Nie wieder Werkstätten abtelefonieren: Mit diesem Versprechen werben Online-Vergleichsportale um Kunden. Das ist bequem, kann aber unschön enden, wenn man nicht aufs Kleingedruckte schaut.
Mal ehrlich: Diese Telefoniererei ist ätzend! Wer eine Reparatur in Auftrag geben möchte, hat meist keine andere Wahl, als verschiedene Werkstätten anzurufen. Wie teuer ist der Austausch der Bremsscheiben? Was kostet eine Inspektion? Wie viel wird für den Ölwechsel fällig? So kommt es, dass selbst kleine Serviceleistungen ein gewisses Organisationstalent erfordern besonders dann, wenn man keine Stammwerkstatt hat. Die Alternative ist auch nicht unbedingt besser: den erstbesten Betrieb ansteuern und darauf hoffen, dass sich das Angebot einigermaßen im Rahmen bewegt.
Wer haftet bei Reklamationen?
All das wollen Online-Vergleichsportale ändern zumindest versprechen sie es. Die Prozedur läuft so: In eine Eingabemaske gibt ein Kunde genau ein, welches Bauteil repariert oder ausgetauscht werden soll. Ergänzt wird die Anfrage durch Daten zum eigenen Auto: Marke, Modell, Motorisierung, Kilometerstand. Danach spuckt der Computer eine Liste mit Betrieben in der Umgebung aus, die die entsprechende Dienstleistung anbieten. Und zwar zum Festpreis. So lassen sich Angebote bequem von zu Hause aus vergleichen, ohne dass man zig verschiedene Werkstätten anrufen oder gar ansteuern muss.
Auf dem Markt gibt es mehrere solcher Portale. Das größte heißt "Fairgarage" und existiert bereits seit 2011. Unter dem Dach der Deutschen Automobil Treuhand GmbH (DAT) sind bundesweit 16.000 Werkstätten gelistet, die bei Anfragen einbezogen werden. Viele davon werden bei einer konkreten Frage jedoch nur tabellarisch angezeigt, ohne dass ein Festpreis genannt wird. Der Kunde muss also doch wieder zum Telefon greifen. Bei "autoreparaturen.de" wird die Buchung konkreter. Dort müssen Kunden ihre Kontaktdaten hinterlassen, damit ihnen passende Angebote per E-Mail oder SMS zugeschickt werden können ebenfalls zum Festpreis.
Das Vergleichsportal "Caroobi" kombiniert beide Elemente. Hier können bestimmte Leistungen etwa Bremsenwechsel oder Scheibentönung direkt online gebucht werden. Bei kniffligeren Anfragen nimmt ein Mitarbeiter telefonisch den Auftrag entgegen, woraufhin der Kunde ebenfalls ein Festpreis-Angebot erhält. Dafür arbeitet "Caroobi" nach eigenen Angaben mit 400 Meisterbetrieben in Deutschland zusammen. Den Vorteil der Onlinebuchung sieht Caroobi-Gründer Mark Michl in der Verbindlichkeit. "Wenn Kunden in einer Werkstatt anrufen, sollen sie immer erst mal vorbeikommen", sagt Michl. "Ist man dann einmal dort, wird einem vieles erzählt." Ganz anders bei einem zuvor vereinbarten Festpreis: Ist eine bestimmte Leistung einmal gebucht, werde daran nicht mehr gerüttelt. Ein Schutz gegen Abzocke also. Andererseits kann natürlich auch eine Onlinebuchung mit Ärger verbunden sein. Zum Beispiel, wenn der Kunde den eigenen Schaden falsch eingeschätzt hat. Oder wenn sich vor Ort zeigt, dass eigentlich ein anderes Teil ausgetauscht werden müsste. Gilt dann noch der Festpreis? Oder darf der Monteur einen Aufschlag verlangen? Michl hält solche Szenarien für Gedankenspiele. Er sagt aber auch: "Der Festpreis gilt für ein spezifisches Schadensbild. Unser Angebot besagt nicht, dass wir das Auto insgesamt in einen Top-Zustand versetzen."
Ist Ärger bei Onlinebuchungen also unvermeidlich? Gerade bei Kunden, die sich nicht so gut mit ihrem Fahrzeug auskennen? Die großen Automobilclubs können dazu noch keine genauen Angaben machen. Weder der ADAC noch der VCD haben nach eigenen Angaben ausreichend Rückmeldungen ihrer Mitglieder erhalten, um eine valide Aussage zu treffen. Herbert Engelmohr, Sprecher des Automobilclubs von Deutschland (AvD), hält über das Internet vereinbarte Festpreise in bestimmten Situationen für sinnvoll. "Bei Standard-Inspektionen oder -Reparaturen kann man da eigentlich nicht viel machen", sagt Engelmohr. Nur auf den Preis zu schauen, hält er allerdings für falsch. "Der sagt über die Qualität einer Werkstatt nichts aus. Man will ja auch ein gutes Gefühl haben."
Bei Streitigkeiten mit Werkstätten können sich Kunden im Normalfall an die Schiedsstelle der Kfz-Innungen wenden. Die Rechtslage bei Onlinebuchungen ist dagegen weniger klar. "Man muss darauf achten, mit wem genau der Vertrag geschlossen wird", sagt Carolin Semmler, Rechtsanwältin bei der Verbraucherzentrale NRW. Denn: "Wenn etwas schiefgeht, kann man sich nur an den Vertragspartner wenden." Wer in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen schaut, findet durchaus Unterschiede. So agieren "Fairgarage" und "autoreparaturen.de" lediglich als Vermittler. Bei "Caroobi" hingegen kommt der (Werk-)Vertrag direkt zwischen dem Kunden und dem Onlineportal zustande ein Unterschied, wie es ihn auch bei Mietwagen-Portalen gibt.
Bereitschaft der Kunden nimmt zu
Generell rät die Juristin dazu, immer erst mehrere Angebote zu vergleichen, egal ob online oder offline. "Ich würde nicht gleich zur nächsten Werkstatt rennen", sagt Semmler, "sondern mir mehrere Kostenvoranschläge geben lassen." Ob bei Onlineportalen die Vor- oder Nachteile überwiegen, kann die Verbraucherschützerin derzeit noch nicht sagen. "Wir haben uns dazu noch nicht positioniert, weil das Thema bei uns bislang keine große Rolle spielt. Ein Massenphänomen scheint es aktuell jedenfalls nicht zu sein."
Die DAT, die auch das Internetportal "Fairgarage" betreibt, stellt zumindest eine größere Offenheit gegenüber Onlinebuchungen fest. So habe die Bereitschaft der Kunden, Werkstatt-Aufträge online zu buchen, im Jahre 2016 bei 28 Prozent (für Wartung und Service) beziehungsweise 22 Prozent (für Reparaturen) gelegen. Im Jahr zuvor waren es noch 19 beziehungsweise 15 Prozent.
Ulrich Köster vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) gibt sich zurückhaltend, was Internet-Werkstätten angeht. "Der klassische Weg ist bei Kunden immer noch der bevorzugteste", sagt Köster. "Aber die Bereitschaft zur Onlinebuchung nimmt zu." Für Werkstätten sei dieser Kanal eine gute Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen. Andererseits gebe es bei Reparaturen zum Festpreis immer Unwägbarkeiten. "Bevor man ein Auto in Augenschein genommen hat, lässt sich kaum sagen, wie teuer es wird. Da sind Konflikte programmiert."