Kaum ein anderer Schauspieler spielt bei gleichbleibend großem Erfolg so unterschiedliche Rollen wie Hugh Jackman. Ob X-Men, Musicalstar oder Moderator der Oscar-Verleihung: Der Australier kann offenbar alles. Fast wäre er aber Journalist geworden. Am 12. Oktober wird er nun 50.
Der schlimmste Moment seiner Karriere, so erzählte Hugh Jackman einst in einem Interview, war ein Auftritt in einem australischen Sportstadion. Das war 1999, und es sahen etwa 100.000 Menschen sowie unzählige Fans vor den TV-Bildschirmen. Hugh Jackman sang die australische Nationalhymne, bevor ein australisches Rugby-Spiel begann. Panikattacken habe er vor diesem Auftritt gehabt, erzählte Jackman später und stellte sich immer wieder die Frage: „Warum tue ich mir sowas an?" Aber alles lief glatt, Jackman traf jeden Ton perfekt. Rückblickend wirkt sein Auftritt etwas kurios, aber damals galt Jackman als Australiens bester Musicaldarsteller, der Erfolge in „Sunset Boulevard", „Oklahoma" und „Die Schöne und das Biest" feierte. Dass er nur zwei Jahre später als X-Men die Klingen ausfährt, war da noch völlig abwegig. Ein australischer Musicalstar als Hollywood-Action-Held – geht’s noch?
Typisch für die Karriere von Hugh Jackman, der offenbar jedes Fach der Unterhaltung beherrscht. So richtig in die Wiege gelegt war ihm das Entertainment-Talent aber nicht. Als jüngstes von fünf Kindern wuchs er in Sydney auf. Seine britischen Eltern waren ein Jahr vor seiner Geburt nach Australien ausgewandert und ließen sich scheiden, als Hugh acht Jahre alt war. Während die Mutter zurück nach England ging, blieb er mit Vater und Brüdern Down Under. Als junger Erwachsener wollte er Journalist werden und begann ein Studium in Sydney. Spontan aber entschied er sich, sein Hobby – die Schauspielerei – zum Beruf zu machen und wechselte auf eine Schauspielschule in Perth. Was für ein Glück für die Filmwelt! Denn es zeigte sich schnell, welch großes Talent in Hugh Jackman schlummerte.
Mitte der 90er-Jahre begann der damals Mittzwanziger in einer Fernsehserie mitzuspielen. Während der Dreharbeiten zu „Correlli" lernte er seine Kollegin Deborra-Lee Furness kennen. Die beiden heirateten 1996. Und obwohl Hugh Jackman in der Rolle eines Häftlings seine ersten Schritte vor der Kamera machte, war ihm klar, dass seine Leidenschaft doch in einem anderen Fach als der TV-Serie lag. „Singen und Tanzen können Menschen von den Fesseln des Alltags befreien", sagte er in einem Interview und nennt Musicalstar Gene Kelly als sein Idol. Und so wurden Jackmans nächste Rollen eben jene in großen Musicals. Kein Problem für Jackman, der singen kann und die Instrumente Gitarre, Klavier und Geige beherrscht – was für ein Multitalent! Die Angebote für Film, Fernsehen und Bühne in Australien seien enorm gewesen, erinnert er sich – aber sein Weg war ein anderer.
Schon nah dran am Oscar
Seinen wichtigsten Karrieresprung hat Hugh Jackman in erster Linie seinem Agenten zu verdanken: Nachdem ein anderer Schauspieler nicht zur Verfügung stand, brachte er Jackman für die Rolle des Wolverine in der Verfilmung der „X-Men"-Comics ins Gespräch. Jackman sprang quasi über Nacht für seinen verhinderten Kollegen ein – und legte einen Wandel vom Musical zur Action hin. Als Mutant mit Superkräften wurde Jackman innerhalb weniger Wochen nach dem Filmstart von „X-Men" weltberühmt. Nach einer weiteren Hauptrolle in dem Thriller „Passwort: Swordfish" (2001) war Jackman ein Actionstar.
Bevor er ein weiteres Mal als grimmiger Wolverine die Klingen ausfuhr, präsentierte er gleich zwei Mal seine Qualitäten in einem ganz anderen Fach, um nicht als raubeiniger Haudegen in Actionfilmen festgelegt zu werden. In der romantischen Zeitreise-Komödie „Kate und Leopold" verdrehte er Meg Ryan den Kopf, und in „Männerzirkus" (beide 2001) kämpfte er um die Gunst von Ashley Judd. 2003 kehrte er dann in „X-Men 2 (X2)" als Mutant zurück.
2006 spielte er mit Scarlett Johansson in Woody Allens „Scoop – Der Knüller", in „The Fountain" verkörperte er drei Rollen in verschiedenen Realitätsebenen. Es folgten Erfolge wie das düstere Magier-Drama „Prestige – Die Meister der Magie", der Action-Thriller „Deception" (2008) und nach einer aufsehenerregenden Nacktszene im Epos „Australia" (2008) der Titel „Sexiest Man Alive" – eine Ehre, die er aber nie ernst genommen habe, sagte er. Viel wichtiger sei ihm die Familie. Mit seiner Frau Deborra-Lee adoptierte er zwei Kinder. Seine Karriere ging derweil im Zickzack hin und her. Denn Hugh Jackman gelang es, sich auch in den USA als Musicalstar zu etablieren. Er sang und spielte in „Les Misérables" (2012) und in „The Greatest Show Man" (2017) – ohne dabei seine Paraderolle aus den Augen zu verlieren. Als X-Man Wolverine ließ er bis 2016 insgesamt acht Mal die Muskeln spielen. Auch dem Theater blieb Jackman treu und trat am Broadway mit eigenen Shows auf. In den Jahren 2003 bis 2005 wechselte er erneut das Fach und zeichnete als Moderator der Tony Awards die besten Broadway-Produktionen aus. Das machte er offenbar so gut, dass er für diesen Job mit dem Fernsehpreis Emmy geehrt wurde.
Den Überblick über Hugh Jackmans Schauspiel- und Entertainment-Karriere zu behalten – schwierig. Pro Jahr mindestens ein Film, mehrere Synchronarbeiten, Musicals sowie Werbefilme. Und dann ist da ja auch noch seine Frau, mit der er sich für wohltätige Zwecke engagiert. 2009 zum Beispiel reisten die Jackmans nach Äthiopien, um auf die Situation der Kaffeebauern aufmerksam zu machen. Ehrensache, dass aus dieser Reise ein Film wurde, nämlich die Dokumentation „Dukale’s Dream". Auch die Kinderhilfsorganisation „World Vision" gehört zu den Projekten, die durch Jackmans Hilfe profitieren.Im selben Jahr erhielt er die Chance, als Gastgeber durch die Oscar-Verleihung zu führen. Die Moderation der wichtigsten Hollywood-Show gelang ihm mit leichter Hand. Als eleganter Host erhielt er für seine klassische Darbietung mit Tanz und Gesang viel Lob von Kollegen und Journalisten.
Selbst einen Oscar überreicht zu bekommen, steht für Hugh Jackman noch aus. Nah dran war er 2013, als er als „bester Hauptdarsteller" für „Les Misèrables" nominiert war. Ob er in den kommenden Jahren den Goldjungen noch bekommt – Zweifel daran sind unangebracht, denn seine Leidenschaft für den Film ist ungebrochen. „Wenn ein Film es schafft, dich die Welt mit anderen Augen sehen zu lassen, ist das Kunst", sagt der Schauspieler, der am 12. Oktober seinen
50. Geburtstag feiert.