Touristiker lassen sich derzeit einiges einfallen, damit Gäste sich im Winterurlaub sicher fühlen, von kostenlosen Stornomöglichkeiten über kleinere Skikursgruppen bis hin zur Stauvermeidung an den Liften und in den Hütten. Après-Ski und Großevents haben ohnehin Pause – und sanfte Wintersportarten in der Natur vermutlich Konjunktur.
Mit Corona hat die letzte Wintersaison (vorzeitig) geendet, mit Corona beginnt die neue wieder. Der Unterschied: Auch wenn derzeit niemand vorhersagen kann, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt, hatten die Bergbahnbetreiber und Touristiker diesmal mehr Vorlauf – und gute Erfahrungen aus dem Sommerbetrieb –, um sich entsprechend vorzubereiten. Die Zeit haben viele genutzt und machen nun seit Wochen ihre Covid-19-Compliances publik, natürlich immer in der Hoffnung, dass die allgemeinen Maßnahmen nach den November-Beschränkungen wieder gelockert werden. Klar: Maskenpflicht, Abstandsregelung, häufiges Desinfizieren und alle weiteren Regeln, die auch in anderen öffentlichen Bereichen mittlerweile zum Standard gehören, stehen auch hier an erster Stelle. Doch der Maßnahmenkatalog umfasst meist noch Dutzende weitere Punkte: verstärktes Testen des Liftpersonals, größere Skibusflotten, mehr Onlineticket-Angebote, Gratis-Stornomöglichkeiten im Falle einer Reisewarnung oder persönlichen Coronaerkrankung und und und …
Der auffälligste Unterschied zum Vorjahr: In der Saison 2020/21 wird es Après-Ski in seiner bisherigen Form nicht geben. Kein Wunder: Nachdem sich im März zahlreiche Urlauber insbesondere in österreichischen Feierhochburgen infiziert hatten, standen die Skigebiete und auch die Länder stark in der Kritik. Vor allem das Partymekka Ischgl hat sich als trauriges Synonym für die Expressverbreitung des Coronavirus eingebrannt. Weder dort noch andernorts, auch nicht in Bayern oder der Schweiz, werden die meisten Schirmbars gar nicht erst aufsperren. Großkonzerte sind ohnehin gestrichen, ebenso wie manche Sportevents wie etwa der Ruhpoldinger Biathlon-Weltcup. Der Veranstaltungskalender ist heuer also stark ausgedünnt.
Auf den Hütten wird es ebenfalls ruhiger, da nur an Tischen gegessen und getrunken werden darf. Um Gedränge zu vermeiden, setzen einige auf Reservierung – oder auf Extrapersonal, das Gäste betreut, bis etwas frei wird. Übrigens: Selbstbedienung ist möglich, natürlich mit Maske.
Sesselbahnfahren halten Experten für unbedenklich
Für mehr Diskussion sorgt das Bergauf, während das eigentliche Skifahren aufgrund des natürlichen Abstandes und obendrein an der frischen Luft gar kein Problem darstellt. Daher wird die Beförderungskapazität in den Großraumgondeln, die außerhalb von Frankreich und der Schweiz ohnehin nur sehr selten zum Einsatz kommen, deutlich reduziert, während man in kleineren Bahnen zusieht, dass nach Möglichkeit nur Familien beziehungsweise Gruppen gemeinsam hochgondeln. Schnellere Fahrzeiten, quasi immer unter 15 Minuten, gute Belüftung und obligater Mund-Nasen-Schutz lassen den Vergleich mit U-Bahn- oder Busfahrten zu. An die haben sich die meisten ja auch gewöhnt. Außerdem halten selbst Experten wie der Epidemiologe Prof. Alexander Kekulé etwa Sesselbahnfahren für unbedenklich, sogar ohne Corona-Auflagen.
Dann erscheint das Ansteckungsrisiko erst recht überschaubar, wenn noch permanentes Desinfizieren sowie das Tragen eines Buffs oder Schals hinzukommen. Maskenpflicht gilt übrigens auch in geschlossenen Räumen wie Tal- und Bergstationen, Kassenbereich, Shops, Skidepots oder WC-Anlagen, in Skibussen sowie in Warteschlangen. Damit es an den Talstationen nicht zu eng hergeht, soll Zusatzpersonal helfen. „Herzlichkeitsdienst" taufte Georg Bliem, Geschäftsführer der Planai-Hochwurzen-Bahnen, seine neue, 15-köpfige Mitarbeitergruppe. „Sie informieren unsere Gäste im Anstellbereich, sorgen für Abstand und regeln das Warten bei Andrang." Große Massen erwartet sein Kollege Mathias Schattleitner, Geschäftsführer der Schladming-Dachstein Tourismusmarketing GmbH, ohnehin nicht: „Wir gehen davon aus, dass wir nicht überschwemmt werden." Das werden Regionen mit aktuellen Reisewarnungen noch viel eher spüren. Wenngleich Tagestouristen in der Regel keine Bedenken haben müssen, droht bei längerem Urlaub daheim nämlich die Quarantäne. Eine Herausforderung bleiben die Skikurse. Anvisierte Lösung: Alle Skilehrer müssen Negativtests vorlegen und in Kindererlebniswelten Maske tragen. Betreuungsräume und Restaurants sollen mehrfach am Tag desinfiziert werden. Und: Die Sammelplätze werden räumlich so großzügig gewählt, dass ohnehin kleine Gruppen unter sich bleiben.
Letztlich tragen die Gäste mit umsichtigem Verhalten am meisten zu einem gesunden Aufenthalt bei. Dazu zählt das Meiden größerer Menschenmengen, vor allem beim Sporteln. Schneeschuh- oder Winterwandern, Langlaufen und Ähnliches sind da absolut unbedenklich. Von der gesteigerten Nachfrage nach diesen sanften Wintersportarten könnten manche Regionen wie etwa das Tiroler Oberland, das schon immer die Gegenkultur zum Après-Ski verkörpert, sogar profitieren.
Elisa Thöni, Bereichsleiterin Pfunds beim Tourismusverband, wirbt: „Unsere Ferienregion bietet wohl das Beste aus beiden Bergwelten – Skivergnügen in den bekanntesten Skigebieten Tirols und andererseits totale Rückzugsorte in unberührten und ursprünglichen Schneelandschaften." Klar, in der Einsamkeit hält man automatisch Abstand. Dafür haben sie im Oberland sogar einen Begriff geprägt: Alpine Distancing.