38,5 Grad Celsius lautete der Spitzenwert für den Berliner Eiskeller im Bezirk Spandau. Im sächsisch-anhaltinischen Bernburg wurden sogar 39,2 Grad gemessen. Vielen Menschen war es zu heiß, viele Bauern mussten Ernteverluste verzeichnen. Andere wiederum frohlockten.
Speiseeis
Lange Schlangen vor den Eisdielen, Sonderschichten bei den Speiseeisherstellern, Engpässe bei Rohstoffen wie der Vanille – „Es ist ein wunderbarer Eis-Sommer", bringt Annalisa Carnio von der Union der italienischen Speiseeishersteller die Lage auf den Punkt. Und Ernst Kammerinke, Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie, ist überzeugt, dass die Deutschen auf jeden Fall in diesem Jahr mehr als die 113 Kugeln essen werden, die im vergangenen Jahr im Schnitt verzehrt wurden. In diesem Jahr ist vor allem Fruchteis gefragt, aber bei Matthias Münz, dem verrückten Münchner Eismacher, sind oft auch das Bier- oder das Weißwursteis ausverkauft. Während in Berlin in Prenzlauer Berg neben dem Latte-Macchiato-Eis Kreationen aus Basilikum, Sellerie und Tomaten am besten gehen, schleckt die Kundschaft insgesamt am liebsten immer noch Stracciatella-, Schokoladen- und Nusseis. Die Preise in den Eisdielen scheinen in diesem Jahr keine Obergrenze gekannt zu haben: An touristischen Brennpunkten in Berlin kostete eine Kugel bis zu 1,80 Euro, etwas abseits immer noch 1,20 bis 1,40 Euro. Ältere erinnern sich, dass es früher mal eine Kugel für 20 Pfennig gab. Zugegeben: Die Portionen sind größer geworden. Für die exorbitanten Preise sind wohl zuerst die horrend gestiegenen Mieten verantwortlich: Wer an einem Hotspot 8.000 Euro im Monat an den Vermieter zahlen muss, muss jede Menge Kugeln Eis verkaufen.
Bier
Mit dem Bierkonsum der Deutschen ging es in diesem Sommer wieder kräftig bergauf. Noch im vergangenen Jahr verzeichneten die Hersteller des beliebten Gerstensaftes den geringsten Absatz seit der Wiedervereinigung: Sie verkauften nur 93,5 Millionen Hektoliter. Doch das gute Sommerwetter und auch die (für Deutschland kurze) Fußball-Weltmeisterschaft kurbelten das Geschäft zuletzt wieder an: Bereits im ersten Halbjahr 2018 stieg der Absatz um 0,6 Prozent beziehungsweise 0,3 Millionen Hektoliter, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Damit haben die in Deutschland ansässigen Brauereien und Bierlager in den ersten sechs Monaten des Jahres rund 47,1 Millionen Hektoliter Bier abgesetzt. Gerade auch die alkoholfreien Sorten seien äußerst gefragt gewesen, teilt Marc-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund mit: „Wir blicken sehr optimistisch auf dieses Geschäftsjahr."
Interessant stellt sich auch die Preisentwicklung beim Lieblingsgetränk der Deutschen dar: Im Juni mussten Biertrinker laut Statistischem Bundesamt 4,1 Prozent mehr als im Vorjahresmonat für den Gerstensaft bezahlen. Einige große Brauereien hatten im Winter und Frühjahr die Preise erhöht – allerdings zum ersten Mal seit vier Jahren.
Obstbauern
Für die Obstbauern war die sommerliche Hitze nahezu ideal. Erdbeeren und Himbeeren kamen außergewöhnlich früh in den Handel. Auch Kirschen, Äpfel, Pflaumen und Mirabellen waren in diesem Jahr deutlich früher als üblich reif. Damit hatten die deutschen Anbieter gegenüber den Produzenten aus Südeuropa die Nase vorn.
Allerdings: Um beispielsweise die Äpfel vor zu viel Sonneneinstrahlung zu schützen und die Bäume zu kühlen, sodass sie auch im nächsten Jahr noch tragen, mussten die Obstbauern sie teilweise über Stunden mit Wasser berieseln. Ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.
Das Nachsehen in der Landwirtschaft hatten die Inhaber von Futterbau-, Milchvieh- oder Rinderhaltungsbetrieben, für die der Sommer existenzbedrohende Ausmaße annahm. Sie hatten große Schwierigkeiten mit dem Wachstum auf ihrem Grünland, sodass sie Futter teuer nachkaufen mussten.
Gastronomie
Natürlich konnte auch die Gastronomie von der Sommerhitze profitieren. Dies gilt zumindest dann, wenn der jeweilige Betrieb einen Außenbereich anbieten konnte, der für die Gäste einigermaßen erträgliche Temperaturen bot. War diese Voraussetzung gegeben, blieben die Besucher gerne auch mal länger und tranken mehr. Lokale ohne Außenbereich gingen dagegen oft leer aus. Dabei hatten vor allem Kneipen, die als einzige Frischluftzufuhr geöffnete Fenster zu bieten hatten, konsequent das Nachsehen.
Aber auch Gastronomiebetriebe, die einen großen Außenbereich für ihre Gäste bereithielten, waren vor ausbleibender Kundschaft nicht gefeit: Herrschten draußen Temperaturen von deutlich mehr als 30 Grad, wurde es auch für Terrassenbesitzer schwierig, denn dann gingen die potenziellen Kunden meist gar nicht mehr vor die Tür. Die Folge waren unter anderem auch in Berlin recht leere Biergärten, die sich erst zum Abklingen der Temperaturen langsam wieder füllten.
Wein
Die Traubenlese in Deutschland hat schon am 6. August begonnen – so früh wie nie zuvor. Im vergangenen Jahr startete die Lese am 16. August. Möglich machte es der lange und warme Sommer. „In diesem Jahr sind wir extrem früh dran", sagt Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstituts. „Der Entwicklungsstand der Reben ist dem 30-jährigen Mittel um gut drei Wochen voraus." Der immer frühere Start sei ein Indiz für den Klimawandel. Die meisten Winzer erwarten einen Rekordjahrgang. Die Rotweine könnten dieses Jahr sogar Weine aus Italien oder Frankreich qualitativ überholen. „In Jahren wie diesen werden wir sicherlich auch Weine erzeugen können, die einem Cabernet Sauvignon oder Merlot aus dem südlichen Europa nahekommen", meint Ernst Büscher. Rotwein, der derzeit 37 Prozent der Anbauflächen in Deutschland ausmacht, werde in Zukunft eine größere Rolle spielen.
In den traditionellen Anbaugebieten trockener Rieslinge ist man dagegen skeptischer: Viel hängt in den nächsten Wochen von den Launen des Wetters ab. Etwas Regen wäre nicht schlecht, aber bitte nicht zu viel und vor allem nicht während der Lese. Dann können die reifen Trauben aufplatzen, die Chance auf konzentrierten Geschmack wäre dahin. Winzer Gernot Kollmann aus Enkirch an der Mosel: „Von einem Winzer-Supersommer zu reden, ist viel zu früh. Die Trauben großer Rieslinge werden erst in ein paar Wochen von den Stöcken geholt. Bis dahin kann viel geschehen."
Tourismus
Für die Tourismusbranche wird 2018 eines der bislang besten Jahre, sagen Experten voraus. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts GfK weist die Sommersaison 2018 zum Buchungsstand per Ende Juli ein Umsatzplus von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf.
Besonders beliebt war wieder das Seeklima der deutschen Nord- und Ostseeküste, das den meisten Gästen Abkühlung zu verheißen schien. Besonders erfolgreich bei den Übernachtungszahlen war hier Mecklenburg-Vorpommern, dessen Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) gar mit einem Rekord für die Tourismusbranche rechnet. Das anhaltend sonnige Wetter sorge für wachsende Besucherzahlen.
Auch anderenorts zogen die Besucherzahlen kräftig an, darunter auch Orte, die einem in der Regel nicht als erste einfallen, wenn es um ein Ranking kühler Destinationen geht. So konnte beispielsweise der Harz einen echten Besucheransturm vermelden. Neben den dortigen Badeseen und Freibädern überzeugte vor allem der – zumindest vergleichsweise – gut temperierte Brocken, der nach dem Aufstieg auf 1042 Metern Gipfelhöhe Ausflüglern und Spontanurlaubern zumindest ein wenig Abkühlung verschaffte.