Bei den Spielern und den Trainern des 1. FC Saarbrücken genießt er höchstes Ansehen. Athletik-Coach Christoph Fuhr und seine Firma AC-Performance GmbH betreuen aber nicht nur Profi-Fußballer.
Die Uhr zeigt 7.30, wenn der Schlüssel von Christoph Fuhr die Tür zu seinem Unternehmen AC-Performance GmbH aufsperrt. Während die Sonne gerade über Saarbrücken aufgeht und der Tag beginnt, pilgern schon die ersten Menschen in die Räumlichkeiten in Schafbrücke. Dabei sind es nicht nur Fußballspieler, die auf die Dienste des studierten Sportwissenschaftlers zurückgreifen, sondern Menschen mit unterschiedlichen Zielen. „Uns war es wichtig, nicht nur für eine Menschengruppe da zu sein. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, adäquate Lösungen für jedermann zu finden. Das kann einerseits der Fußball-Profi sein, der in die Bundesliga möchte, aber auch die ältere Frau, die nach einer Operation den Alltag bewältigen will", erklärt der 29-Jährige das Konzept. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner und Freund Anto Maric, der den physiotherapeutischen Bereich leitet, ist es das Ziel, Menschen grundsätzlich ein Feld zu bereiten, mit dem sie nicht nur Krankheiten oder Verletzungen verbinden, sondern in dem sie wachsen können und ihre Performance steigern können – egal ob verletzt oder gesund, egal ob Fußballer oder Großmutter.
Der Weg in die Selbstständigkeit hat sich bei Fuhr aber nicht direkt angedeutet. Nach seinem Abitur am Otto-Hahn-Gymnasium in Saarbrücken war zunächst nicht klar, wohin die Reise gehen sollte. Durch seinen Vater bestand die Nähe zur Autobranche, also begann er eine Ausbildung als Automobilkaufmann und schloss diese erfolgreich ab. „Im Jahr 2012 stand ich dann aber vor der Entscheidung, wie es weitergeht. Und für mich war klar: Wenn ich jetzt nicht anfange, Sport zu studieren, mache ich es niemals mehr."
Als Fußballer begann alles in seinem Heimatort Bischmisheim, wo er es als A-Jugendlicher schon in die Erste Mannschaft schaffte. Über den SV Auersmacher, den 1. FC Saarbrücken II, Saar 05 Saarbrücken und wieder Auersmacher ging es dann bis heute wieder zurück in seine Heimat zum FV Bischmisheim. Seine fußballerische Zeit darf durchaus als erfolgreich betitelt werden. Mit Saar 05 Saarbrücken stieg er aus der Oberliga in die Regionalliga auf, dort erzielte er sogar ein Tor und spielte in der Liga, in der er später die Fitness der FCS-Spieler verbessern sollte. Mit seinem Heimatverein gelang ihm der Aufstieg in die Saarlandliga und der Klassenerhalt im Jahr darauf. In diesem fußballerischen Werdegang liegt aber auch der Grundstein, für seine spätere Berufung: Menschen zu helfen und besser zu machen. „Ich hatte als Fußballer oft mit muskulären Verletzungen zu kämpfen, hatte aber nie das Gefühl, dass mir jemand helfen kann", erzählt er.
Alles begann mit einem Selbststudium
Deshalb begann er mit einem Selbststudium und versuchte, an sich selbst Stellschrauben zu finden, an denen er drehen konnte, um seinen körperlichen Zustand zu verbessern. „Grundsätzlich geht es darum, Menschen eine Hilfe mit an die Hand zu geben, die ich so nicht hatte", sagt er. Aufgrund seiner körperlichen Probleme konnte der Bischmisheimer nie so hoch spielen, wie er es mit seinem Talent vielleicht hätte können. Deshalb will er Spielern und Menschen helfen, das Optimale herauszuholen – damit ihnen das nicht passiert.
Dieses Optimale aus den Menschen herauszuholen, ist auch seine Aufgabe als Athletik-Trainer des 1. FC Saarbrücken. So ist seine Position innerhalb des Vereins klar definiert – es geht eben nicht nur um Athletik und Training, sondern das große Ganze. „Grundsätzlich geht es um zwei große Dinge: Die Spieler maximal anpassungsfähig und gleichzeitig verfügbar zu halten und das über eine ganze Saison – das ist die Krux." Und der Sportwissenschaftler ergänzt: „Zudem will ich nie wieder hören, dass ein Talent aus unserer U19 es zwar fußballerisch schaffen könnte, körperlich der Sprung aber zu groß ist – diese Kluft gilt es zu schließen." Dass die Spieler des FCS von Fuhrs Arbeit profitieren, ist mit einem Blick auf die vergangene Pokalsaison nicht von der Hand zu weisen. Bis in die Verlängerung und darüber hinaus waren die Blau-Schwarzen auch Bundesligisten körperlich teilweise überlegen. Seine Expertise hat er sich aber hart erarbeitet. Unter anderem absolvierte er das Z-Health-Curriculum in Kopenhagen und investierte damit seine gesamten Ersparnisse in seine Ausbildung. Das scheint sich jetzt auszuzahlen. Die Spieler attestieren Fuhr eine herausragende Arbeit und machen enorme Schritte nach vorne. „Das Verhältnis zu den Spielern würde ich schon als kumpelhaft beschreiben, auch weil wir einfach im selben Alter sind. In den richtigen Momenten ist es aber geprägt von Professionalität und Distanz", sagt der 29-Jährige. Und er fügt hinzu: „So distanziert wie nötig, so nah wie möglich." Zum Drittliga-Aufsteiger kam er über seinen früheren Auersmacher Mitspieler Nico Weißmann. Der Jugendleiter verpflichtete den damaligen Sportstudenten für das Nachwuchsleistungszentrum. Mittlerweile betreut Fuhrs Firma Profis und Jugend gleichermaßen.
Als sein Vertragsverhältnis Ende Juni auslief und die Gespräche ins Stocken gerieten, liefen Spieler und Trainer Sturm. „Er hat ein sehr gutes Standing, das ist für einen Athletik-Trainer ungewöhnlich. Die machen manchmal ganz komische Übungen und sind nicht immer so beliebt", musste Vizepräsident Dieter Ferner einräumen. Der Vertrag wurde verlängert.
„Diese Kluft gilt es zu schließen"
Persönliche Ziele als Performance Manager hat der ehrgeizige Sportwissenschaftler natürlich auch: „Nahziel ist, dort tätig zu sein, wo es mich als Spieler nie hingeführt hat, das ist mit der Dritten Liga gegeben. Ein Fernziel kann sicherlich die Bundesliga sein." Privat fährt Fuhr in ruhigen Gewässern. Mit seiner Verlobten Miriam ist er seit Jahren zusammen, die eigentlich dieses Jahr geplante große Hochzeit ist Corona zum Opfer gefallen, wird aber im kommenden Jahr nachgeholt. Die Selbstständigkeit ist angelaufen und die schwere Anfangszeit mit dem Coronavirus überstanden. Zusammen mit dem 1. FC Saarbrücken ist er in die Dritte Liga aufgestiegen und hat das Halbfinale des DFB-Pokals erreicht. Mit seinem Jugendverein spielt er in der Saarlandliga.
Am Ende seiner Entwicklung ist Christoph Fuhr aber noch lange nicht. „Für AC-P geht es darum, ein High-Performance-Feld zu schaffen, in dem der Leistungssportler sich weiterentwickeln oder rehabilitieren kann, aber auch Oma und Opa wieder die Möglichkeit gegeben wird, sich im Alltag besser zu bewegen und zu fühlen", betont er. Wenn dann abends nach einem langen Arbeitstag die Sonne untergeht und die Tür zu AC-Performance abgesperrt wird, endet die Arbeit nicht wirklich. Menschen die sich verbessern wollen oder Hilfe brauchen, gibt es immer. Oft geht es zu Hause am Telefon weiter. Alle, die bisher mit ihm zusammenarbeiten durften, egal ob Fußballprofi oder nicht, sind sich einig: Gut, dass er sich 2012 entschieden hat, Sport zu studieren.