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WAS MACHT EIGENTLICH...

Steinbergers Auftritte wurden auch für die ARD aufgezeichnet
Foto: imago images/Horst Galuschka

… Emil Steinberger?

Mit den Bühnenfiguren „Emil“ und „Schwytzer-Deutsch“ wurde er hierzulande in den 70er-Jahren vor allem durch die ARD-Aufzeichnungen seiner Kabarett-Programme zum Fernsehstar. Auch schrieb er Werbespots und Bücher und sprach Kinderhörbücher. Heute betreibt der 90-jährige Kabarettist in Luzern eine Kleinkunstbühne und einen Verlag, außerdem arbeitet er an seiner Autobiografie.

Ich kenne Leute, die ihren 90. mit Bankett und vielen Gästen gefeiert haben und dann vom Stress tot umgefallen sind“, erklärt Emil Steinberger in Kabarettistenmanier, weshalb er die Vollendung seines neunten Lebensjahrzehnts im Januar ohne viel Aufhebens begangen hat. Trotz seines Alters kann der Schweizer sich einen Ruhestand nicht vorstellen. Er malt, fotografiert und schreibt im eigenen Verlag Bücher, macht noch Kabarett und unterstützt seine 57-jährige Frau Niccel bei deren vielfältigen kreativen Unternehmungen als Malerin, Fotografin, Autorin und Lachseminar-Veranstalterin. „Ich habe mir vorgenommen, meinen Fokus vermehrt auf Niccels Projekte auszurichten, sie stärker zu unterstützen“, betont Emil, weil in den vergangenen beiden Jahrzehnten seine jüngere Frau ihm zuliebe auf die Fortführung ihrer eigenen Karriere verzichtet hat. So will er mithelfen, „eine Basis für ihre kreativen Fähigkeiten zu schaffen, auf der sie sich nach meinem Tod weiterentwickeln kann“, erklärte Steinberger kürzlich in der „Berliner Zeitung“. 

Aktiv auf sozialen Netzwerken

Der 90-jährige Kabarettist betreibt heute in Luzern eine Kleinkunstbühne und einen Verlag
Der 90-jährige Kabarettist betreibt heute in Luzern eine Kleinkunstbühne und einen Verlag - Foto: picture alliance/KEYSTONE

Auch wenn er sich als 90-Jähriger immer noch fit und gesund fühle, könne er natürlich seinen Tod nicht ausblenden und hat deshalb bereits mit seiner Frau eine Patientenverfügung und einen Vorsorgevertrag aufgesetzt, um ihr im Eventualfall nicht die ganze Verantwortung allein zu überlassen. Bis es aber so weit ist, arbeitet Emil weiter, solange es ihm und seinem Publikum immer noch Spaß macht. „Es gibt noch viele Ideen zu realisieren. Das ist das Gescheiteste, um dem Sensenmann keine Chance zu geben!“ verriet er jetzt der Zeitschrift „Blick“. In den sozialen Medien, die Emil ausgiebig bedient, veröffentlichte er zum Jahresbeginn ein Video, wo er mit einem Kreisel orakelt, wie 2023 für ihn werden wird: Der Kreisel landet natürlich auf „wunderbar“, sodass der immer noch sehr gefragte Kabarettist sich auf „viel Spaß im neuen Jahr“ freuen kann. Vor lauter Anfragen für Shootings, Patronate, Aktionen und Ähnliches kam er bisher nicht einmal dazu, seine seit Längerem geplanten Memoiren zu vervollständigen, die er eigentlich noch 2023 veröffentlichen wollte. 

Und dann möchte Steinberger den Dokumentarfilm über sein Leben realisieren, den er schon länger gedanklich herumträgt: „Ich habe also wirklich keine Zeit, um ans Alter zu denken. Es ist mir wichtig, dass ich meine schöpferische Ader trotz meiner 90 Jahre weiterhin ausleben und neue Ideen verwirklichen kann.“ Das zeigt sich auch in den „Wochenblättern“, die Emil mit Niccel gemeinsam seit 2000 veröffentlicht und seit 2006 in Ausstellungen zeigt: Das kreative Paar legt jeden Montag zu Hause ein leeres „Wochenblatt“ aus, auf dem jeder ohne Absprache mit dem anderen täglich ergänzende Striche zeichnet. Sonntags wird die Überraschungs-Zeichnung abgeschlossen und signiert. Ihre Kreativität zu wohltätigen Zwecken genutzt haben die Steinbergers mit ihrem bunt bemalten Elefant „Nimil“, der 2022 bei einer Auktion 13.000 Franken für eine Elefantenstiftung in Laos einbrachte.

Seit 1987 wollte Steinberger seine Bühnenfigur „Emil“ mehrmals in den Ruhestand schicken, aber das Publikum ließ es nicht zu. Daran änderte auch eine Auszeit nichts, die der Kabarettist sich zwischen 1993 und 1999 nahm und in New York „untertauchte“. Nach seiner Rückkehr tourte er eine Zeit lang mit Lesungen aus seinen Büchern durch die Lande, ergänzte das Lesen dabei aber mehr und mehr mit bekannten Sketch-Einlagen, die von den Zuschauern immer besonders bejubelt wurden. So lag es nahe, dass wieder neue Bühnenprogramme entstanden: „Emil – No einisch“ (2013), „Alles Emil, oder?“ (2019) und zuletzt „Emil schnädered“ (2021/22), in dem er Klassiker mit neuen Sketchen kombinierte und damit auf eine große Publikumsresonanz stieß. Dies trug mit dazu bei, dass Steinberger im Vorjahr den Swiss-Comedy-Award für sein Lebenswerk erhielt.

Gemeinsames Projekt

Emil kümmert sich zusammen mit seiner Frau auch um die Umsetzung und Vermarktung der gemeinsamen Ideen. Dazu gründeten sie 2000 den Verlag Edition E, der zum Beispiel alle Emil-Programme digitalisiert und Bücher von Emil und Niccel herausgegeben hat, den gemeinsamen Webshop betreut sowie Ausstellungen und Tourneen organisiert. Nach Emils erstem Buch „Wahre Lügengeschichten“ (1999) erschienen in der Edition E noch „Emil via New York“ (2001) und „Lachzig“ (2013). Auch ein Musikprogramm gibt es von dem vielseitigen Schweizer: So trat er 2022 in München mit „Scherzando“ in der Isarphilharmonie auf.

Der in Basel lebende Steinberger hat aus erster Ehe und einer anderen Beziehung zwei Söhne und drei Enkel, die ihn ab und zu besuchen und mit denen er auch schon mal einen seiner legendären Sketche nachspielt. Für Senioren hält der ewig lausbubenhafte Emil einen Rat bereit: „Man muss jeden Tag ein Ziel vor Augen haben, muss neugierig bleiben, mitmachen, sich mit anderen Menschen austauschen.“ 

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