Klimawandel ist längst auch beherrschendes Thema für den Parteinachwuchs. Über die unterschiedlichen Ansätze diskutieren Nick Lohmann, einer der beiden Sprecher der Grünen Jugend Saar, und Johannes Schäfer, neuer Vorsitzender der Jungen Union Saar.
Überschwemmungen in Großbritannien, verheerende Brände in Australien. Immer öfter kommt es zu Extremwetterereignissen. Der letztliche Auslöser dafür ist nach Ansicht einer großen Zahl von Wissenschaftlern der Klimawandel, den wir Menschen verursacht haben. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene fordern von Politikern ein viel aktiveres Vorgehen, um die Schäden des Klimawandels in Zukunft zu reduzieren. Wie das gelingen kann, darüber ist sich die Politik nicht immer einig – auch im Saarland nicht. Die Jugendorganisationen der Grünen und der CDU haben durchaus unterschiedliche Vorstellungen davon, wie dem Klimawandel zu begegnen ist.
„Es geht beim Klimaschutz um die Bewahrung der göttlichen Schöpfung und unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Für uns als Junge Union ein urchristdemokratisches Thema“, begründet Johannes Schäfer, der neue Vorsitzende der Jungen Union im Saarland, seine Motivation für mehr Klimaschutz. Das „Bewahren der Schöpfung“, ein Thema, das von jungen CDU-Politikern immer öfter zu hören ist. Nach Ansicht von Nick Lohmann, einem der beiden Sprecher der Grünen Jugend Saar, wird das auch höchste Zeit. Denn aktuell seien wir noch in einem Zustand der Klimaveränderung, in dem wir noch handlungsfähig sind: „Klimaschutz ist für mich und für uns alle eine Frage der Existenz: Es geht darum, ob wir das 1,5-Grad-Ziel einhalten oder nicht. Wenn der Permafrost in Sibirien auftaut, führt das zu noch mehr Erwärmung und zu massiven wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen.“
Deutschland soll Vorbild sein
Für beide ist dabei klar, dass nicht nur wir Deutschen, sondern die Gesamtheit der Industrienationen, hinterherhinkt. Das 1,5-Grad-Ziel, das mit dem Pariser Klimaabkommen ratifiziert wurde, scheint, falls es überhaupt noch möglich ist, nur unter enormen Anstrengungen erreichbar zu sein. Das liegt auch daran, dass Klimaschutz durch Verordnungen und Restriktionen als eine Gefahr für die jeweilige Wirtschaftskraft der Länder angesehen wird. Ein Risiko, welches manche Nation nicht bereit ist zu tragen. Für Schäfer fehlt es hier an einem Vorbild, das das Vorurteil, Klimaschutz bremse das wirtschaftliche Wachstum, zerstreuen könnte. Am besten Deutschland. „Wir müssen ein Modell schaffen, das auch für andere Staaten attraktiv ist. Das heißt, dass wir ein Modell brauchen, mit dem wir das Klima schützen, aber das gleichzeitig auch wirtschaftlich attraktiv ist und unseren Wohlstand sichert“, so der JU-Landesvorsitzende.
Für das Saarland, dessen Wirtschaftsleistung in großen Teilen von der Stahl- und Autoindustrie abhängt, könnte das zum Beispiel bedeuten, dass die EU in Zukunft den eigenen emissionsarmen Stahl durch Zölle vor „dreckigem Stahl“, der ohne teure Umweltauflagen produziert wurde, schützt. „Wir als Europäische Union müssen hier ein Zeichen setzen und Zölle erheben“, sagte dazu Johannes Schäfer, „kleinstaatliche Lösungen helfen dabei nicht“. Auch Nick Lohmann geht davon aus, dass man über den Preis eine gewisse Gleichheit im Wettbewerb erzeugen könnte. Was beide bemängeln ist die mangelnde Innovationskraft der Automobilbranche. „Das Problem bei der deutschen Automobilindustrie ist ja gerade, dass wir bei dem Elektroauto oder dem Wasserstoffauto leider hinterherhinken. Wir müssen uns fragen, wie man politisch Anreize schaffen kann, damit die Unternehmen endlich den Sprung schaffen“, so Lohmann von der Grünen Jugend im Saarland.
Eine Maßnahme, die auf indirektem Weg auch in der Autoindustrie Folgen haben könnte, wäre die CO²-Bepreisung. Das Konzept sieht vor, dass jeder für den direkten oder indirekten CO²-Ausstoß eine Abgabe zahlt. Das Geld aus dieser Abgabe verwendet die Bundesregierung für mehr Umweltschutz oder einen sozialen Ausgleich für finanziell schwächere Haushalte und erhofft sich gleichzeitig eine Verhaltensveränderung bei den Konsumenten. Hier sind die Grünen und die CDU nicht nur auf der Bundesebene unterschiedlicher Meinung, sondern auch die Vertreter ihrer Landesjugendorganisationen. „Wenn man darauf achtet, dass es für die sozial Schwachen einen Ausgleich gibt, dann sind CO²-Steuern oder ein CO²-Preis wichtige Mittel im Kampf für die Klimagas-Reduktion“, meint dazu der Grüne Jugend Sprecher Lohmann. Schäfer dagegen stellt in Frage, ob man über eine solche Abgabe einen positiven Effekt für das Klima erzielen würde. Vielleicht koste uns dies auch alle nur mehr Geld, so Schäfer. „Ich bin überhaupt kein Fan von CO²-Bepreisung, weil sich dadurch per se nichts ändert. Die CO²-Bepreisung ist nicht zweckgebunden, sie wird nur dazu führen, dass die Unternehmen die Preise für Benzin erhöhen und diese dann an den Verbraucher weitergegeben. Aber dadurch, dass das Autofahren für den Einzelnen teurer wird, sind die Bürger immer noch nicht in der Lage, auf andere Verkehrsmittel zuzugreifen“, so Johannes Schäfer.
Flexibler und stärker vernetzt
Damit legt er den Finger in eine offene, zutiefst saarlandspezifische Wunde: Besonders im ländlichen Raum ist es im Saarland oft mühsam, auf öffentliche Verkehrsmittel wie den Bus oder den Zug umzusteigen, da die entsprechende Infrastruktur entweder fehlt oder nicht adäquat aufgestellt ist: Die Haltestelle ist zu weit weg, die Fahrpläne dünn. Hier sollte man zuerst attraktive Möglichkeiten für die Bürger schaffen, bevor man über eine Preiserhöhung bei Benzin nachdenkt, meint Johannes Schäfer. Er sieht dabei ein großes Potenzial in der Verbreiterung des Angebots, zum Beispiel für Kleinstmobilität. Schäfer: „Wir brauchen viel mehr Infrastruktur an den Haltestellen, wie Ladestationen für E-Bikes und E-Scooter. Wir müssen Anruf- und Sammeltaxilösungen entwickeln, damit wir einfach eine viel größere Flexibilität haben und die einzelnen Verkehrsmittel viel stärker miteinander vernetzt sind.“ Zusätzlich sollten die diversen Verkehrsverbände des Saarlandes in einen einzigen Verbund umgewandelt werden. Auch die Grüne Jugend sieht beim ÖPNV-Angebot ein erhebliches Verbesserungspotenzial, möchte den Ausbau aber weiterhin mit anderen Maßnahmen, wie beispielsweise dem erwähnten CO²-Preis bündeln, um direkt mehr Wirkung zu erzielen. Den neuen Mobilitätsangeboten steht er jedoch eher kritisch gegenüber. „Beim E-Scooter denke ich, dass er relativ wenig zur CO²-Reduktion bringt. Untersuchungen haben gezeigt, dass dadurch vor allem Distanzen ersetzt werden, die man normalerweise zu Fuß zurückgelegt hätte. Beliebt sind die Scooter in Städten wie Berlin vor allem bei Touristen, nicht bei Anwohnern. Außerdem kann es auch hier bei unsachgemäßer Entsorgung zu einer erhöhten Umweltbelastung kommen“, so Lohmann.
Auch, wenn in manchen Vorschlägen Uneinigkeit besteht: Sowohl für die Grüne Jugend, als auch für die Junge Union sind Maßnahmen für den Klimaschutz unausweichlich. Wichtig ist vor allem, dass man im angemessenen Umfang damit beginnt. So prognostiziert Nick Lohmann, „dass wir auch durch mangelnden Klimaschutz Arbeitsplätze verlieren werden“. Als Politiker sei es wichtig, dass man sich nicht von Klimawandelleugnern, wie es sie auch in der AfD gibt, zu falschen Maßnahmen treiben lässt, zum Beispiel, wenn es um das Aufstellen eines neuen Windkraftparks geht.
Für Schäfer kann Klimaschutz nur dann funktionieren, wenn die Politik versucht, so viele Bürger wie möglich mitzunehmen. Man solle immer auch mit den Betroffenen von Klimaschutzmaßnahmen ins Gespräch kommen und, im Sinne der breiteren Akzeptanz, „Kompromisse mit ihnen anstreben oder das entsprechende Konzept auch einmal fallen lassen“, so Schäfer. Klimaschutz auf dem Rücken der Bürger zu betreiben sei auf keinen Fall das richtige Konzept.