Kur- und Urlaubsorte an der polnischen Ostseeküste begeistern mit wunderschönen Stränden und sind für Kurhotels bekannt. Aber auch die Heilkräfte des Meeresklimas ziehen die Touristen magisch an.
Blauer Himmel. Ziehende Wolken. Schatten spendende Kiefern umsäumen die Strandpromenade von Kolberg mit Blick auf die Ostsee. Möwen fliegen über ausgehöhlte Baumwurzeln auf dem breiten Küstenstreifen. Wie ein zartes Seidentuch zieht der weiße Sand über die Dünen hinweg. Die Wellen schlagen ihren Schaum gegen das Ufer. Ein frischer Wind durchweht die Lungen. Die Luft und das Wasser am Meer sind wie Balsam für den Körper und die Seele.
Die polnische Ostseeküste bietet ideale Voraussetzungen für einen erholsamen Gesundheitsurlaub oder eine Kur. Wenig Regen im Frühling, dafür aber viel Sonne im Sommer, ein milder Herbst, das milde Reizklima und obendrein die jodhaltige Luft sorgen für Erholung zu jeder Jahreszeit.
Das Ostseebad Kolberg (Kolobrzeg) mit sechs Kilometern feinstem Sandstrand ist das größte Heilbad Polens. Seitdem 1830 das erste Badehaus errichtet wurde hat sich der Ort zum größten und schönsten polnischen Kurort entwickelt. Kolberg trägt zwar kein ‚Bad‘ im Stadtnamen, es ist aber doch als solches anerkannt. Begründet liegt dies in den natürlichen Aufkommen an Naturheilmitteln wie der Sole, der Luft und dem Moor.
Das allererste Badehaus in Kolberg wurde im Jahr 1830 fertiggestellt
Das gesunde Mikroklima an der polnischen Ostsee ist bekannt für seine saubere, jod- und eisenhaltige Luft. Auch das Meerwasser ist mit einem hohen Jod-, Magnesium- und Salzgehalt angereichert. Das darin enthaltene Areosol, ein Gemisch von festen oder flüssigen Schwebeteilchen in der Luft, wirkt sich bei vielen Krankheiten lindernd aus. Am wirkungsvollsten ist die Seeluft direkt am Ufer der Brandung. Dies sei wie das Inhalieren mit einem feinen Zerstäuber, gerade wenn man erkältet ist, erklärt Marzena Rypina, die TCM Ärztin vom Shuum Hotel. Das Einatmen des Aerosols, das kleinste Salzwassertröpfchen enthält, reichere sich im Nasen- oder Rachenraum oder auch in den Lungenbläschen an. Der Salzgehalt in der Luft löse den Schleim aus den Atemwegen und fördere die Atmung. Aufgrund der Ähnlichkeit der Zusammensetzung des Salzwassers zu der des menschlichen Blutes, kann der Körper das Meerwasser besonders gut aufnehmen. „Das Zusammenspiel von Wind, Sonne, von beachtlichen Temperaturschwankungen und Salz in der Luft regt das Immunsystem an und stärktt damit die Abwehrkräfte."
„Meerwasser wirkt beruhigend auf den Körper, lindert Stress, Schlaflosigkeit und Nervosität. Außerdem habe Salzwasser eine positive Wirkung auf Haut und Haare und auf die Verdauung, meint Marzena Rypina, die im Shuum eine breite Palette von diagnostischen Untersuchungen anbietet. „So finde ich die Ursache für Körperschwächen und den Verlust von Vitalität heraus." Als ihr kleiner Sohn sehr krank wurde, suchte sie anstelle von Antibiotika nach alternativen Heilmethoden. Sie studierte westliche Heilkunde und verband diese mit östlicher Kräutermedizin. Die in Kolberg geborene Ärztin schwört auf das natürliche Reizklima in der Region. Viele Sonnentage und ein stetiger Wind seien für das Wetter typisch. Die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen in den Bereichen von Dünen, Wald und Brandung setzen die Selbstreinigungskräfte des Körpers in Gang.
Nicht nur für die Atemwege wirkt die Seeluft befreiend. Ebenso profitieren Allergiker von der frischen Brise aufgrund der geringen Konzentration von Pollen und Schadstoffen in der Luft. Empfindliche Haut kann sich entspannen und beruhigen. Der Wind kühlt die Haut, und durch die heilende Meeresluft und das Salzwasser wird der Juckreiz gemindert. Salz wirkt auf der Haut entzündungshemmend, löst Schuppen. Besonders für Menschen, die an Neurodermitis oder Schuppenflechten leiden, ist ein Aufenthalt an der Ostsee empfehlenswert. Die UV-Strahlung der Sonne schüttet körpereigenes Kortisol aus, das eine entzündungslindernde Wirkung hat.
Zu den berühmtesten Kurorten an der Ostsee in Polen zählt seit 1824 auch Swinemünde (Świnoujście). Die Stadt erstreckt sich über 44 Inseln, unter anderen Wollin, Usedom und Karsibor. Durch die geschützte Lage Swinemündes ist es hier nicht nur windstill, auch die Wassertemperaturen sind durchschnittlich höher als in anderen polnischen Abschnitten der Ostsee. Nicht grundlos nannte man Swinemünde früher die „Badewanne Berlins". In vielen der weißen, modernisierten Villen an der Promenade und in den neuen, modernen Häusern herrscht ein reger Kurbetrieb. Die meisten Häuser sind zertifizierte Kur- und Wellnesshotels. Die Grundlage der meisten Gesundheitsangebote sind auch hier die ortsgebundenen Heilmittel und die natürlichen. „Wir haben einen breiten Strand und wärmstes Wasser um die 23 Grad. Die saubere, jodhaltige Ostseeluft, das milde Seeklima, die Solequellen gewährleisten Kurerfolge zu jeder Jahreszeit. Unsere Kurhäuser bieten Behandlungen mit Solewasser an, Bäder, Spülungen, Inhalationen, Einreibungen, Umschläge und Trinkkuren", sagt Agnieszka Sielicka, die Leiterin der Swinemünder Heilbäder. Der Kurbetrieb bestehe seit 65 Jahren. Viele unserer Gäste reisen aus Deutschland an. Agnieszka Sielicka empfiehlt ihnen, in Deutschland beim Hausarzt einen Antrag auf Bezuschussung der Kur zu stellen. Da Polen zum EU-Ausland gehört, sind viele Krankenkassen bereit, die Kosten zu erstatten. Als gesetzlich Krankenversicherter könne man alle drei Jahre eine ambulante Vorsorgekur beantragen. Swinemünde als Kurort eigne sich vor allem für Kurgäste mit Hautkrankheiten, Herz-Kreislaufproblemen, Atemwegserkrankungen, Erkrankungen des Verdauungssystems, bei Erkrankungen des Bewegungsapparates. rheumatischen Beschwerden, Stoffwechselstörungen, Schilddrüsenunterfunktion, Arthrose, Stress- und Erschöpfungssymptomen. Abgeraten wird bei Niereninsuffizienz, psychischen Erkrankungen und offenen Wunden.
Besonders in der Nebensaison von März bis Oktober ist die Luft am reinsten
Besonders in der Nebensaison von März bis Oktober, sei die Seeluft am reinsten. Zwei Jahre lang soll die gesundheitliche Wirkung eines Urlaubes oder einer Kur im Reizklima an der Ostsee anhalten. „Und die Luft wirke auf den ganzen Körper, auf den gesamten Organismus. Viele Menschen brauchten oft gar keine Behandlung, sondern lediglich ausgiebige Spaziergänge entlang des Meeres oder in den Parkanlangen. Am besten mindestens 30 Minuten und über mehrere Tage hinweg" meint Marzena Rypina mit einem leichten Augenzwinkern.