Der 1. FC Saarbrücken ist seit fünf Spielen ungeschlagen. Ein Blick auf das Unentschieden in München zeigt, dass die Ansprüche bei den Blau-Schwarzen gewachsen sind.
Geisterspiele sind eine Sache für sich. Gerade an einem solch historischen Ort wie dem Olympiastadion in München. Wirkliche Fußball-Stimmung kommt nicht auf, dafür bekommen die wenigen Anwesenden sehr viel von dem mit, was sich unten auf dem Rasen abspielt. Es war 20.54 Uhr, als Schiedsrichter Mitja Stegemann die Partie zwischen Türkgücü München und dem 1. FC Saarbrücken abpfiff und FCS-Torwart Daniel Batz einen langanhaltenden Wutschrei ausstieß. Das 1:1 in einem Duell zweier starker Aufsteiger ließ den FCS unzufriedener dastehen als die Gastgeber. Es war ein Spiel auf Augenhöhe und ein Spiel, in dem beide Trainer versuchten ihren Gegenüber zu überraschen. Türkgücü-Coach Alexander Schmidt wollte den FCS mit dessen eigenen Mitteln schlagen und gab die Marschroute aus, den Tabellenführer früh unter Druck zu setzen. Lukas Kwasniok zog Abwehrchef Steven Zellner überraschend ins defensive Mittelfeld. Die erste Runde in diesem Abnutzungskampf ging an die Gastgeber. Der FCS wirkte fahrig, die Münchener giftig. Nach zehn Minuten brachte Mounir Bouziane Türkgücü in Führung. Da hatte Kwasniok den Plan aber bereits wieder verworfen und war zur ursprünglichen Ausrichtung zurückgekehrt. „Wir haben etwas gebraucht, um ins Spiel zu kommen. Ab der 15. Minute haben wir aber gut gespielt. Ich bin extrem stolz auf meine Mannschaft. Sie hat wahnsinnig viel investiert“, sagte der 39-Jährige anschließend. Wenn man in der Boxersprache bleibt, dann zogen sich die Gastgeber nach der frühen Führung in ihre Ecke zurück. Der FCS war weit mehr als eine Stunde lang absoluter Chef im Ring. Noch vor der Pause wechselte Münchens Coach Schmidt zum ersten Mal taktisch. „Der Ausgleich lag in der Luft. Ich wollte Saarbrücken den Stecker ziehen. Man muss ehrlich sagen, dass wir alle Hände voll zu tun hatten, um eine Niederlage zu verhindern. Aber am Ende hätten wir auch gewinnen können“, lautete seine durchaus realistische Einschätzung. Schon in der ersten Halbzeit legte sich der FCS den Gegner zurecht, hatte Pech bei Sebastian Jacobs Pfostentreffer und einem Abschluss von Maurice Deville, den Münchens Torwart Rene Vollath sehenswert aus dem Eck kratzte. Nach dem Wechsel dauerte es eine Viertelstunde, ehe Markus Mendler eine tolle Vorarbeit von Nicklas Shipnoski zum Ausgleich einköpfen konnte. Danach drängte Kwasnioks Team vehement auf den Siegtreffer, musste aber auch zwei Schreckmomente überstehen. Einmal, als Petar Sliskovic frei vor dem FCS-Tor auftauchte, Torwart Batz über-, den Ball aber am Tor vorbeilupfte. Und schließlich kurz vor dem Ende, als Aaron Berzel einen Freistoß Sercan Sararers an die Latte abfälschte. „Wir nehmen den Punkt gerne mit“, sagte Kwasniok während der Pressekonferenz. Zuvor hatte er aber auch erklärt, „dass wir wie schon gegen Wiesbaden das Gefühl haben, zwei Punkte verschenkt zu haben. Die wollen wir uns gegen den 1. FC Kaiserslautern zurückholen.“
Dass Derby gegen die „Roten Teufel“ am Sonntag um 14 Uhr warf bereits seine Schatten voraus. Dass der 1. FCS vor dem 13. Spieltag fast doppelt so viele Punkte auf der Habenseite verbuchen würde wie der selbsternannte Aufstiegsfavorit Nummer eins, hätte niemand für möglich gehalten. „Es ist ein Spiel, das unsere Fans elektrisiert. Wir werden in den kommenden Tagen viel davon hören“, sagte Kwasniok.
FORUM-Einzelkritik:
Daniel Batz: Bis auf das Gegentor wenig gefordert. Parierte einmal glänzend. Note: 2-
Mario Müller: Nach einem schleppenden Beginn mit deutlicher Steigerung. In der Schlussphase entnervte er Münchens Topspieler Sararer in bester Wadenbeißer-Manier. Note: 2-
Marin Sverko: Zunächst ein bisschen fahrig, steigerte er sich wie die gesamte Mannschaft. Leitete das 1:1 mit ein. Note: 3
Steven Zellner: Suchte am Anfang Bindung zum Spiel, stand beim Gegentreffer zu hoch. Gute Spieleröffnung, aber auch bei Sliskovic’ Chance mit einem Stellungsfehler. Note: 3-
Anthony Barylla: Kurz nach der Umstellung beim Gegentreffer wie Zellner desorientiert. Hatte zeitweise doch Probleme mit Sararer, steigerte sich aber deutlich. Note: 3-
Manuel Zeitz: Bei der Einleitung des Gegentors ohne Zugriff im Mittelfeld. Abgesehen davon wieder einer der besten Saarbrücker Feldspieler. Ruhig und umsichtig. Note: 2-
Tobias Jänicke: Früh mit Gelb vorbelastet, fiel er diesmal ein wenig ab. Fand wenig Bindung zum Spiel. Note: 4
Markus Mendler: Halbzeit eins lief völlig an ihm vorbei. Insgesamt mit wenig Ballkontakten, konnte er seine Stärken dann aber doch zeigen: tiefe Wege im letzten Drittel und gefährliche Standards. Note: 3-
Maurice Deville: Taktisch und läuferisch ein guter Auftritt des Luxemburgers, der viele Löcher stopfte und weite Wege ging. Ein bisschen torgefährlicher müsste er noch werden. Note: 3
Nicklas Shipnoski: Neben Zeitz und Müller bester Feldspieler. Ab und an mit Pausen im Spiel, aber an mehreren gefährlichen Aktionen beteiligt. Tolle Vorarbeit zum 1:1. Note: 2-
Sebastian Jacob: Pech beim Pfostentreffer und einem sehenswerten Kopfball. Permanent in Bewegung, ohne das nötige Glück diesmal. Note: 3