Der 1. FC Saarbrücken bereitet sich auf das DFB-Halbfinale gegen Bayer Leverkusen vor. Es könnte das letzte Spiel der Blau-Schwarzen für längere Zeit sein.
Als der Tabellenführer der Fußball-Regionalliga vergangene Woche Mittwoch wieder zum Trainingsbetrieb zurückkehrte, war alles doch irgendwie anders. „Es ist schön, wieder auf dem Platz zu sein. Das hat brutal gefehlt. Aber ein richtiges Training ist es noch nicht", sagte beispielsweise Torjäger Sebastian Jacob.
Es war ein zähes Ringen, bis der DFB-Pokal-Halbfinalist endlich die Ausnahmegenehmigung erhalten hat. Gegner Bayer Leverkusen konnte bereits Anfang April wieder trainieren. „Es ist völlig klar, dass die Politik andere Sorgen hat und dass der Fußball erst mal zweitrangig ist. Aber wir haben es auch mit Berufstätigen zu tun. Da wäre eine einheitliche Regelung sicherlich sinnvoll gewesen", sagte Sportdirektor Marcus Mann. Der 36-Jährige geht seinem Naturell entsprechend ruhig und gelassen mit der Situation um. Doch die Zukunftsplanungen sind schwierig. „Ich habe schon die Befürchtung, dass ein Flickenteppich entsteht", sagt Mann mit Blick auf die höchst unterschiedlichen Regelungen. Fest scheint zu stehen, dass die Bundesligen die Saison zu Ende bringen wollen. In der Dritten Liga ist die Lage unklar. Einige Vereine plädieren für eine Fortsetzung mit Geisterspielen, andere wollen einen Abbruch ohne Absteiger. „Am Ende vertritt jeder Verein seine eigenen Interessen. Das ist ganz natürlich", sagt FCS-Geschäftsführer David Fischer und Mann ergänzt: „Aber es muss die Frage erlaubt sein, welchen Anspruch eine Mannschaft hat, die zehn Punkte Rückstand auf das rettende Ufer hat, in der Klasse zu bleiben."
Flickenteppich droht
Wie es mit der Regionalliga Südwest weitergeht, ist ungewiss. Im Westen hat man dagegen schon Fakten geschaffen. Die wegen der Corona-Krise derzeit unterbrochene Saison soll vorzeitig beendet werden. 16 von 18 Clubs sprachen sich vergangene Woche Mittwoch in einer Telefonkonferenz für diese Lösung aus. Demnach soll es keinen Absteiger geben. Darüber hinaus soll ein Verein als möglicher Aufstiegsaspirant benannt werden. Weil Tabellenführer SV Rödinghausen keine Drittliga-Lizenz beantragt hat, könnte das der derzeitige Tabellen-Zweite SC Verl sein. Das Problem: Im Normalfall müsste der Westvertreter Aufstiegsspiele gegen den Meister der Nordoststaffel bestreiten. Die Mehrheit der Vereine strebte dort zunächst eine Fortsetzung der Saison an. Allerdings müsse die Spielzeit am 30. Juni beendet sein, so die Forderung der Vereine. Bei einer Fortsetzung ohne Zuschauer setzt der NOFV auf die Unterstützung von MDR und RBB, die den Vereinen Liveübertragungen in Form von Livestreams ermöglichen sollen. Allerdings haben sich in den vergangenen Tagen die Stimmen gemehrt, die auch dort für einen Abbruch sind. Die Situation im Nordosten ist besonders brisant, da Tabellenführer Altglienicke und der Zweite Lok Leipzig punktgleich sind. Der Berliner Stadtteilclub hat zwar die bessere Tordifferenz, dafür aber ein Spiel mehr absolviert. „In der Haut, da eine Entscheidung treffen zu müssen, möchte ich nicht stecken", sagt Mann. Mit Blick auf die eigene Situation gibt er sich gelassen: „Wir waren die ganze Runde über an der Tabellenspitze, haben sechs Punkte mehr. An uns wird kein Weg vorbeiführen."
Sorgen bereitet Mann die Tendenz im Amateurfußball. In Bayern hat der Verband auf Wunsch der Mehrheit der Vereine beschlossen, die Saison unterhalb der Fünften Liga ab dem 1. September fortzusetzen. Die Saison 2020/2021 soll ab November starten und gegebenenfalls verkürzt werden. „Da bin ich gespannt wie das funktionieren soll. Irgendwo wird es immer einen Übergang in eine höhere Liga geben." Derzeit kann niemand vorhersagen, wie sich die Situation entwickeln wird. Selbst beim DFB geht man hinter vorgehaltener Hand davon aus, dass auch ab September unter Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt werden müsste. Die Aussage vieler Regionalligisten, auf „Geisterspiele" verzichten zu wollen, verwundert Mann. „Da fehlt mir dann teilweise die Bereitschaft, sich offensiv mit der Situation auseinanderzusetzen. Wir sind Berufsfußballer und haben auch eine Fürsorgepflicht unseren Angestellten gegenüber. Irgendwann müssen wir wieder spielen." Die Personalplanungen sind ohnehin erschwert. Der Vertrag von Torjäger Jacob läuft aus, andere Kontrakte hängen von der Ligazugehörigkeit ab. „Wir können derzeit nur gewisse Dinge vorbereiten, finalisieren können wir nichts. Das gilt auch für Neuzugänge", sagt Mann.
Mehrheit gegen Geisterspiele
Auch Neu-Trainer Lukas Kwasniok hängt in den Seilen. Sein Vertrag verlängert sich nur bei Aufstieg. Aber es ist kein Geheimnis, dass der FCS mit ihm auch für den unerwarteten Fall einer weiteren Regionalliga-Zugehörigkeit weiterarbeiten möchte. „Das sind Dinge, mit denen ich mich im Moment nicht auseinandersetze", sagt der 38-Jährige. Für den Familienvater zählen derzeit andere Werte, die er auch seinen Spielern mitgibt: „Wir sollten für jeden Tag dankbar sein, an dem wir gesund unserer Arbeit nachgehen können." Kwasniok wurde im Winter geholt, um den Aufstieg perfekt zu machen. Würde er sich über die Meisterschaft am Grünen Tisch überhaupt freuen? „Damit werde ich mich dann auseinandersetzen, wenn es so weit ist."
Das Halbfinale gegen Leverkusen ist noch nicht terminiert. Möglicherweise wird es erst im Juni stattfinden. Einen Testlauf wird es vorher wohl auch nicht geben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Genehmigung für ein Testspiel bekommen werden", sagt Kwasniok und lacht. „Das erschwert Leverkusen aber auch die Möglichkeit, uns zu analysieren." Fest steht: Der FCS wird alles daran setzen, dass das Spiel über die Bühne geht. Denn nur dann ist wirklich sicher, dass die komplette Summe von 2,8 Millionen Euro an Prämien auch komplett fließt. „So hart es klingt. In diesem Fall ist der finanzielle Aspekt fast genauso wichtig wie der sportliche", sagt Mann.