Vor 65 Jahren, am 1. Dezember 1953, erschien in den USA die erste Ausgabe des „Playboy". Auf dem Cover: Marilyn Monroe. Für Generationen von Männern und Frauen bedeutete das Magazin den ersten Kontakt mit Sexualität und Erotik. Auch Konservative und Frauenrechtler konnten den Erfolg des Hefts nicht verhindern.
Die Geschichte des „Playboy" begann mit einem bescheidenen Wunsch. Hugh Hefner bat seinen damaligen Arbeitgeber beim Magazin „Esquire" um eine Gehaltserhöhung von fünf Dollar pro Woche – sie wurde abgelehnt. Hefner kündigte und begann mit den Planungen für ein eigenes Heft. Am 1. Dezember 1953, ausgerechnet zur Weihnachtszeit, erschien die erste Ausgabe des Männermagazins: mit Schauspielerin Marilyn Monroe im tief dekolletierten Kleid auf dem Cover und komplett hüllenlos im Innenteil.
Für viele Leser dürfte es das erste Mal gewesen sein, dass sie eine nackte Frau in erotischer Pose betrachteten. Bis in die 1990er-Jahre hinein sollte der „Playboy" für Generationen von Männern – und auch viele Frauen – ihren ersten Kontakt mit Sexualität und Erotik bedeuten. Als die erste Ausgabe erschien, ahnte niemand, welche Erfolgsgeschichte sich einmal daraus entwickeln würde. Vorsichtshalber hatte Hugh Hefner auf dem Cover das Datum und eine Heftnummer weggelassen, weil er nicht sicher sein konnte, ob es überhaupt eine zweite Ausgabe geben würde. Für das erste Heft hatte sich der damals 27-Jährige Geld von seiner Mutter leihen müssen und zudem seine Möbel verkauft. Wäre es schiefgegangen, hätte Hefner zu Hause in einer leeren Wohnung gesessen. Stattdessen wurde er mit seiner Idee später zum Millionär.
Hefner arbeitete damals noch als Vertriebsleiter für eine Kinderzeitschrift – so ziemlich das exakte Gegenteil dessen, was der „Playboy" sein sollte. Gleich im Editorial der ersten Ausgabe warnte er seine Leser: „Wir sind kein Familienmagazin. Wenn Sie Schwester, Frau oder Schwiegermutter sind und uns versehentlich in Händen halten, geben Sie uns bitte an den Mann in Ihrem Leben weiter und orientieren Sie sich wieder am Magazin ,Ladies Home Companion‘."
Zur Frage, warum er ausgerechnet ein Männermagazin auf den Markt gebracht hat, hat Hugh Hefner einmal gesagt: „Ein Männermagazin mit Anspruch schien für mich der beste Weg zu sein, mir meinen Traum zu erfüllen, der in mir gereift ist, seit ich ein Teenager war: viel vögeln." In einem anderen Interview bezeichnete er den „Playboy" als eine Antwort auf seine puritanische Herkunft. „Als in den 50er-Jahren die Rocklängen länger statt kürzer wurden – die 50er entpuppten sich ja als eine sehr konservative und engstirnige Zeit, sowohl politisch als auch sozial und sexuell –, da wusste ich: Wir haben ein Problem. Und das war auch ein Grund dafür, dass ich den ,Playboy‘ gegründet habe. Ich wollte etwas kreieren, das Sexualität, Genuss und Spiel als etwas vollkommen Natürliches ansieht."
Warnung im Editorial
Die 50er waren eine brave Zeit, doch die Botschaft des „Playboy" lautete, dass auch brave Mädchen Spaß am Sex haben können. Viele Konservative sahen darin einen Angriff auf Moral und die traditionellen Werte der Familie. Frauenrechtlerinnen beklagten die Art und Weise, wie das weibliche Geschlecht als Lustobjekt zur Schau gestellt wurde. Beide konnten den Erfolg des Magazins jedoch nicht verhindern. Das erste Heft mit einer Auflage von 55.000 Exemplaren war binnen kürzester Zeit ausverkauft.
Ursprünglich sollte das Heft ganz anders heißen. Zunächst war der Name „Stag Party" vorgesehen, also Herrenabend, doch wegen der Ähnlichkeit zu einem bereits existierenden Magazin musste er kurzfristig noch geändert werden. Auch das Logo änderte sich: Anstatt des eigentlich vorgesehen Hirschkopfes („stag" bedeutet auf Englisch Hirsch) entwarf Hefners Kumpel Art Paul, der erste Art Director des „Playboys", den heute weltbekannten Hasen im Smoking, der seit der zweiten Ausgabe die Titelseite schmückt. „Ich suchte einen Hasen wegen der witzigen sexuellen Konnotationen als Symbol für das Magazin aus, und weil er ein Bild darstellt, das ein wenig unanständig und zugleich verspielt aussieht", erklärte Hefner. Der Smoking sollte ein wenig Raffinesse hinzuzufügen.
Über die ursprüngliche Idee mit dem Hirschen sagte Hefner: „Irgendwie wäre es nicht das Gleiche gewesen. Können Sie sich Nachtclubs vorstellen, in denen wunderschöne Mädchen mit Geweihen arbeiten?" Stattdessen tragen die „Playboy-Bunnies" dort traditionell Hasenohren. Das Logo wurde schnell so berühmt, dass 1959 ein nur mit dem Hasenkopf versehener Leserbrief ohne Anschrift dennoch die Redaktion des „Playboys" erreichte. 1984 wurde sogar eine Kaninchenart (Sylvilagus palustris hefneri) nach Hugh Hefner benannt.
Von Anfang an bemühte sich das Magazin um hochwertigen Journalismus. Mag die Behauptung, sie würden den „Playboy" ausschließlich wegen der Interviews und Geschichten lesen, bei vielen Männern nur vorgeschoben sein: Ganz von der Hand zu weisen ist sie nicht. Zahlreiche Stars wie die Beatles oder Miles Davis äußerten sich im Heft ausführlich, sogar Politiker wie Jimmy Carter oder in der deutschen Ausgabe Wolfgang Schäuble, dessen kritische Aussagen zum damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl 1998 bundesweit hohe Wellen schlugen. Bekannte Autoren wie Henry Miller, Vladimir Nabokov, Philip Roth und John Updike schrieben für das Magazin. Hugh Hefner erklärte einst, ohne die Mädchen fühle er sich manchmal wie der Verleger einer Literaturzeitschrift.
Das Herzstück des Heftes waren jedoch die Aktfotos, im wahrsten Sinne des Wortes. Es war Hefners Idee gewesen, in der Mitte des Magazins, dem Centerfold, ein aufklappbares Bild zum Herausnehmen abzudrucken, welches das „Sweetheart of the Month" zeigte, das spätere „Playmate des Monats". Bei Generationen junger Männer schmückten diese Poster den Spind. Prominente und nicht prominente Frauen zogen sich für den „Playboy" aus – Brigitte Bardot, Nastassja Kinski, später dann Katharina Witt oder Pamela Anderson, um nur einige zu nennen. Stets arbeitete das Magazin mit den besten Fotografen zusammen, unter anderem mit Helmut Newton. Doch es war vor allem der Auftritt von Marilyn Monroe im ersten Heft, der den Weg dafür bereitete, dass die Berühmtheiten blankzogen. Sie habe bewiesen, dass „Nacktheit nicht die Karriere zerstört", sagte einmal der frühere „Playboy"-Fotochef Gary Cole.
Klappposter war Hefners Idee
Zu den besten Zeiten lag die Auflage 1971 bei sieben Millionen Exemplaren. Ein Jahr später kam die deutsche Ausgabe auf den Markt, der erste Auslandsableger des Magazins, mit der Münchnerin Gaby Heier auf dem Cover.
Heute erscheint der „Playboy" in mehr als 30 Ländern. Es gibt eine Videosparte, ein eigenes Parfüm, unzählige Lizenzprodukte tragen mittlerweile das Bunny-Logo. Längst ist der „Playboy" zu einer Marke geworden. Zu deren Erfolg hat sicher auch das ausschweifende Leben von Gründer Hugh Hefner beigetragen. Bis zu seinem Tod 2017 schmiss er rauschende Parties in seiner „Playboy Mansion" mit der berühmt-berüchtigten Grotte – umgeben von allerlei hübschen Frauen und meist nur mit Morgenmantel und Seidenpyjama bekleidet. Mit dem Kauf der „Playboy"-Produkte kann man zumindest ein wenig an diesem Leben teilhaben.
1994 ging der „Playboy" online, als erste landesweite Publikation in den USA. Gleichzeitig stellt das Internet das Heft vor große Probleme. Nacktheit ist heutzutage nur noch einen Klick entfernt, man braucht dafür nicht unbedingt mehr ein Magazin zu kaufen. Im vergangenen Jahr stellte der Journalist David Pfeifer in der „Süddeutschen Zeitung deshalb infrage, ob der „Playboy" überhaupt noch zeitgemäß sei. „Der Zeitgeist hat sich gedreht, und während es in den 1960er-Jahren noch etwas Rebellisches oder zumindest Freches hatte, sich mit dem Playboy zu zeigen, wirkt es heute womöglich etwas rückständig. Die ewig gleichen Posen, die gemachten Brüste und getilgten Schamhaare lassen die Darstellungen manchmal so wirken wie in einem hochglänzenden Möbelkatalog." Gleichzeitig sei „die Zurschaustellung von männlichem Connaisseurtum, das Zigarren, Sportwagen und Frauen als gleichwertige Hobbys betrachtet, höchstens noch ironisch möglich."
Dass sich die Zeiten ändern, hat man auch beim „Playboy" erkannt. 2016 hatte das Magazin in den USA sogar auf die Darstellung komplett nackter Frauen verzichtet (nicht jedoch in der deutschen Ausgabe), war ein Jahr später jedoch wieder zurückgerudert. „Ich bin der erste, der zugibt, dass die Art und Weise, wie das Magazin mit Nacktheit umgegangen ist, altmodisch war – aber sie vollständig zu entfernen, war falsch", begründete Hugh Hefner den Schritt. Er starb kurz darauf im Alter von 91 Jahren. Begraben wurde er in Los Angeles – direkt neben der Frau, mit der vor 65 Jahren alles angefangen hatte: Marilyn Monroe.