Der Toyota Camry ist seit fast drei Jahrzehnten ein Erfolgsmodell. Nach acht Jahren Pause ist seit vorigem Jahr die achte Generation endlich auch wieder in Europa und damit bei uns am Start. Wir sind den Camry Hybrid in der Business-Version gefahren.
Dass kreative Köpfe aus Marketingabteilungen gelegentlich mit sonderbaren Ideen aufwarten, sind wir gewohnt. Dass aber ein Auto wie der Toyota Camry vorwiegend als Taxi verkauft werden soll – nichts gegen das ehrenwerte Gewerbe – ist, wie man so schön sagt, Perlen vor die Säue geworfen. Zumal mancher Automanager vor Ehrfurcht auf die Knie sinken sollte, schließlich wurden in der langen Historie des Camry seit seinem Erscheinen 1983 sage und schreibe 19 Millionen Exemplare gebaut. Das hat in so kurzer Zeit kein anderer Typ geschafft.
Für den Taxibetrieb alleine ist die achte Generation des Camry einfach viel zu gut gelungen und viel zu vernünftig. Der Wagen ist beispielsweise hierzulande ausschließlich mit einem Hybrid-Antrieb (ohne Plug-in) zu haben, der zugegebenermaßen auch für den Droschkenbetrieb, also vorwiegend im Stadtverkehr, hervorragend geeignet ist. Toyota ist ja quasi der Pionier dieser Antriebsart, kein Wunder also, dass es die Japaner hierbei mittlerweile zur Perfektion gebracht haben.
Der 218 PS starke frontgetriebene Wagen soll laut Normverbrauch mit 4,4 Litern Benzin auskommen. In der Alltagsrealität unseres Tests lag der Verbrauch allerdings bei rund sechs Litern – wobei dies immer noch ein Wert ist, bei dem es nicht viel zu bekritteln gibt.
Innenraum bietet viel Kopffreiheit
Im Camry kommt ein aufwendig überarbeiteter Nickel-Metallhybrid-Akkumulator zum Einsatz, der eine höhere Leistung als frühere Batterien liefert und gleichzeitig weniger Platz benötigt. Das Auto ist zwar in der oberen Mittelklasse platziert, hat aber vom Komfort und von seiner Größe mit einer Länge von 4,89 Meter durchaus Oberklasse-Qualitäten.
Während frühere Camry-Modelle eher durch massentaugliche Biederkeit auffielen, ist der neue auch optisch durchaus aufgewertet worden. Der kurze Überhang der Frontpartie, durch den die Räder weit nach vorne platziert worden sind, und die wuchtig wirkenden leicht ausgestellten Kotflügel geben dem Wagen einen Hauch von Sportlichkeit. Das unterstreichen auch die sich weit und flach nach hinten ausbreitende Dachlinie und die sehr tief liegende Motorhaube. Die Dachkonstruktion hat zudem positive Auswirkungen auf den Komfort im Fond. So viel Kopffreiheit sucht man bei der Konkurrenz oft vergebens. Auch die Heckpartie mit den aerodynamisch geformten LED-Heckleuchten vermittelt nochmals einen Hauch von Sportlichkeit, ohne zu übertreiben.
Den 1,6 Tonnen schweren Wagen gibt es in zwei Ausführungen. Knapp 40.000 Euro kostet die „Business"-Version, in der abgesehen vom Navi und LED-Scheinwerfern alle wichtigen Helferlein inkludiert sind. Dazu gehören sogar beheizte Ledersitze mit sogenannter Lordosestütze, also einer Stütze für die Lendenwirbelsäule.
Wir fuhren die Business-Edition, die rund 3.000 Euro teurer ist als die Grundversion, durch die norddeutsche Tiefeben. Bei optimalen Bedingungen kann laut Toyota bis zu 50 Prozent der alltäglichen Fahrstrecke emissionsfrei bewältigt werden. Der langhubige Vierzylinder-Benziner ist laufruhig und fährt sich bemerkenswert komfortabel. Dieses Attribut gilt auch für das komplett neu entwickelte Fahrwerk, das ein sehr gutes Handling und erstklassigen Federungskomfort gewährleistet. Ausgeprägte Sportlichkeit kann man von einem Auto dieser Art ohnehin nicht erwarten. Das ESP verhindert überdies schon frühzeitig waghalsige Kurvenfahrten.
Die Lenkung ist präzise und verändert ihren Härtegrad je nach Tempo von weich zu straff. Natürlich ist sie so einstellbar, dass Fahrer bis fast zwei Meter Körpergröße eine ideale Sitzposition einstellen können. Der Sitz bietet außerdem hervorragenden Seitenhalt. Die Sitzmöbel tragen genauso zum entspannten Fahren bei wie das übersichtliche Cockpit. Die wichtigsten Fahrdaten sind zentral im Blickfeld, weil das Armaturenbrett ergonomisch sinnvoll auf den Fahrer ausgerichtet ist. Basis dafür sind zwei leicht ablesbare Displays. Beim Executive Modell besteht die Einheit aus einem sieben Zoll großen Multi-Info-Bildschirm in Blickrichtung Lenkrad beziehungsweise Fahrbahn und einem acht Zoll großen Monitor in der Mittelkonsole. Letzterer fehlt im preiswerteren Modell. Immer dabei ist die kabellose Ladestation für alle Mobilfunkgeräte. Dafür sorgt ein induktives Feld direkt vor dem Schalthebel.
Abriegelung bei Tempo 180
Der gesamte Innenraum ist in gedämpften Farben gehalten und mit Materialien gehobener Qualität ausgestattet. Die hinteren Sitze sind im Verhältnis 60:40 teilbar. Durch den Einsatz einer platzsparenden Doppelquerlenker-Hinterachse verfügt der Camera über 524 Liter Stauraum. Lobend erwähnen wollen wir auch die ordentliche Rundumsicht, die selbst bei Autos dieser Größe beileibe keine Selbstverständlichkeit ist. Besonders auffällig sind die geradezu filigran wirkenden A-Säulen.
Hybrid-Fahrer gewöhnen sich erfahrungsgemäß meist schnell eine sanfte Behandlung des Gaspedals an. Ein paar Kilometer Fahrt im reinen Elektromodus sind dann auch locker möglich. Reserven sind aber jederzeit genügend vorhanden, das maximale Drehmoment des Benziners zusammen mit dem E-Motor beträgt gut 400 Newtonmeter. Die neue sogenannte Sequentielle Shiftmatic-Technologie des Hybridsystems erzeugt für den Fahrer den Eindruck, über einen Wahlhebel in der Mittelkonsole die einzelnen Gänge selbst einlegen zu können – ähnlich wie bei einer schnellen Sechsgang-Automatik. Mit dem Fahrmodusschalter können die Programme Eco, Normal und Sport ausgewählt werden.
Zu entspannter Fahrweise trägt auch das etwas verhalten arbeitende Planetengetriebe bei, das die auf dem Messgerät angezeigte Drehzahl etwas zögerlich in Vortrieb umsetzt. Taxifahrer dürfte das kaum stören, wenn sie dafür nicht so häufig an die Tanksäule müssen. Wer ein Hybrid-Auto fährt, wird in der Regel seine Heimat ohnehin nicht auf der linken Autobahnspur verorten. Insofern ist es nur konsequent und zeitgemäß, dass unsere japanischen Freunde den Wagen bei Tempo 180 abriegeln.
Kurzum: Mit dem neuen Hybridsystem steht Toyota mal wieder an der Spitze der technischen Entwicklung. Eine hervorragende Platzausbeute, souveränes Handling und geringer Verbrauch bei gleichzeitig geringen Emissionen machen den Wagen sehr attraktiv. Dazu kommt noch ein vergleichsweise günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis.