Inzwischen produzieren Parteien ihre eigenen Nachrichtensendungen, allen voran die AfD. So richtig gut klappt es allerdings dann doch nicht.
Samstagvormittag, kurz nach 9 Uhr. Auf den Gängen im Plenargebäude des Bundestages herrscht gähnende Leere. Nur im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus gegenüber, im zweiten Stock vor dem großen Sitzungssaal, ist reger Betrieb. Die Bundestagspolizei hat extra Beamte geschickt. Nicht etwa wegen der Anwesenheit eines besonders gefährdeten Staatsgastes. Lediglich die Fraktion der AfD hat zur „1. Konferenz der freien Medien" geladen und die Sicherheitsmaßnahmen dienen wohl zum Schutz vor Vertretern der „Systemmedien". Zu diesen zählt die AfD eigentlich alle Radio-, und Fernsehsender und Zeitungen, die die AfD nicht so richtig zu Wort kommen lassen, wie sie es gerne hätte.
Die Polemik von dieser Seite gegen die deutsche Presselandschaft gehört bereits seit Jahren zum Ritual. Schon bei den Pegida-Aufmärschen schallte den Reportern die „Lügenpresse" entgegen. Damals sei die Idee entstanden, eine „Gegenpresse" aufzubauen, sagt die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst aus Rheinland-Pfalz. Mit dem Einzug ihrer Partei in den Bundestag nahm das Projekt „Gegenpresse" konkrete Züge an. „Es kann nicht sein, dass unsere Anliegen in den Medien gar nicht behandelt oder wenn, dann erheblich gekürzt und auch nur verzerrt dargestellt, stattfinden", moniert Nicole Höchst. Anfang 2018 entstand in der Bundestagsfraktion das Projekt „AfD-Newsroom". „Solange die AfD von vielen Medien ignoriert oder mit Fake News gezielt schlechtgemacht wird, kann es nur diesen Weg geben", sagte damals Fraktionschefin Alice Weidel gegenüber dem FORUM. Geplant war ein 24-Stunden-Nachrichtenprogramm, das im Internet mindestens an den Werktagen im Netz gestreamt werden sollte. Von 20 festen Mitarbeitern war die Rede, die die Redaktion stemmen sollten. Federführend hätte der AfD-Pressechef der Bundestagsfraktion, Christian Lüth, werden sollen. Allerdings: Bis heute gibt es das „Alternative Fernsehen" nicht. Dabei war weniger Geld das Problem, sondern vielmehr, das richtige Personal zu finden. Offenbar wollten doch nur wenige Journalisten mit Erfahrung ihren Namen fürs „AfD-Fernsehen" hergeben.
Problem-Projekt „Gegenpresse"
Ohnehin findet die AfD auch ohne eigenen „Stream" im Internet genügend Raum, um ihre Thesen zu verbreiten. Ganz vorne dabei ist Compact-TV. „Die Woche Compact" wird zwischen 50.000 und 200.000 mal aufgerufen. Das ist für ein visuelles Nachrichtenformat im Internet ganz ordentlich, aber mit den Reichweiten des Fernsehens bei Weitem nicht vergleichbar.
Dann gibt es noch „AfD Kompakt TV". Für die Inhalte sorgen von der AfD engagierte Klein-Kamera-Reporter. Selten älter als 30 Jahre, haben sie sich meist ihr Handwerk auf der Plattform Youtube selbst beigebracht. Dazu kommen Dutzende Youtuber und Blogger, die ihre „patriotische Berichterstattung" ganz selbstständig ins Netz stellen. Über deren Bezahlung kann man nur mutmaßen und eine verlässliche Messung der Klickraten ist fast unmöglich.
Diese „Gegenpresse" soll der AfD nun zu mehr „ungetrübter Wahrnehmung" in der Öffentlichkeit verhelfen. Vorbild USA: „In den USA gibt es eigentlich schon immer Medien, die den Demokraten nahestehen und dann Medien, die ganz offen im Sinne der Republikaner berichten und das fehlt uns hier in Deutschland", so die AfD-Politikerin Nicole Höchst über die deutsche Presselandschaft der Zukunft. Auf der „1. Konferenz der freien Medien" wurde den meist blutjungen AfD-Reportern fürs Erste erklärt, wie man einen Presseausweis beantragt und was es so im Groben mit dem Presserecht auf sich hat. Ob die damit im Schnellverfahren zu Partei-Bloggern Ausgebildeten damit schon den Grundstein für eine große journalistische Existenz gelegt haben, erscheint allerdings doch mehr als fraglich.