Einmotten war gestern: Immer mehr Menschen wollen auch in der kalten Jahreszeit ihr E-Bike nutzen. Zwar gibt es einiges zu beachten – doch der Aufwand lohnt.
Ob man während des Indian Summers durch einen leuchtend-bunten Wald radelt oder durch verschneite Wiesen und Berge – Radtouren im Herbst und Winter haben ihren besonderen Reiz. Auch immer mehr E-Biker möchten sich den Spaß und die Erfüllung, die solche Trips bringen, nicht entgehen lassen. Gut einpacken, ab in die Kälte und danach wieder in die hoffentlich warme (in diesen Zeiten vielleicht um ein paar Grad herunter geregelte) Stube. Das sind doch mal Aussichten.
Auch Fahrradpendler, die vor den Verhältnissen da draußen nicht zurückschrecken, sind längst nicht mehr die Exoten und Fahrradspinner, als die sie vor einigen Jahren noch abgestempelt wurden. Mit dem Bike zur Arbeit, das kann vor allem bei widrigem Wetter, wenn die Menschen ins Auto flüchten und Einfallstraßen hoffnungslos verstopft sind, Zeit sparen und Nerven schonen. Doch zu beachten gilt: Vorkehrungen für die kältere Jahreszeit sind ratsam.
Warm ums Herz – den Akku schützen
Warm halten – das tut nicht nur dem eigenen Körper gut, sondern auch dem Antriebs-Akku, dem technischen Herz des Pedelecs. In der Praxis heißt das: Die Batterie bei Zimmertemperatur lagern, erst kurz vor der Fahrt einsetzen und niemals bei Minusgraden aufladen oder lagern. Dies verkürzt die Lebensdauer. Hersteller geben diese bei guter Handhabung mit 500 bis 1.000 vollen Ladezyklen an, die sich auch aus Teilladungen zusammensetzen können. Das entspricht rund drei bis fünf Jahren oder einer Gesamtstrecke von 25.000 bis 100.000 Kilometern.
Muss das E-Bike warten, zum Beispiel während einer längeren Pause im Café draußen am verschneiten Geländer, sollte der Akku mit ins Warme. Aber Achtung: Während das Heißgetränk uns Radlern schon direkt eine Wohltat ist, muss die Antriebsbatterie auf ihren Saft noch warten. Eine Viertelstunde sollte sie sich auf Zimmertemperatur aufwärmen. Ist der Stromspeicher zu kalt, lässt er sich nicht vollständig laden. Der plötzliche Temperaturwechsel begünstigt zudem Kondenswasser, das in der Elektronik Schäden anrichten kann.
Grundsätzlich aber sind moderne Pedelec-Akkus auf Kälte ausgelegt. Im Betrieb erzeugen sie Eigenwärme, sodass niedrige Außentemperaturen ihnen während der Tour nicht schaden. Allerdings steigt der Stromverbrauch – gegenüber einer effizienten Frühsommerfahrt manchmal um das Doppelte. Der technische Grund: Bei niedrigen Temperaturen erhöht sich der elektrische Widerstand, was die Leistungsfähigkeit einschränkt. Das bedeutet: An den Akkuzellen wird mehr Energie in Wärme umgewandelt, die dem Motor fehlt.
Selbst im Stand entlädt sich der Akku bei Kälte recht schnell. Das Ladegerät gehört also auch bei kürzeren Distanzen ins Gepäck. Der Stromverlust lässt sich mit Thermoschutzhüllen ein wenig mindern, die es passend für viele gängige Akkus gibt. Auch vor Streusalz und Schnee sind die Stromspeicher damit geschützt. Kontakte an E-Bike und Akku befreit man regelmäßig mit einem Tuch von Feuchtigkeit und Streusalz.
Wintergummi und weniger Druck – der richtige Reifen
Am Auto sind sie Pflicht, am Fahrrad eine Option, aber was für eine: Denn Winterreifen fürs Bike gibt es mit Spikes, die bei Pkw in Deutschland verboten sind. Vorteile versprechen sie vor allem auf Eis und festen Schneedecken, wo die kleinen Metallstifte mehr Grip bieten. Beim Schmuddelwetter eines typischen deutschen Winters ist der Sinn einer Anschaffung aber fraglich, weil Spikes auf eisfreien Straßen mehr Rollwiderstand haben und auf blankem Asphalt während der Fahrt beständig klackern.
Und teuer sind sie außerdem: Qualitätsware für E-Bikes gibt es ab rund 50 Euro, doch auch 100 Euro kann man pro Pneu ausgeben. Grundsätzlich aber sollten E-Biker darauf achten, dass Pedelec-Reifen aufgezogen sind. Sie halten höheren Beschleunigungs- und Bremskräften bei elektrifizierten Velos besser stand. Man erkennt sie an Bezeichnungen wie „E-Bike Ready".
Eine Alternative sind Winterreifen ohne Spikes, die allein dank Lammellenprofil und spezieller Gummimischung, die auch bei Kälte weich und griffig bleibt, für besseren Halt sorgen – nur auf Eis rutschen sie weg wie jeder andere Reifen auch. Wer sich den saisonalen Reifenwechsel sparen möchte, kann zu Ganzjahresreifen greifen, die für leichtes Abrollen meist einen durchgehenden Mittelsteg und seitlich gröbere Stollen aufweisen.
Für die grimmige Jahreszeit gewappnete Reifen haben oft einen verbesserten Pannenschutz, damit zum Beispiel auch kein sich langsam ins Gummi bohrender Rollsplitt dem Pneu die Luft raubt. Davon etwas abzulassen, ist übrigens die kostengünstigste Maßnahme für mehr Grip: Denn wer den Reifendruck auf das an der Flanke angegebene Minimum reduziert, vergrößert die Auflagefläche und Griffigkeit des Profils.
Ideale Wintervehikel, die sich auch auf verschneiten Pisten gut bewegen lassen, sind übrigens die etwas aus der Mode gekommenen Fat-Bikes: Sie rollen auf manchmal bis zu knapp 13 Zentimeter breiten Stollenreifen, die mit anschmiegsamem Niedrigluftdruck gefahren werden können und vor allem als E-Bikes im Winterwald großen Spaß versprechen. Für längere Touren und Alltagsanwendungen sind sie allerdings weniger geeignet.
Vorkehrungen im Kopf – Winterfahrtipps für E-Radler
Manche E-Biker neigen zu Vollgas. Einfach den „Turbo"-Modus antippen und mit höchster Unterstützung loscruisen. Abgesehen davon, dass somit auf Tour wertvolle Reichweite verlustig geht, ist dieser Fahrstil in Herbst und Winter aus weiteren Gründen kaum ratsam. Denn wenn der Untergrund glatt ist – ob durch Eis und Schnee oder herbstliches Laub auf dem Radweg – sollte man es langsam angehen lassen.
Also: In der niedrigsten Unterstützungsstufe behutsam anfahren, in Kurven aufpassen und dort schon gar nicht bremsen. Denn bei Seitenneigung tendieren E-Bikes allein aufgrund des Mehrgewichts stärker zum Wegrutschen als normale Fahrräder. Einen Sturz begünstigt zusätzlich die manchmal plötzlich oder beim Anfahren zeitversetzt einsetzende Motorkraft. Insbesondere bei Pedelecs mit Frontnabenmotor droht Traktionsverlust in Kurven. Wer sich unsicher ist, kann bei Schnee Proberunden einlegen, bevor es auf längere Fahrt geht – zum Beispiel in verkehrsberuhigten Bereichen.
Die Sitzhöhe etwas abzusenken, wenn Rutschgefahr besteht, kann ebenfalls vor Schlimmerem bewahren. So hat man in Notsituationen schneller die Fußsohlen auf dem Boden. Doch wer lange Wintertouren macht oder kilometerweit pendelt, riskiert damit auf Dauer Knieprobleme.
Auch das Bremsen sollte angepasst werden: In Kurven vermeidet man es am besten ganz; und anders als auf sommerlich trockener Fahrbahn ist die Hinterradbremse ansonsten die erste Wahl. Denn rutscht beim Bremsen das Heck weg, lässt sich das Bike immer noch besser abfangen, als wenn das Vorderrad flöten geht. Grundsätzlich gilt: vor allem bei Eis und Schnee das Fahrrad nach Möglichkeit ausrollen lassen, statt die Bremshebel zu ziehen.
Auch dem Akku tut fahrerische Achtsamkeit gut: Wer es die ersten 20 Minuten mit wenig Motorunterstützung gemächlich angehen lässt, sorgt dafür, dass sich der Stromspeicher an die Kälte gewöhnt. Eine Win-win-Situation – denn so muss der Radler oder die Radlerin mehr Beinkraft beisteuern und kommt schneller auf Betriebstemperatur. Ein gutes Mittel gegen das Frieren im Sattel.
Doch eine Winterpause? Das Bike richtig einlagern
Den Winter über eine Radlerpause einzulegen, ist natürlich legitim – auch wenn man die beschauliche Atmosphäre an manchem Wegepunkt verpasst, der zur Hochsaison überlaufen ist: ein nun einsamer Flussstrand, ein verlassener Aussichtspunkt oder auch leere Radwege in die City.
Wer sein E-Bike einmottet, lagert den Akku vor Staub und direkter Sonne geschützt idealerweise bei zehn bis 15 Grad und achtet darauf, dass er während der Inaktivität einen Ladestand von 20 bis 80 Prozent hält. Gegebenenfalls alle zwei Monate nachladen sollte genügen. Wer zwischenzeitlich das Ladegerät einstöpselt, muss auch ans Ausstöpseln denken. Denn selbst bei modernen Lithium-Ionen-Akkus ist die grundsätzliche Brandgefahr nicht gänzlich gebannt. Geladen und gelagert wird der Stromspeicher deshalb fernab von entflammbarem Material. Manche E-Bike-Batterien können in einen Schlafmodus versetzt werden, der bis zu sechs Monate langes Einlagern ohne Nachladen erlaubt.
Für die Akku-Rahmenaussparung am Bike gibt es ebenfalls Abdeckungen, die die blanken Kontakte der Akku-Aufnahme schützen. Ist die Batterie fest verbaut, parkt das E-Bike ebenfalls am besten dort, wo es trocken und nicht zu kalt ist – im Keller oder in einer Garage. Um auch die Reifen zu schonen, achtet man auf strammen Luftdruck oder hängt das Rad idealerweise an Wandhaken oder sonstwie auf. So werden die Reifenflanken geschont, bei den teureren E-Bike-Pneus umso lohnenswerter.
Holt man das E-Velo im Frühjahr wieder aus dem Winterschlaf, macht es sich natürlich am besten, wenn es nicht gerade von der letzten Ausfahrt im Vorjahr vor Dreck starrt. Ein herbstlicher E-Bike-Putz ist also von Vorteil.
Dazu entnimmt man, falls möglich, Display und Akku, entfernt groben Dreck mit einer Bürste und Wasser, anschließend lässt man Seifenlauge oder verdünntes Spülmittel auf hartnäckigeren Schmutz einwirken, wäscht alles ab und wischt den Rahmen trocken. Das Geld für teures E-Bike-Shampoo kann man sich sparen. Finger weg von Hochdruckreinigern: Mit ihnen dringt das Wasser bis in die letzte Ritze, die Elektronik könnte Schaden nehmen. Den Akku selbst darf man ruhig feucht abwischen, nur vor dem Wiedereinsetzen müssen die Kontakte trocken sein, sonst droht ein Kurzschluss.
Kann das Pedelec nicht trocken eingelagert werden, empfiehlt sich Rostschutzmittel für gefährdete Stellen wie Speichen, Schrauben oder Ketten; elektronische Bauteile sollte man natürlich aussparen. Damit auch im Frühjahr noch alles gut funktioniert – falls man nicht ohnehin über die kalte Jahreszeit hinweg im Sattel geblieben ist.