Für die Fans ist es das Highlight der Saison, lange wurde dieses Spiel erwartet. Der 1. FC Kaiserslautern gastiert im Ludwigspark. Die Vorzeichen könnten nicht unterschiedlicher sein.
Was wurde in den vergangenen Wochen nicht alles über den 1. FC Kaiserslautern geschrieben. Die Roten Teufel lieferten aber auch immer wieder neues Futter für die Presse. Die magere sportliche Punkteausbeute, das Insolvenzverfahren, Trainerentlassung – an diskutablen Themen wurde nicht gespart.
Dabei gibt es keine Geschichte, die im deutschen Fußball öfter erzählt wurde, als die des Aufsteigers der in der Bundesliga Deutscher Meister werden konnte. Sicherlich ruft diese Erinnerung bei einigen Anhängern noch Glücksgefühle hervor. Doch in den darauffolgenden 22 Jahren ging es langsam, aber stetig bergab. Den Tiefpunkt erreicht der einst glorreiche 1. FCK in den vergangenen Monaten.
Zufall oder eine typische Geschichte des Fußballs war es wohl, dass Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt am 15. Juni dieses Jahres vor die Presse trat, um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt zu geben. Auf den Tag genau vor 29 Jahren wurden die Pfälzer durch einen 6:2 Sieg in Köln Deutscher Meister. Mittlerweile spielt der FCK bekanntermaßen in der 3. Liga. Die Geschichte nach 1998 ist bereits hinlänglich bekannt und oft erzählt worden. Um zu verstehen, wie es zu diesem beispiellosen Abstieg kommen konnte, reicht ein Blick in die Zweitligasaison vor fünf Jahren. Am 24. April 2015 gewinnt der damalige Zweitligist 1. FC Kaiserslautern beim VfL Bochum mit 2:0. Der Club ist drei Jahre nach dem Abstieg mit einem Bein zurück in der Bundesliga. Noch lange nach Abpfiff feiern die rund 2.500 mitgereisten Fans den vermeintlichen großen Schritt zum Aufstieg. Doch von den letzten vier Saisonspielen gewinnen die Pfälzer unter dem Trainer Kosta Runjaić kein einziges mehr und beenden die Saison nur auf dem vierten Platz.
Rückblickend hatte dieser fahrlässig verspielte Aufstieg immense Auswirkungen auf die jüngere Vergangenheit des Clubs. Nur in der Bundesliga wäre das gesunde finanzielle Überleben möglich gewesen. Doch anstatt vor ausverkauftem Haus gegen Bayern München zu spielen, ging es drei Jahre später gegen die Sportfreunde Lotte. Der direkte Wiederaufstieg gelingt nicht, ernüchternd landen die Pfälzer auf dem neunten Platz. Im Hintergrund schwelt ein Kampf um Geld und Macht innerhalb des Vereins. Die Ausgliederung der Profi-Abteilung folgt.
„In dieser Liga ist vieles schnell möglich"
Nach Personalrochaden auf wichtigen Posten des Vereins, tut die Corona-Krise dann ihr Übriges. Durch den Lockdown und die anschließenden Geisterspiele hat der FCK fortan nur wenige Erlöse. Die Verbindlichkeiten belaufen sich mittlerweile auf rund 24 Millionen Euro. Der Stuttgarter Anwalt Dirk Eichelbaum wird neuer Generalbevollmächtigter. Die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt von 90 Prozent mit Quattrex, dem der FCK mittlerweile etwa zehn Millionen Euro schuldet, durch Becca und Vermarkter Lagadère scheitern relativ schnell.
Weil dem FCK damit die Zahlungsunfähigkeit droht, bleibt nur der Gang zum Amtsgericht, um einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung zu stellen. Die Corona-Krise ist nicht Ursache, sondern eher Anlass für den Mitte Juni vollzogenen Schritt. Den eigentlich mit einem Insolvenzantrag verbundenen Neun-Punkte-Abzug gibt es aufgrund der Pandemie und der damit verbundenen Unsicherheit für die Vereine in dieser Spielzeit nicht.
Boris Schommers bekam die Chance, den FCK wieder zu neuem Glanz zu führen, scheiterte jedoch und musste in dieser Saison schon wieder seine Koffer packen. Jeff Saibene übernahm, bisher allerdings mit mäßigem Erfolg. Die Roten Teufel treten weiterhin auf der Stelle. Und das obwohl vor der Saison ordentlich in den Kader investiert wurde – trotz der Insolvenz.
Zwar wurden Florian Pick und Christian Kühlwetter nach Heidenheim abgegeben und spülten, wie Lennart Grill, der nach Leverkusen ging, ein wenig Geld in die klammen Kassen, die getätigten Neuverpflichtungen ließen die Konkurrenten aber durchaus aufhorchen. Zumindest vor der Saison. Denn spielerisch läuft es diese Saison bisher äußerst mager, die Punkteausbeute bringt die Roten Teufel bisher näher an die Regionalliga als an die Zweite Liga. Ein Grund tiefzustapeln? Nicht wenn es nach Geschäftsführer Voigt geht, deutete er gegenüber der „Sportbild" an: „Nein, dann würden wir dieses Jahr zu früh abschreiben. Mit einer kleinen Serie kann man sich bis zum Winter ins Mittelfeld stellen. In dieser Liga ist vieles schnell möglich, auch der Aufstieg."
Passend dazu äußerte sich Marlon Ritter nach dem enttäuschenden Unentschieden im Heimspiel gegen Magdeburg: „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen. Vielleicht sind wir doch schlechter, als wir denken, weil wir nicht die Punkte holen, die wir holen müssen." Zwei unterschiedliche Sichtweisen, wobei der Spieler wohl eher die Argumente auf seiner Seite hat. Der Blick kann derzeit nur nach unten gehen.
Bei der Suche nach Hoffnung für die Zukunft kann durchaus eine spielerische Verbesserung unter Jeff Saibene festgestellt werden. Bei besserer Chancenverwertung wäre das Heimspiel gegen Magdeburg gewonnen worden. Dennoch, die Aussage von Geschäftsführer Voigt regt zum Nachdenken an. Nachdem der Verein dem Zwangsabstieg gerade so von der Kippe gesprungen ist und nur mit viel Hilfe und Wohlwollen gewisser Personen überleben konnte, stellt der Geschäftsführer einen Aufstieg in Aussicht, nach dem es in diesem Jahr überhaupt nicht aussieht. Besser wäre es gewesen, einen nachhaltigen Plan zu präsentieren, der vielleicht im kommenden Jahr wieder einen Aufstieg in Aussicht stellt.
Fehler sind bekanntlich da, um aus ihnen zu lernen, vonseiten des FCK wurde das in den vergangenen Jahren aber deutlich versäumt. Der Kahlschlag mit der Insolvenz ist sicherlich eine Chance, wahrscheinlich sogar die letzte Chance, die dieser große Verein noch hat.