Wenn Parteien zur Ostereisuche einladen, ist der nächste Wahltag in Sichtweite. Die Kommunal- und Direktwahlen machen den Wahltag fast zu einer „kleinen Landtagswahl“. Eine Stadt wartet dabei mit einem ganz besonderen Wahlumfeld auf.
Mit dem Plakatieren dauert es noch, aber der Tonfall ist an der einen oder anderen Stelle etzt ganz auf Wahlkampfmodus ausgerichtet. Anfang Juni geht es schließlich um einiges. Beim großen Wahltag (9. Juni) werden nicht nur die Räte in Kreisen, Städten, Gemeinden und Orten neu gewählt. Zugleich stehen viele Direktwahlen für Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister an. Alleine schon wegen dieser umfassenden Wahlen wird denen natürlich auch übergeordnete Aussagekraft zugemessen – auch wenn es zunächst mal im Grunde eigentlich vor allem um die Belange vor Ort geht. Im überschaubaren Saarland sind Landes- und Kommunalpolitik sehr viel enger verzahnt als in größeren Ländern. Das gilt für inhaltliche Fragen, wie etwa die jüngsten Diskussionen um Landesentwicklungsplan oder Klimaschutzgesetz zeigen, es gilt aber auch für die personelle Seite.
Homburger OB-Wahl unter ziemlich einzigartigen Vorzeichen
Die meisten landespolitischen Akteure kommen aus der Kommunalpolitik, sind dort auch nach wie vor aktiv und verankert. In Saarlouis beispielsweise konkurrieren gleich zwei Landtagsabgeordnete um das Oberbürgermeisteramt.
Gute Gründe also, in den Kommunalwahlen so etwas wie eine „kleine Landtagswahl“ zu sehen. Folglich wird bis dahin noch viel von Standortbestimmungen für die Parteien die Rede sein, von Zwischenzeugnissen und ähnlichen Vergleichen. Die drängen sich auch tatsächlich auf. Es ist fast Halbzeit der Legislaturperiode. Ende April ist die SPD-Alleinregierung zwei Jahre im Amt, die CDU rackert sich in der Opposition ab. Für nicht wenige in der CDU immer noch eine Rolle, an die man sich nicht so recht gewöhnen will.
In den großen Fragen des Landes gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden großen Volksparteien, die es hierzulande noch gibt, und oft auch mit den kleineren Parteien. Ganz ähnlich sieht es auch in den allermeisten Fällen in den Kommunen aus. Die Programme der Parteien und Bewerberinnen und Bewerber unterscheiden sich in der Regel in den zentralen Fragen nicht allzu sehr. Den Unterschied machen oft nur bestimmte Akzentuierungen. Wenig verwunderlich, denn vor Ort ist jedem klar, was die großen – und die kleineren – Herausforderungen sind. Den Unterschied macht dann oft nur das Wie und der Weg zur Umsetzung notwendiger Projekte, und in dem dann noch Wünschenswerten. Und letztlich entscheidet gerade bei den Direktwahlen natürlich die Person – und der Stil.
Nicht weniger als 21 Direktwahlen stehen am 9. Juni an. In einer ganzen Reihe davon werden sich Amtsinhaber, die wieder antreten, auf einen Amtsbonus stützen können – Überraschungen natürlich nicht ausgeschlossen. Bei anderen ist klar, dass es neue Gesichter geben wird, weil Amtsinhaber, in der Regel aus Altersgründen, nicht mehr antreten. Das macht die Wahl naturgemäß offener und spannender.
In einem Fall kommen aber noch einige zusätzliche Umstände dazu, Besonderheiten, die den Wahlen durchaus so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal verleihen. In Homburg kommt diesmal nämlich einiges zusammen. Dass ein neuer Landrat gewählt werden muss, ist dabei noch relativ unspektakulär, trotzdem spannend: Landrat Theophil Gallo (SPD) geht nach zehn Jahren Amtszeit in den Ruhestand. Um seine Nachfolge kämpfen als aussichtsreichste Bewerber Klaus-Ludwig Fess (CDU) und Frank John (SPD). Klaus-Ludwig Fess dürfte vielen bekannt sein aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Präsident des Bundes Deutscher Karneval. Die CDU erhofft sich mit dieser Kandidatur natürlich, der SPD diesen Landkreis abringen zu können. Der SPD- Kandidat Frank John, Bürgermeister von Kirkel, ist in der Kommunalpolitik eine bekannte und ebenso profilierte Größe.
Richtig spannend wird die Wahl in der Kreisstadt Homburg selbst. Die quält sich seit Jahren durch eine Situation, die eine gewisse Einmaligkeit beanspruchen kann, was die Entwicklung der letzten Tage noch unterstreicht.
Rüdiger Schneidewind wurde wegen der sogenannten Detektivaffäre vor über vier Jahren vom Dienst als Oberbürgermeister suspendiert, ein Abwahlverfahren scheiterte allerdings, weil sich nicht genügend Wahlberechtigte beteiligten. Ein Urteil gegen Schneidewind wegen Untreue ist inzwischen nach langem Marsch durch die juristischen Institutionen rechtskräftig. Die neueste und kuriose Wendung in diesem Fall: Vor wenigen Tagen fand ein Antrag auf Versetzung in den Ruhestand, den Schneidewind selbst gestellt hat, keine Mehrheit im Stadtrat. Will Schneidewind seine Pensionsansprüche nicht verlieren, muss er als suspendierte Oberbürgermeister tatsächlich am 9, Juni zur Direktwahl antreten. Ob das die letzte schillernde Wendung der Homburger kommunalpolitischen Geschichte ist, ist aber noch nicht ausgemacht. Klar ist nur: Wer auch immer die Wahl gewinnt, hat erst einmal einiges an kommunalpolitischem Scherbenhaufen vor sich. Dabei hat der Industriestandort Homburg mit Bosch, Michelin und anderen, die in jüngster Zeit wenig erfreuliche Schlagzeilen machten, genügend Herausforderungen vor sich.
21 Direktwahlen für Rathäuser, Landratsämter und Saarbrücker Schloss
Derart außergewöhnliche Ausgangslagen haben andere Kommunen für ihre Wahlkämpfe nicht zu bieten. Traurig ist darüber niemand, schließlich sind die Herausforderungen an allen Ecken des Landes auch so schon groß genug.
In Saarlouis ist das Thema Ford schon lange das beherrschende Thema auch in der Kommunalpolitik, wenn auch nicht das einzige. Dort muss der Chefsessel im Rathaus ebenfalls neu besetzt werden, weil Amtsinhaber Peter Demmer (SPD) aus Altersgründen nicht mehr antritt. Um seine Naschfolge als Oberbürgermeister kämpfen aussichtsreich vor allem zwei Landtagsabgeordnete: Marc Speicher (CDU) und Florian Schäfer (SPD).
Die dritte Oberbürgermeisterwahl findet in Völklingen statt. Die Mittelstadt leidet bekanntlich nach wie vor unter den tiefgreifenden Veränderungen, für die das Weltkulturerbe Alte Völklinger Hütte steht. Das ist zwar ein Touristenmagnet, an den strukturellen Herausforderungen der Stadt hat das aber wenig geändert. Dort tritt Amtsinhaberin Christiane Blatt (SPD) erneut an. Sie ist seit 2018 Oberbürgermeisterin. Für die CDU will Christof Sellen den Sprung an die Rathausspitze schaffen. Außerdem bewirbt sich Stephan Tautz von der Vereinigung „Wir Bürger Völklingen“. Tautz ist Ortsvorsteher von Völklingen, hat es als Parteiloser bei der letzten Direktwahl 2017 in die Stichwahl geschafft und war Christiane Blatt nur knapp (mit 49 Prozent) unterlegen.
In Sachen Landratswahlen wird neben Homburg auch in St. Wendel und Neunkirchen gewählt. Dort treten jeweils die Amtsinhaber (Udo Recktenwald, CDU, sowie Sören Meng (SPD) wieder an.
Spannend wird es in Saarbrücken. Dort wird eine Nachfolge für Peter Gillo (SPD) gesucht, der aus Altersgründen als Regionalverbandsdirektor aufhört. Für die SPD will Carolin Lehberger, derzeit Leiterin der VHS, die Nachfolge von Parteifreund Gillo antreten, für die CDU will es Ralph Schmidt erneut versuchen. Der Geschäftsführer der ARGE Solar und CDU-Kreischef hatte bereits beim letzten Mal kandidiert.
Mehr zu diesen Wahlen in weiteren Ausgaben FORUM Saarland Spezial vor dem großen Wahltag am 9. Juni, an dem übrigens auch einige Bürgermeister-Direktwahlen stattfinden, unter anderem in den Städten St. Wendel, Dillingen und Wadern. Viel Arbeit für die Wahlleitungen und vor allem auch die vielen ehrenamtlichen Wahlhelferinnen und -helfer, die mit dazu beitragen, dass es hierzulande echte, freie und korrekte Wahlen gibt. Was, wie die Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit wieder eindrücklich zeigen, alles andere als eine pure Selbstverständlichkeit ist.