Seit fast 30 Jahren führen Olaf und Christiane Bank ihr Restaurant „Zum Blauen Fuchs" in Oberthal. Mit ihrer anspruchsvollen Küche haben sie sich einen Ruf weit über die Grenzen des Ortes hinaus erarbeitet. Gäste kommen von überall her, um ihre Küche zu genießen.
In den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts vollzog sich ein Wandel in der deutschen Küche. Galt bis dahin die deutsche Hausmannskost als das Maß aller Dinge, vollzog sich in dieser Zeit ein radikaler Wandel. Bis dahin galt in der Küche die Maxime, eine ausgehungerte Nation im Nachkriegsdeutschland zu sättigen. Ich erinnere mich noch sehr gut an Familienfeiern in bürgerlichen Gasthäusern. Für mich war das immer eine Tortur, denn es wurde vor allem viel gegessen. Es gab mindestens dreierlei Fleisch und viel Gemüsesorten aus der Konserve. Selbstverständlich wurden dazu nicht nur Klöße oder Nudeln gereicht. Zwar gab es die auch, doch stets standen auch Pommes frites und Reis auf dem Tisch. Nach dem Wirtschaftswunder in den 60er-Jahren herrschte in Deutschland der Zeitgeist des „Wir-sind-wieder-wer" vor.
Auch wenn italienische Restaurants in der Republik mittlerweile Fuß gefasst hatten, waren Einflüsse fremder Kochkulturen eher gering. So hatten diese also nur geringen Einfluss auf die Kochphilosophie hierzulande.
Das sollte sich ändern, als 1977 die deutsche Übersetzung eines Buchs von Paul Bocuse in den Handel kam. Der Titel des französischen Originals hieß „La cuisine du marché". Bald schon sprachen die Influencer in den deutschen Fachmedien von der Nouvelle Cuisine, der neuen Küche. Bocuse plädierte in seinem Standardwerk für eine Küche der Jahreszeiten, für frische Zubereitung und dafür, das Gemüse nicht zu Matsch zu kochen. Ich verbrachte 1980 mit sechs Freunden den Urlaub in der Bretagne. In der Küche lag das Buch von Maître Bocuse, und wir kochten in diesem Urlaub die einfachen Rezepte des Meisters. Danach war alles anders als vorher. Soßen etwa waren ein ganz anderes Geschmackserlebnis als die braunen Tunken in deutschen Wirtshäusern. Eine Idee war geboren, und deren Verbreitung war nicht mehr aufzuhalten.
Wir suchten in dieser Zeit auch verstärkt die Restaurants auf, die nach den Prinzipien des Meisterkochs kochten. Ende der 80er-Jahre war ich mit Arbeitskollegen auf einer Weiterbildung in Steinberg-Deckenhardt, einem kleinen Dorf, in dem Christiane und Olaf Bank das Restaurant „Zum Blauen Fuchs" betreiben. Es liegt nur ein paar Kilometer vom Bostalsee entfernt und gehört zur Gemeinde Oberthal. Ein Kollege erzählte mir davon, und so beschlossen wir, da mal vorbeizuschauen.
Langsamer, aber doch stetiger Wandel
Olaf Bank stammt aus der Nähe von Idar-Oberstein, seine Frau Christiane ist aus Steinberg-Deckenhardt. Christiane machte im Schlossberghotel in Homburg eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. Ein Jahr arbeitete sie dort als Hausdame. Dann begab sie sich auf Rundreise durch Deutschland. In Berlin hängte sie eine Ausbildung in Betriebswirtschaft auf einer Hotelfachschule dran, ebenso wie ihr Mann Olaf. Dort lernten sich die beiden kennen. Olaf Bank lernte 1973 bei Roland Burtsche im Freiburger „Colombi Hotel". Weitere Stationen in Berlin waren das „Hotel Berlin", das „Hilton", das „Interconti" und der „Alte Dorfkrug". Olaf Bank erzählt mir von der Anfangszeit in dieser ehemaligen Dorfwirtschaft: „1984 stiegen wir hier ein, es war die Wirtschaft meiner Schwiegereltern. Es gab anfangs ein paar kleine Essen. Ich kochte dann immer mehr nach meinen Vorstellungen, was bei den Gästen gut ankam. Sie fragten nach diesen Eigenkreationen. 1989 ging es dann richtig los, da die ersten Fachmagazine auf uns aufmerksam wurden. So begann unsere Entwicklung."
Bis heute ist das Haus in zwei Räume unterteilt. Wenn Sie den „Blauen Fuchs" betreten, stehen sie gleich vor einer Theke. Rechts oben an der Wand hängen die Bilder von Banks Schwiegereltern, die dieses Haus eröffneten. Rechter Hand geht es in den Speiseraum, manche sagen auch ins Wohnzimmer. Das heimelige und elegante Landgasthaus verfügt über 24 Plätze für Restaurantgäste und 42 Plätze für geschlossene Gesellschaften.
In diesem schnuckeligen kleinen Gastraum steht an der Stirnseite ein Kamin. Es sind nur ein paar Tische. Am Tag unseres Besuchs waren sechs Tische reserviert. Fünf Tische waren von Stammgästen besetzt, an einem Tisch saßen vier Niederländer. Diese machten wohl Urlaub am Bostalsee. Der Ort hat keinerlei Standortnachteil, wie mir Olaf Bank auch bestätigte: „Eigentlich sind wir hier am Arsch der Welt, doch mit Blick auf das Dreiländereck sind wir fast schon wieder im Zentrum. Es sind fünf Kilometer bis zur Autobahn. Wir haben heute Gäste aus Luxemburg und Zweibrücken. Zu uns kamen aber auch schon Feinschmecker aus Genf, Frankfurt oder Berlin. Die Gäste kommen der Küchenleistung wegen."
Ich sehe an den Tischen nur zufriedene Gäste, höre den einen oder anderen wohlwollenden Kommentar. Auch wir freuen uns über jeden Gang, der uns hier serviert wird. Sei es Kabeljaufilet mit warmem Dinkelsalat oder Zanderfilet mit Hokkaidokürbis-Creme und Pfifferlingen, Lachstatar mit Melonen-Carpaccio und Wildkräutern, Gänsestopfleber, Kaninchenrücken, Rote Bete und Orangensoße, Kalbs-Entrecôte mit gratinierter Zucchini und Steinpilz-Gnocchi, Medaillon vom Hirschrücken mit Kartoffel-Gemüsestampf an scharfer Schokoladensoße und zum Abschluss Ragout von süßen Kirschen mit Sauerrahmeis oder Beerengrütze, Espuma und hausgemachtem Eis.
Kulinarische Fortbildung
Es war ein ganz außergewöhnliches Menü. Bank überzeugte voll umfänglich, und vor allem seine Visitenkarte werde ich nie vergessen.
Die Visitenkarte eines Kochs sind bekanntlich seine Soßen. Ich fragte ihn natürlich, wie man solch fantastische Soßen hinbekommt? Er hat dafür ein ganz einfaches Rezept: „Das Geheimnis ist das lange Einkochen. Etwa die Soße bei dem Kalbs-Entrecôte. Erst mache ich einen Kalbsjus, dieser wird dann weiter eingekocht." Auf meine Zwischenfrage, da sei doch auch eine etwas süßliche Komponente drin gewesen, antwortet er: „Das war der Johannisbeersaft." Wow, das war eine gute Soße! Also unbedingt mal probieren.
Schon bei meinem ersten Besuch gefiel mir in diesem Haus die Weinkarte ganz besonders. Das Ehepaar Bank liebt Weine. Oft fahren sie in ihrer Freizeit zu den Weingütern, um neue Tropfen zu probieren. Dabei liegt ihr Schwerpunkt eindeutig auf deutschen Weinen. Christiane Bank erklärt es mir: „Unsere Weinkarte ist stark deutschlastig. Dazu noch ein paar Positionen aus Frankreich und Italien. Gehen Sie mal nach Frankreich. Finden sie dort deutsche Weine auf der Karte? Selten. Wir denken, dass sind wir unserem Land schuldig." Die Hauptgebiete sind eindeutig Mosel und Pfalz. „Unsere Karte hat 130 Positionen", erklärt Christiane Bank. „Die Rieslinge vom Weinbaugebiet Mosel als auch die Rieslinge von der Saar haben es mir angetan. Haag, Adam, Julian Hardt sind zurzeit meine Präferenzen. Rotweine beziehen wir vor allem aus der Pfalz."
Dann unterhalten wir uns über Personalprobleme in der Gastronomie. Ich komme mit der Mitarbeiterin Lisa Johann ins Gespräch. Ihre Aussagen überraschen mich. Sie arbeitet seit 16 Jahren im Restaurant. Nicht immer, aber immer wieder gern. Mit 16 Jahren machte sie hier ihre erste Schicht. „Zuerst war ich in der Küche", erinnert sie sich, „nach acht Jahren ging ich dann in den Service. Seither mache ich Wechselschichten, also Küche und Service. Ich habe einen Master in BWL gemacht. Eigentlich arbeite ich im Marketing eines IT-Unternehmens. Ich mache das hier aus Spaß an der Arbeit. Der Chef möchte, dass wir alles probieren. Jeder muss die Kräuter kennen, es ist auch eine bestimmte Fortbildung für mich."
Dem kann ich mich nur anschließen: Ein Besuch im „Blauen Fuchs" ist für viele Menschen eine kulinarische Fortbildung …