Eine wachsende Stadt mit immer mehr Armen und zunehmender Vereinzelung: Man muss den Herausforderungen etwas entgegensetzen, sagt André Lossin von der Volkssolidarität.
Herr Lossin, vielen ist die Volkssolidarität nicht wirklich ein Begriff – mit welchen Themen beschäftigen Sie sich?
Die Volkssolidarität ist vor allem im Osten Deutschlands präsent. Sie wurde noch vor der Gründung der DDR ins Leben gerufen und ist deshalb nicht wie andere DDR-Organisationen mit der Wiedervereinigung untergegangen. Sie konnte sich auch im Ruhrgebiet etablieren. Lange lag der Schwerpunkt auf der Seniorenarbeit. Allein in Berlin gibt es 75 Einrichtungen im Bereich Pflege und Freizeit. Mittlerweile ist die Volkssolidarität verstärkt in der Kinder- und Jugendarbeit aktiv und wird in Berlin im Herbst kommenden Jahres über 1.500 Kitaplätze haben.
Gibt es Unterschiede zu anderen Wohlfahrtsverbänden?
Die Volkssolidarität hat eine ganz klare antifaschistische Tradition. Sie steht für Weltoffenheit und Interkulturalität. Die Volkssolidarität hat auch viele Angebote für Schwule und Lesben. Ihre größte Stärke besteht in ihrer Präsenz vor Ort in den Stadtteilen. Dort bietet sie viele Begegnungsmöglichkeiten, vermittelt Patenschaften und Begleitdienste. Hauptamtliche und Ehrenamtliche arbeiten Hand in Hand. Wir spüren aber leider, dass die Bereitschaft in solche Verbände einzutreten sinkt.
Vor welchen Herausforderungen steht die Volkssolidarität in Berlin?
Berlin wächst derzeit in einer Geschwindigkeit, die keiner vorausgesehen hat. Der Wohnraum wird knapp und unbezahlbar. Doch die Bevölkerung ist vergleichsweise arm, die Einkommen sind nicht in Relation zu den Mieten gestiegen. Die Obdachlosigkeit nimmt zu. In Berlin leben inzwischen auch viele EU-Bürger auf der Straße. Anonymität und Einsamkeit steigen. Wir versuchen mit unseren Projekten den sozialen Herausforderungen der wachsenden Stadt gerecht zu werden, im Rahmen unserer Möglichkeiten etwa günstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.