Fast Food gibt es schon seit Jahrtausenden. Die Zeiten von „schnell, fettig, salzig" sind aber gezählt. Ernährungswissenschaftlerin und Foodtrendforscherin Hanni Rützler verrät, warum die Dosis es macht und wie wir uns in Zukunft ernähren werden.
Frau Rützler, der Trend geht Richtung gesund essen und leben. Traditionelles Fast Food passt da nicht wirklich hinein. Was denken Sie, wie die Zukunft des Fast Foods aussieht?
Fast Food ist generell nicht ungesund. Die großen Player im Fast-Food- oder Quick-Service-Bereich wie McDonald‘s haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Angefangen bei den Salaten, mittlerweile ist der Anteil pflanzlicher Produkte deutlich angewachsen. Diese Veränderungen sind notwendig, um weiterhin vorne mitspielen zu können. Ich habe den Eindruck: Da kommt durchaus Bewegung hinein. Es ist vielleicht noch ein bisschen früh zu sagen, dass Fast Food generell Fast Good wird, aber einige Unternehmen setzten mit Nachdruck auf diesen Trend.
In einigen Fast-Food-Läden bot man vor einigen Jahren noch XXL-Menüs und Riesen-Limonaden an. Ist es auch ein Zeichen für den Trend, dass man in Deutschland davon wieder abgerückt ist?
Ja, diese Welle der überdimensional großen Portionen kam aus Amerika. Dort ging es in den letzten Jahren immer darum, mehr für weniger anzubieten, daher die XXL-Limonaden und -Pommes. Bei uns hat es sich aber wieder ein bisschen beruhigt. Die Portionsgröße ist ein Hebel, den Fast-Food-Konsum gesünder zu machen. Es ist ja nicht so, dass Burger oder Pizza per se ungesund sind, es geht – wie bei Softdrinks oder auch beim Wein – vor allem um die Dosis. Und die ist oft zu hoch. Nicht nur beim Fast-Food-Konsum.
Gibt es nur ein Umdenken bei den großen Fast-Food-Playern?
Nein, wenn Sie sich die Landschaft des städtischen Fast Foods anschauen, dann haben nicht nur die internationalen Burger- und Pizza-Ketten Konkurrenz bekommen. Auch die Currywurst und der Döner, die in sehr unterschiedlichen Qualitäten zu finden sind, oft aber doch eher fett und salzig und nicht unbedingt eine kulinarische Offenbarung sind. Es wird vegetarischer, denken Sie zum Beispiel an die schnellen Nudelgerichte und Suppen, die in vielen neuen asiatischen Lokalen angeboten werden. Es geht weg von diesem ewig Herausgebackenem und sehr Fettem.
Hat sich bisher wirklich so viel getan? Die üblichen Verdächtigen scheinen doch das Stadtbild zu dominieren.
Es kommt darauf an, wohin man schaut. Wenn man sich die Flughäfen und die Bahnhöfe anschaut, ganz zu schweigen von den Szene-Bezirken in Berlin, Frankfurt oder Wien, dann gibt es dort ganz unterschiedliche Fast-Food-Angebote: von vietnamesischen Pho-Suppen über hippe Power-Bowls und Veggie-Burger bis zu levantinischen Mezze und Gemüse-Döner. Die Vielfalt hat deutlich zugenommen. Man muss aber auch sagen, dass Deutschland ein sehr preisgetriebenes Land ist, die Kunden sind extrem preissensibel. Wenn zu wenige Kunden neue Angebote nachfragen, dann verschwinden diese auch ganz schnell wieder. Es hat auch immer etwas mit dem Zielpublikum und den finanziellen Möglichkeiten zu tun. Junge Männer im städtischen Raum beispielsweise essen viel auswärts oder greifen zu schnellen, günstigen Gerichten, die meistens auf Fleisch basieren.
Ist beim Fleischkonsum trotz Massentierhaltung und Antibiotika-Skandalen sowie einem gefühlten Anstieg von Vegetariern und Veganern kein Rückgang zu erkennen?
Deutschland spielt ja auch als Fleischexporteur in der Weltliga. Ohne Massentierhaltung geht das nicht. Das macht Fleisch auch für heimische Konsumenten sehr günstig, um nicht zu sagen zu billig. Ich glaube dennoch, dass langfristig auch in Deutschland weniger Fleisch konsumiert wird. Das hat auch mit den Debatten rund um Ressourcennachhaltigkeit, Klimawandel, Welternährung zu tun. Wir wissen, dass Fleisch jenes Nahrungsmittel ist, das besonders viele Ressourcen verbraucht. Das heißt, wir müssen lernen, mit Fleisch wertschätzender umzugehen. Ich glaube, diese alten Paradigmen „schneller, billiger, mehr" gehen dem Ende zu. Mittelfristig, wenn wir uns die nächsten 10, 20, 30 Jahre anschauen, gehe ich davon aus, dass Fleisch zunehmend spannende Alternativen bekommt. Es geht in Richtung „Plant Based". Man wird den pflanzlichen Nahrungsmitteln in Zukunft mehr Platz einräumen und das Nicht-Essen von Fleisch wird nicht als Verzicht wahrgenommen werden. Das wird aber nur funktionieren, wenn die kulinarischen Angebote spannend sind. Da holen wir uns im Moment noch viele Anregungen aus anderen Küchen der Welt, weil wir in unserem Kulturraum fast vergessen haben, was wir essen können, wenn Fleisch nicht im Zentrum steht.
Manchen geht es auch rein um den Geschmack. Sie behaupten, Obst und Gemüse schmecke ihnen nicht.
Wir lernen, das zu lieben, was wir häufig essen. Wenn man im Alltag immer spart und auf billige Kompromisse schaut, hat das langfristige Folgen. Es lohnt sich, den eigenen Geschmack kritisch zu schulen und weiterzuentwickeln. Wenn man kein Gemüse oder Obst mag, dann liegt das häufig auch daran, dass man nur billige, sensorisch unzureichende Qualitäten erwirbt oder sie nur lieb- und fantasielos zubereitet zu essen bekommt. Ganz anders als etwa in Sizilien, Israel oder Thailand, wovon wir uns bei Urlaubsreisen jedes Jahr überzeugen können.
Ungesund schmeckt den Deutschen hingegen immer – wie zum Beispiel die klassischen Fertiggerichte.
Deutschland ist auf dem Weltmarkt ganz vorne bezüglich Tiefkühlpizza mit Schwerpunkt Salami, und es gibt noch etliche weitere Produkte aus dem Supermarkt, die man nicht per se der ausgewogenen Ernährung zuschreiben würde. Sie werden nicht so schnell verschwinden. Gerade im Supermarkt greift man gern nach den Klassikern, vor allem, wenn sie noch preisgetrieben sind. Aber auch hier hat sich etwas getan. Es gibt Abteilungen, zum Beispiel im Bereich der Frische-Convenience, wo der Anteil an vegetarischen Gerichten gestiegen ist und sich spannende Alternativen wie gesunde Bowles, die Weiterentwicklung der Salate, auftun. Eine ungesunde, einseitige Ernährung wird nie verloren gehen, aber es wird immer leichter, sich gesünder zu ernähren.