Im Kongress alles beim Alten – die Republikaner stellen weiterhin die Mehrheit im Senat, die Demokraten im Repräsentantenhaus. Eine „blaue Welle", die 2018 die Demokraten euphorisierte, hat sich nicht wieder aufgebaut. Die Republikaner haben Grund zum Feiern.
Die blaue Welle ist verebbt, noch bevor sie sich wieder aufgebaut hat. Während der Präsidentschaftswahlen machen die US-Amerikaner ihr Kreuzchen nicht nur für einen der beiden Kandidaten. Sie wählen auch unzählige Ämter auf Ebene der Countys und Bundesstaaten sowie große Teile des Kongresses, darunter ein Drittel der Senatoren. Genau dort hat die von den Demokraten viel beschworene Welle, die die Republikaner hinwegfegen sollte, versagt. Trotz Rekordausgaben ist es ihnen bis jetzt nicht gelungen, die Senatsmehrheit zu erobern – doch gibt es noch kleine Chancen in zwei Stichwahlen im Bundesstaat Georgia bis Januar.
Laut ersten Schätzungen haben die beiden Parteien insgesamt bis zu 14 Milliarden US-Dollar für ihre Wahlkämpfe ausgegeben – ein neuer Rekord. Demokratische Herausforderer wie Sara Gideon (Bundesstaat Maine) oder Jamie Harrison (South Carolina) lehrten ihre Gegnerinnen das Fürchten: Harrison konnte zuletzt 57 Millionen Dollar in South Carolina ins Rennen gegen den republikanischen Amtsinhaber Lindsey Graham werfen, Gideon gegen die republikanische Amtsinhaberin Susan Collins gar 68,5 Millionen – sehr viel mehr als ihre Kontrahenten, die in letzter Minute ihre Unterstützer um mehr Spenden regelrecht anbettelten. Und dennoch verloren beide demokratischen Herausforderer teils deutlich. Auch Senatsführer Mitch McConnell (Republikaner, Kentucky) konnte seinen Posten verteidigen.
Im Repräsentantenhaus konnten die Demokraten ihre Mehrheit zwar verteidigen, verloren aber einige Sitze. Dafür zog beispielsweise Marjorie Taylor Greene (Republikaner, Georgia) ins Parlament ein, die offen die verschörungstheoretische QAnon-Bewegung unterstützt. Schon werden Stimmen laut, die die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (Demokraten), herausfordern wollen. Denn der Frust der Demokraten darüber, dass sie ihr „Momentum" offenbar schon vor der Wahl verloren haben, sitzt tief.
QAnon-Anhängerin in Kongress gewählt
Mit dem überraschend starken Ergebnis von Donald Trump, zahlreichen verteidigten Senatssitzen und neu hinzugewonnenen Sitzen im Repräsentantenhaus blicken die Republikaner mit breiter Brust auf die kommenden Jahre. Denn auch auf Ebene der Bundesstaaten konnten sie zulegen und haben nun die Macht, 181 Wahldistrikte für die kommenden zehn Jahre neu abzustecken – durch „Gerrymandering". Dieser Neuzuschnitt von Wahlkreisen ist in den USA in 35 Bundesstaaten erlaubt und üblich. Die Demokraten werden das Gleiche in 76 Wahlbezirken tun.
Seit Kurzem aber steckt System dahinter. 2010 startete die Republikanische Partei mithilfe riesiger Datenmengen die Operation „Red Map" (Rote Karte). Das Ziel: die politische Vorherrschaft der Partei zu zementieren, obwohl sich immer mehr Wähler laut Prognosen den Demokraten zuwenden.
Um einen Wahlkreis für sich zu gewinnen, muss ein Kandidat einer Partei die meisten Stimmen gewinnen. So weit, so einfach. Einige Wahlkreise werden aber zunehmend von demokratisch registrierten Wählern dominiert. Republikaner verlieren also künftig, strukturell bedingt, so die Lesart der Partei. Um sich trotzdem und auf lange Sicht die Mehrheit zu sichern, verändern Wahlkreiskommissionen die Wahlkreise so, dass in ihnen tendenziell mehr republikanische statt demokratische Wähler leben: Sie zeichnen die Wahlkreisgrenzen neu, wodurch abenteuerlich aussehende Wahlkreise mit mehrheitlich registrierten Republikanern zustande kommen. Somit gewinnt zwangsläufig häufiger ein republikanischer Kandidat als ein demokratischer. „Red Map" hat zur Folge, dass die Republikaner mittlerweile in 21 von 51 Parlamenten der Bundesstaaten die Mehrheit stellen, obwohl sie weniger Stimmen als die Demokraten auf sich vereinigen können.
Mithilfe dieser Strategie wollen die Republikaner die Politik auf bundesstaatlicher Ebene dominieren. Und nicht nur dort. Die verteidigte Senatsmehrheit sorgt dafür, dass sich auch auf Bundesebene nichts bewegt, solange kein Republikaner im Weißen Haus sitzt: Mitch McConnell, der republikanische Mehrheitsführer des Senats, hat bereits im Falle eines Wahlsieges von Joe Biden angekündigt, jegliche Gesetzesvorhaben der Demokraten zu blockieren – eine Fortsetzung der Politik, die bereits die zweite Amtszeit von Barack Obama von vornherein zum Scheitern verurteilte.