Bio ist in. Fleisch von Tieren aus artgerechter Haltung wird häufiger nachgefragt als je zuvor. Verändertes Verbraucherverhalten und konsequente politische Entscheidungen sollten zu einem Umdenken in Sachen Tierwohl und Konsum führen. Die Bioland-Metzgerei Weller aus Blieskastel-Assweiler ist Garant für besten Fleischgenuss.
Artgerechte Tierhaltung muss oberste Priorität haben, sagen jene Karnivoren, die noch am Fleischkonsum festhalten, allerdings diesen in starkem Maße einschränken. Anderen gehen die extremen Umweltbelastungen, die durch eine weltweite Massentierhaltung verursacht werden, ernsthaft zu weit. Wieder andere sehen das Welternährungsproblem nicht lösbar, indem Milliarden Tonnen Fleisch tiefgefroren, eingedost oder sonstwie über lange Zeiträume haltbar gemacht werden. Der Fleischhunger der Industrienationen, allen voran der Amerikas, ist überbordend groß. Deutschlands Fleischverzehrer belegen nach internationalem Ranking mit 60 Kilogramm pro Kopf und Jahr Platz 21. Das „Wall Street Journal" veröffentlichte kürzlich eine Statistik, wonach in US-Kühlhäusern die unglaubliche Rekordmenge von 1,04 Milliarden Kilo Fleisch von Rind, Schwein und Geflügel lagert.
Menschen in den Ländern, in denen Hungersnöte herrschen, partizipieren nicht an den Überkapazitäten der Weltproduktion. Diskussionen um das Für und Wider von Massentierhaltung und Billigpreisware werden schon lange geführt, doch die Mehrzahl der Konsumenten hat sich bislang nicht dazu entschieden, ihre Konsumgewohnheiten zu überdenken und maßvoller im Umgang mit tierischer Nahrung zu werden.
Kurze Wege statt lange Transporte
Im Saarland haben sich mittlerweile einige Bioland-Betriebe etabliert, die in zertifizierten Bio-Schlachtbetrieben Tiere aus eigener Zucht schlachten und verarbeiten lassen. Dazu gehören der Wintringer Hof – Lebenshilfe Obere Saar e.V. in Kleinblittersdorf (Biozertifizierte Schlachtung durch Metzgerei Doll in Bachem), der Martinshof aus St. Wendel-Osterbrücken mit seiner Biolandmetzgerei und das Hofgut Imsbach Lapointe bei Theley mit seiner Biometzgerei, die beide im zertifizierten Schlachtbetrieb des Wendelinushofes St. Wendel Tiere aus eigener Zucht schlachten lassen.
Ein weiterer Bioland-Metzgereibetrieb ist das Familienunternehmen der Familie Weller aus Blieskastel-Assweiler. Wie alle Biolandbetriebe schlachten die Wellers grundsätzlich nur Tiere, die keine langen Anfahrtswege hinter sich haben. „Die Tiere kommen direkt aus der Biosphäre Bliesgau und haben gerade mal drei bis fünf Kilometer Wegstrecke bis zur Schlachtung", sagt Sebastian Weller, seit 1. August neuer Chef des Betriebs. „Sollte ein Tier merklich gestresst sein, schicken wir den Bauern mit seinem Rind wieder nach Hause mit der Bitte, am nächsten Tag erneut zu kommen. Denn ein Tier, das Stress erlebt, schüttet Adrenalin aus. Sein Fleisch wird blass und wässrig, somit zäh, und man schmeckt die hormonbedingte Veränderung."
Der Assweiler Biometzger schlachtet nicht alle Tiere aus der Biosphäre, sondern vorrangig Rinder, Lämmer, Ziegen und Geflügel. Hinzu kommen drei Yaks pro Jahr, die in den Bliesauen das ganze Jahr über gehalten werden. Schweineteile kaufen die Wellers aus bio-zertifizierten Betrieben in anderen Bundesländern. „Gerade in den heißen Sommermonaten verkaufen wir weniger Wurstwaren. Doch bei Schweinesteaks, Bratwurst und Schwenker, wie dies im Saarland üblich ist, steigt der Bedarf. Aber ein Schwein besteht aus mehr als nur den Edelteilen, und ein Tier stirbt, damit wir uns ernähren können. Da wir alle Teile eines Tieres verarbeiten wollen und müssen, haben wir uns entschieden, im Winter verstärkt auf Wurstvarianten wie Blut- und Leberwurst zu setzen", sagt Mutter Margit Weller. „Im Sommer drosseln wir dann unser Angebot."
Keine Schlachtung gestresster Tiere
Sollte für Kunden ein höherer Bedarf anfallen, bestellt man einfach rechtzeitig die gewünschten Stücke für das nächste Grillfest. Junge Tiere verarbeiten die Wellers mit Ausnahme von Kälbern nicht in ihrer Schlachterei. 30 Monate sollte ein Rind mindestens alt sein. Das beste Fleisch hat eine Kuh im Alter von vier bis sieben Jahren. Das Fett ist im Tier gewachsen, das Fleisch gleichmäßig marmoriert. Somit bleibt es bei sachgerechter Zubereitung schmackhaft und zart. „Wir haben auch schon Kühe verarbeitet, die bis zu 15 Jahre alt waren", sagt Sebastian Weller. „Bestes Fleisch, das sich hervorragend für die Produktion von Salami eignet."
Die Wellers schwärmen auch vom Fleisch der Yaks – einer Rinderrasse, die ursprünglich aus dem Hochgebirge des Himalaya stammt. Allerdings haben die Grunzochsen, die heute hier lebende domestizierte Haustierart des Wild-Yaks, längst keine Wildheit mehr im Leib. Mager soll das Fleisch der Rinderrasse aus dem Hochgebirge sein. Ein wenig Wildgeschmack und festes, aber zartes Fleisch garantieren höchsten Fleischgenuss.
„Die Tiere sind anspruchslos, kälteerprobt und brauchen eigentlich in unseren Breiten gerade mal einen Unterstand gegen den oft lange anhaltenden mitteleuropäischen Regen, den sie allerdings inzwischen auch ganz gut vertragen", sagt Bioland-Yak-Züchter Andreas Gritsch, Halter zweier kleiner Yak-Herden, diesseits und jenseits der deutsch-französischen Grenze. „Auch bei diesen Tieren ist der Faktor Zeit ganz wichtig", sagt Sebastian Weller. „Die Tiere bewegen sich die meiste Zeit, bauen entsprechend feinfaseriges Muskelfleisch auf und haben einige Jahre auf den Weiden eine schöne Zeit gehabt. Wir wollen unseren Kunden kein Fleisch aus Masthaltung anbieten. Die konventionellen Kollegen im Umfeld verarbeiten meist Tiere aus Massentierhaltung. Ein Kalb wird da gerade mal sechs Monate alt, steht in einem dunklen Maststall, bekommt Mastfutter und geht dann alsbald den Weg zur Schlachtbank. Das Fleisch ist hell, so wie es der Verbraucher wünscht", erklärt er.
„Unsere Schlacht-Kälber aus der Biosphäre werden älter und stehen bei der Mutter auf der Weide. Solche Jungtiere haben dunkles, zartes, schmackhaftes Fleisch, das bislang nur der Kenner von Bioland-Produkten zu schätzen weiß."
Der Umgang der Biolandmetzger mit Fleisch ist nicht ganz so einfach. Während der gängige Metzgereibetrieb auf zahlreiche Hilfsmittel bei der Wurstfabrikation zurückgreifen kann, sind dem Biometzger Grenzen gesetzt. Ein Beispiel: Der herkömmliche Betrieb verwendet erlaubterweise Nitritpökelsalz zur Konservierung von Wurstwaren und Rötungsmittel, damit die Wurst auch appetitlich aussieht. Der Bioland-Metzger darf dies nicht. Er verwendet Meersalz und keine Schönfärberei, deshalb sehen Würste und Konserven auch etwas gräulich aus. Optisch vielleicht gewöhnungsbedürftig, jedoch geschmacklich ein Novum.
Biohaltung bedeutet viel mehr Aufwand
Diese Erfahrung mussten die Wellers vor etlichen Jahren machen, als sie sich entschieden, aus dem herkömmlichen Betrieb in die Biolandbranche umzusteigen. Die Kunden blieben zwar, weil sie die Qualität des Metzgers ihres Vertrauens kannten, doch bedurfte es auch einer gewissen Zeit der Umstellung zum Bioland-Betrieb. „Auch für uns selbst war vieles neu und bedurfte der Erfahrung", sagt Seniorchef Karl-Heinz Weller. „Vor allem waren wir es nicht gewohnt, uns ein paar Mal im Jahr Kontrollen unterziehen zu müssen. Inzwischen wurden diese Termine zur zwar lästigen Routine, aber für unsere Kunden mit hohen Erwartungen und dem Anspruch, etwas Besonderes aus unserer Wurstküche zu bekommen, ist uns dieser Mehraufwand es allemal wert. Bislang sind uns unsere Kunden treu geblieben, und es werden mehr", betont Margit Weller.
„Viele sind interessiert und fragen nach. Wo kommen die Tiere her, wie sind sie aufgewachsen und – sie lacht – kannten Sie ihre Namen?" Natürlich wissen die Kunden, wie viel Mehraufwand es ist, Tiere nach Bio-Richtlinien zu halten. Die Halter brauchen große Flächen, um sie artgerecht ohne Genfutter zu versorgen. Ganz im Gegensatz zur Massentierhaltung wächst zwar im Biosektor die Nachfrage, kann allerdings nicht so einfach bedient werden. Obst und Gemüse können von überall her eingeflogen werden. „Bei Tieren ist dies unmöglich, es sei denn, sie schlachten vor Ort, dies aber wäre der größte Unsinn. Insofern ist Biofleisch etwa 30 bis 35 Prozent teurer als Ware aus der üblichen Metzgerei. Und über Discounter und ihre Preise will ich gar nicht reden, die ihre Waren aus norddeutschen Massen-Mast-Betrieben mit Milliardenumsätzen bekommen", sagt Weller.
Zum Bio-Fleisch und dem Bio-Siegel sollte noch so viel gesagt sein: Das EU-Bio-Siegel an sich ist bereits ein positiver Ansatz, da die Tierhaltung in solchen Betrieben allemal besser ist als jene in Massentierbetrieben. Doch artgerechte und wirklich ökologische Methoden sind damit nicht gesichert, denn auf solchen Höfen können sowohl konventionelle als auch biologische Tierhaltung betrieben werden. Die deutschen Verbände Bioland, Demeter und Naturland haben deutlich strengere Vorgaben, die Tierrechte stärker berücksichtigen, Fütterungsbedingungen festlegen und konventionelle Tierhaltung in Kombination verbieten.
Zwar sind diese Organisationen keine Allzeit-Garantie für den sorglosen Umgang mit der Ware Tier, doch lassen sie sich nicht mit den Großen der Nahrungsmittelindustrie zum Nachteil von Tier und Verbraucher ein. Wünschenswert wäre es, das Gesamtvolumen an Massentierhaltung deutlich zu verringern und Detailkontrollen auszuweiten.