Der 1. FC Saarbrücken steht nach zehn Spieltagen völlig überraschend an der Spitze der 3. Liga. Wohin geht die Reise der Blau-Schwarzen? Die englische Woche könnte Aufschluss geben.
Zehn Spiele hat Trainer Lukas Kwasniok seiner Mannschaft Zeit gegeben, bis er ein Fazit ziehen wollte. „Danach werden wir sehen, wo wir stehen, wie wir in der Liga angekommen sind", sagte er im Sommer. Seit dem vergangenen Freitag, nach dem 2:0-Erfolg bei Viktoria Köln steht sein Team mit 22 Punkten an der Tabellenspitze: „Das ist natürlich weit mehr, als wir uns erhofft haben. Aber die Mannschaft macht einen brutalen Job", lobte der 39-Jährige. Die 3. Liga ist auch in diesem Jahr eine Wundertüte. Vermeintliche Aufstiegskandidaten wie der MSV Duisburg oder der 1. FC Kaiserslautern stecken im Tabellenkeller. Top-Favorit Dynamo Dresden hängt wie der SV Wehen Wiesbaden im Mittelfeld fest. Die Mannschaft aus der hessischen Landeshauptstadt ist am Samstag der nächste Gegner des FCS. Für Nicklas Shipnoski, der in Köln seinen fünften Saisontreffer erzielte, ist es ein Wiedersehen. Mit Wehen stieg er vor zwei Jahren in die Zweite Liga auf. In der vergangenen Saison verlor er seinen Stammplatz und entschloss sich zu einem Wechsel zum FCS. „Ich kenne natürlich noch einige Spieler, aber der Umbruch war schon relativ groß. Ich halte sie dennoch für einen Aufstiegsfavoriten. Sie sind in Schlagdistanz und werden sich noch einspielen", sagte der 22-Jährige. Nach dem Heimspiel gegen den SVWW steht unter der Woche die Reise nach München zum starken Mitaufsteiger Türkgücü an. Danach folgt das mit Spannung erwartete Derby gegen den FCK. „Wir sind gut beraten, nach wie vor von Spiel zu Spiel zu denken. Natürlich wollen wir uns da oben nicht kampflos verabschieden", sagt Angreifer Sebastian Jacob.
„Nicht kampflos oben verabschieden"
Dass der FCS derzeit oben steht, kommt nicht von ungefähr. Eine eingespielte und homogene Truppe wurde im Sommer noch einmal gezielt verstärkt. Der Kader ist qualitativ breit aufgestellt und kann Ausfälle auffangen. „Wir hatten immer mal wieder ein paar Ausfälle, aber sind von langfristigen Verletzungen bisher verschont geblieben. Sollte es uns treffen und es kommt eine Phase mit weniger Spielglück hinzu, können die Dinge auch anders laufen", sagte Vize-Kapitän Jacob, der die Lage realistisch einschätzt: „Erst mal ging es darum, Punkte gegen den Abstieg zu sammeln. Wir wollen nun versuchen, so viele Zähler wie möglich bis Weihnachten einzufahren. Danach muss man sehen, wie wir aus der Pause kommen."
Anzeichen, dass der FCS einbrechen könnte, gibt es derzeit aber nicht viele. Das Team von Coach Kwasniok ist topfit. Und der Trainer beweist Woche für Woche, dass er Spieler weiterentwickeln kann. Gegen Köln überraschte er mit der Versetzung des wiedergenesenen Fanol Perdedaj auf die rechte Verteidiger-Position. „Köln hatte schnelle und gute Spieler auf den Außen. Da wollten wir gegenhalten. Zudem wollte ich mit Barylla und Zellner ein schnelles Abwehrzentrum haben. Es ist schön, wenn die Dinge dann auch aufgehen", sagte der 39-Jährige. Kwasniok schafft sich Alternativen und sorgt so dafür, dass das Team bei Laune bleibt. Und seine Mannschaft folgt ihm blind. Beeindruckend ist auch die Leidenschaft. Linksverteidiger Mario Müller quält sich seit Wochen mit Kniebeschwerden durch die Liga. Am Freitag machten noch beide Oberschenkel zu. „Es wird drei Tage dauern, bis ich mich wieder so bewegen kann, wie es sich für einen Leistungssportler gehört. Danach geht es weiter", sagte der 28-Jährige.
Drittliga-Debüt für Eigengewächs Marius Köhl
Fast noch krasser der Fall Daniel Batz. Unbeachtet von der Öffentlichkeit zog sich der Torwart im Abschlusstraining einen Hexenschuss zu. Am Abend vor dem Spiel konnte er kaum gehen, wurde wenige Stunden vor dem Anpfiff fit gespritzt. „Was die Jungs Woche für Woche abrufen, ist beeindruckend. Wir müssen aber abwarten, wie lange wir dieses Pensum gehen können", sagte Kwasniok. Der 39-Jährige trainierte vor seinen Stationen als Cheftrainer lange im Jugendbereich. Sein Auftrag lautet auch, Talente zu fördern. In Köln belohnte er Eigengewächs Marius Köhl mit den ersten Einsatzminuten in der 3. Liga. „Es kam ein bisschen überraschend, weil ich ja noch gar nicht im Kader war. Aber ich habe mich natürlich riesig gefreut und bin stolz", sagte der 19-Jährige.
Stolz auf ihre Mannschaft war auch die mitgereiste FCS-Delegation. Auch wenn alle Beteiligten zur Vorsicht mahnen. „Vor Wochen hatten wir ein Spitzenspiel gegen Unterhaching. Wir haben knapp gewonnen, und der Gegner hat seitdem keinen Punkt mehr geholt und steht jetzt in der Abstiegsregion. Daran sieht man, wie schnell es gehen kann", sagte Vizepräsident Dieter Ferner und fügte hinzu: „Es ist noch viel zu früh, um über andere Ziele zu sprechen." Dennoch: Die kommenden drei Spiele werden weiteren Aufschluss darüber geben, wie stark der FCS auf lange Sicht wirklich ist. Für Viktoria-Trainer Pavel Dotchev gibt es jedenfalls keinen Zweifel: „Saarbrücken ist eine Spitzenmannschaft."