Gast-Kommentar
Wann kommt sie endlich, die Scheidung des Uneinigen Königreiches von der Europäischen Union? Wir warten und warten. Und warten. Doch nichts tut sich. Vielleicht ist es am 15. Januar so weit. Da stimmt das Unterhaus über den „Deal“ ab. Ausgang ungewiss. Vielleicht passiert - gar nichts! So kann es nicht weitergehen. Lasst es schnell hinter uns bringen. Großbritannien raus. Und gut ist…
Das Problem für das Brexit-Chaos liegt in London: schwache Regierung, zersplittertes Parlament. Mrs. Theresa May will mit ihrem bei der EU ausgehandelten Brexit-Deal zugleich ihre wenigen Anhänger und die vielen Querköpfe befriedigen. Resultat: über alle politischen Lager hinweg ist kaum jemand glücklich. Was ist da los? Die einen Abgeordneten sind trotzig, weil sie gar keinen Deal wollen: lieber hart landen, als der „bösen“ EU entgegenzukommen. Die anderen Politiker wollen der Regierungschefin einen auswischen: lieber selbst an die Macht kommen, als der Ungeliebten einen Erfolg zu gönnen. Und wiederum andere wollen den Trennungsdeal nicht, weil sie EU-Mitglied bleiben möchten: „no“ zum Brexit und somit „no“ zum Deal. Die Neinsager im Palast von Westminster sind untereinander verfeindet. Sie haben aber eine Gemeinsamkeit: den Wunsch nach Blockade. Ein unwürdiges Schauspiel einer würdigen Nation. Und May selbst? Will sie überhaupt die einvernehmliche Scheidung von der EU? Mir scheint, sie sucht ständig den größtmöglichen britischen Vorteil. Freier Warenverkehr: „yes“. Personenfreizügigkeit „no“. So geht es nicht – auch die EU hat Stolz und Interessen! Es sei daran erinnert: kein anderes EU-Mitglied hat die Kontinentaleuropäer in den vergangenen Jahrzehnten so sehr genervt, wie das UK. Etliche Londoner Regierungen sind Meister im Picken von Rosinen und im Braten von Extrawürsten gewesen. Europa war Ihnen nie eine Herzenssache, sondern nur eine profane geldwerte cash cow. Der schlechte „Bund des Lebens“ Großbritanniens mit der EU dauerte Jahrzehnte, genau: seit 1972. Das ist über die Messinghochzeit hinaus und kurz vor der Goldenen. Ehekrisen gab es ständig. Offene EU-Binnengrenzen? Nicht mit Großbritannien. Koordinierte Innen- und Justizpolitik? Höchstens lau. Europäische Armee? Briten-Veto. Euro als gemeinsame Währung? No, no, no – lieber Pfund Sterling im Portemonnaie. Fiskalpakt? Einspruch aus London und stattdessen das Sonderrecht, Haushaltsdefizit bzw. Staatsschulden nach Gutdünken festzulegen. Bitte nicht weiter so! Londons Verhalten habe der EU „mehr Schwierigkeiten bereitet, als zu Lösungen geführt.“ So schimpfte der liberale Fraktionschef im Europäischen Parlament, Guy Verhofstadt, am 24. Juni 2016. Das war der Tag nach der Brexit-Abstimmung. Der sprachmächtige Belgier hatte recht - mit so einem UK ist keine Union zu machen. Noch geben Wenige in Brüssel zu, dass sie nicht unfroh sind über die Aussicht auf ein Ende der UK/EU-Ehe. Denn bei allem Respekt vor Engländern, Schotten, Walisern und Nordiren: der Brexit kann für die EU mittelfristig positiv sein. Ist erste die Nörgelei aus London vorbei, dann könnte der im Stich gelassene Kontinent (plus die grüne Insel Irland) wieder neue Lust auf Europa kriegen. Voraussetzung für eine Revitalisierung des weltweit größten Friedensprojektes ist aber, dass wir die Gunst der Stunde mutig zu durchgreifenden Reformen nutzen. Die EU-Willigen müssen zusammenrücken. Das EU-Parlament muss stark werden. Das Fernziel muss heißen: Europäische Republik. Bleiben die Briten aber überraschend doch noch in der EU, dann wird es für Europa nicht einfacher, sondern weiter schwierig. Das zu sagen ist bitter. Scheiden tut weh und macht das Herz traurig. Wegen vieler aufrichtiger britischer Freunde, die trotz Allem europäisch fühlen. Dennoch: ich sehne die Trennung der EU vom UK herbei. Das endgültige Bye-bye soll planmäßig am 29. März 2019 kommen. Lasst die Briten doch versuchen „splendid isolation“ (wunderbares Alleinsein) zu betreiben. So, wie zur vorvorigen Jahrhundertwende. Wir Europäer machen unbeirrt weiter. Die Ära der Globalisierung erfordert internationale Kooperation. Abkapselung ist unzeitgemäß. Dear British friends: we wish you a Merry Brexit. And a happy New Time!