-Weltmeister Ma Long aus China mit 3:2.
Erfolg gegen den besten der Welt
Zur Einordnung: Die Grand-Smash-Turniere sind im Tischtennis, was die vier Grand Slams im Tennis sind. Sie wurden erst 2021 eingeführt. Der 35 Jahre alte Ma Long gilt als bester Spieler der Geschichte und verlor laut TV-Sender Dyn in den letzten vier Jahren nur zwei Spiele. „Ich bin sprachlos und kann es eigentlich kaum fassen“, sagte der sichtlich überwältigte Franziska in einem TV-Interview. Der Sieg ist auch ein Fingerzeig Franziskas mit Blick auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris im Sommer. Derzeit duelliert er sich mit Tischtennis-Superstar Timo Boll um den dritten Platz im Team hinter Dimitrij Ovtcharov und Dang Qiu. Deshalb ist es umso wichtiger, gute Spiele zu zeigen und sich somit den Platz in der Olympia-Mannschaft zu ergattern. „Ich hoffe natürlich, dass im Sommer die Olympischen Spiele für mich anstehen. Das wird bis zuletzt sicher auch ein heißer Kampf. Also qualifiziert sind wir jetzt dadurch, dass wir im Viertelfinale bei der WM waren – das ist schon Mal ein guter Schritt.“ Das Problem: Nur drei Spieler werden pro Mannschaft ausgewählt: „Es gibt einfach viele Spieler, die auch damit liebäugeln und auch versuchen werden, da dabei zu sein für Deutschland. Drei Spieler für Deutschland machen es dann natürlich nicht leichter, aber ich werde alles geben, um dabei zu sein.“ Sein Hauptkonkurrent ist sein Freund und Kumpel Timo Boll, niemand anderes als die Legende des Tischtennis in Deutschland. „Olympia ist natürlich besonders. Ich meine, es war 2021 schon sehr, sehr geil. Da war ja noch Corona und es waren keine Fans dabei – trotzdem dann mit einer Medaille nach Hause zu fahren, war natürlich schon super. Olympia hat auch einfach seinen eigenen Geist, so viele Athleten auf einem Haufen, das hat man sonst ja auch nicht“, erzählt Franziska. Hinzu kommt: In diesem Jahr sind nun endlich wieder Fans vor Ort und Paris wird bunt und laut werden. „Es ist natürlich schon das Größte, und ich denke, auch ein Traum von jedem Sportler, da dabei zu sein. Dann ist es ja auch noch in Paris, also gefühlt eigentlich ja auch in Saarbrücken. Dadurch würden natürlich auch viele Freunde und die Familie kommen. Deshalb wäre es natürlich schon was Besonderes, da wieder dabei zu sein und auch wieder um die Medaillen zu kämpfen, weil die Chancen auf jeden Fall auch da wären.“ Also direkt um die Ecke um Medaillen kämpfen – das hört sich nach einem absoluten Highlight in diesem Jahr an. Doch das wird nicht das einzige sein.
Dabei hilft einem Sportler nicht immer nur der Blick in die Zukunft, sondern oft auch mal ein Blick in den Rückspiegel, um gewisse Geschehnisse einzuordnen und sich weiterzuentwickeln. Vor allem die Champions League im vergangenen Jahr ist dem 31-Jährigen im Gedächtnis geblieben. „Das war natürlich überragend. Schon das Heimspiel in Saarbrücken vor so vielen Zuschauern und mit so einer geilen Stimmung war schon sehr besonders. Auch wenn wir zu Hause mit 2:3 verloren haben. Das Rückspiel in Düsseldorf – das war der absolute Wahnsinn.“ Auch in Düsseldorf war es nämlich knapp und an Spannung nicht zu überbieten. Im finalen Satz wurde dann mit elf zu neun gewonnen – und am Ende der Titel gefeiert. „Das war sowohl für den Verein als auch für mich einer der besonderen Momente in meiner Karriere mit dem 1. FC Saarbrücken Tischtennis. Das war der erste Titel in der Champions League für den FCS und dann auch noch in Düsseldorf, gegen unsere stärksten Konkurrenten in einem brutalen Spiel über viele Stunden – einfach phänomenal“, kommt Franziska aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Das macht natürlich Lust auf mehr – und Lust auf einen erneuten Triumph in der Champions League. Der FCS ist Ausrichter und musste sich dennoch qualifizieren. Weniger erfolgreich verlief das Pokal-Final-Four – jedoch für Franziska eher eine verdiente Niederlage. „Im Pokal-Final-Four wurden wir verdientermaßen nur Zweiter. Gegen Ochsenhausen hatten wir schon ein sehr schwieriges Halbfinale und im Finale gegen Düsseldorf dann eine recht deutliche Niederlage einstecken müssen. Wir waren schon ein bisschen enttäuscht danach, weil wir uns auch mehr ausgerechnet haben. Alles in allem muss man auch sagen, dass Düsseldorfer an dem Tag besser war und wir uns dann über den zweiten Platz auch nicht beschweren können und ich trotzdem denke, dass es auch ein Erfolg für den Verein ist.“
Positiver Saisonverlauf
Die Gegenwart macht zudem Lust auf mehr – und aus der Niederlage im Pokal im vergangenen Jahr hat der gesamte Verein wieder eine große Motivation gezogen: „Die bisherige Saison lief eigentlich ziemlich gut. Wir sind Tabellenführer mit ein paar Punkten Abstand vor Düsseldorf, und wir spielen eigentlich sehr konstant. Wir haben Gott sei Dank einen richtig guten und großen Kader und zur Not kann auch jemand aus der Zweiten Mannschaft einspringen. Dabei spielt es in der gesamten Saison keine Rolle, in welcher Aufstellung wir spielen. Und natürlich ist es super, dass auch gefühlt jeder seine Spiele gewinnt – jeder ist da Teil dieser Mannschaft – das ist, denke ich, sehr wichtig.“ Vor allem, weil Franziska und sein bärenstarker Teamkollege Darko Jorgic auf der ganzen Welt Turniere spielen. Wie gerade in Singapur. „Darko und ich sind da sehr viel unterwegs, deshalb ist es im Verein umso wichtiger, dass wir Unterstützung bekommen“, so Franziska. Tischtennis ist zwar ein Spiel, das entweder alleine oder zu zweit auf einer Seite der Platte gespielt wird, aber im Hintergrund ist das Team absolut entscheidend – und bisher schafft der FCS-TT das. Und nun steht das Heimspiel an. Der FCS hatte sich als einziger Interessent um die Austragung beworben und den Zuschlag erhalten. Danach stand die Qualifikation an. Die wurde geschafft. Und die Erwartungshaltung ist groß. „Als Titelverteidiger ist es natürlich ein großes Ziel, ins Final Four einzuziehen und vor eigenem Publikum den Titel zu verteidigen“, sagt der Sportliche Leiter des FCS-TT, Erwin Berg.
Kapitän Franziska geht das ein wenig verhaltener an und ist sich bewusst, welche Hochkaräter schon im Halbfinale auf sein Team warten: „Wir hatten in der Champions League schon eine schwierige Gruppe, unter anderem mit Pontoise. Das waren wirklich zwei sehr schwere Spiele. Wir haben uns dann recht souverän durchgesetzt und wir spüren einfach nur eine riesengroße Vorfreude – und hoffen natürlich auf viel Unterstützung dann im Halbfinale.“ Denn dort hat es der Gegner schon ordentlich in sich: „Das wird ein sehr schweres Spiel gegen Ulm. Ein klassisches 50/50-Spiel. Da wird es auch viel auf die Tagesform ankommen. Natürlich wollen wir da ins Finale, dann wahrscheinlich gegen Düsseldorf. Aber wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen und uns auf unser Halbfinale konzentrieren. Da wird man uns alles abverlangen und erst dann, wenn wir diese Prüfung bestanden haben, können wir an den nächsten Schritt denken“, sagt der Kapitän. Doch auch er weiß: Starke Auftritte von ihm als Kapitän und eine mögliche Titelverteidigung wären die besten Argumente für das ganz große Ziel in Patrick Franziskas Sportjahr 2024.