Das „Victor’s Fine Dining by Christian Bau" gehört zu den 133 besten Restaurants weltweit. Mit der Bau.Box können sich Interessierte die große Kunst des Spitzenkochs nun wöchentlich nach Hause holen. Das Angebot ist allerdings streng limitiert.
Corona hat der Gastronomie schwer zugesetzt, seit Monaten sind die Restaurants dicht. Das gilt auch für die Topstars unter den deutschen Köchen. Dreieinhalb Monate lang wurde im „Victor’s Fine Dining by Christian Bau" in Perl-Nennig kein Schalter bewegt, kein Kühlschrank geöffnet, kein Messer geschwungen. Die Mitarbeiter befanden sich alle in Kurzarbeit. Doch seit 6. Februar tut sich wieder was im Drei-Sterne-Restaurant auf Schloss Berg.
Die Küche wurde auf Hochglanz gebracht und alle Schränke eingeräumt, um das neueste Projekt anzugehen. Geöffnet werden darf das Restaurant zwar noch immer nicht, doch bis es so weit ist, hat sich Starkoch Christian Bau dazu entschlossen, eine zahlenmäßig streng limitierte Box mit einem Vier-Gang-Menu für zwei Personen zusammenzustellen und einmal wöchentlich an interessierte Kunden auszuliefern.
Nach dreieinhalb Monaten der Untätigkeit wollte die Victors’s-Group ihrem Spitzenkoch und seinen Mitarbeitern sowie auch seinen Partnern – Zulieferer und Erzeuger – wieder eine Perspektive geben. „Wir wollen unseren Mitarbeitern nach monatelangem Kurzarbeitergeld endlich wieder einen Arbeitsplatz bieten. Und unsere Partner sitzen auf Bergen von Obst und Gemüse, von Fleisch und Fisch, auf Trüffel, die sie aufgrund der Situation nur bedingt loswerden." Lange Zeit hatte Christian Bau gezögert: Ist in einer 1.000-Seelen-Gemeinde wie Perl-Nennig ein Markt da, der es rechtfertigt, Mitarbeiter regelmäßig zur Arbeit kommen zu lassen? Lieferanten anzuhalten, pünktlich in der Qualität zu liefern, für die das Drei-Sterne-Restaurant steht?
Ein Wagnis. Jetzt aber, wo sich langsam ein Hoffnungsstreif abzeichnet, will auch der 50-Jährige die Vorfreude auf einen hoffentlich baldigen Neustart wecken.
Keine Abstriche bei der Qualität
„Die Idee ist nicht neu und stammt auch nicht von mir", gibt Christian Bau zu. „Da haben schon andere Kollegen im ersten Lockdown ein richtiges Geschäftsmodell daraus entwickelt." Allen voran die Fernsehköche Alexander Herrmann oder Tim Mälzer, die daraus ein dauerhaftes neues Standbein gemacht haben. Oder auch der saarländische Sternekoch Alexander Kunz, um nur einige zu nennen.
Letzterer liefert wie so manch anderer seine Produkte vorgekocht und tiefgefroren zum Kunden, der diese dann auftauen und im Wasserbad erwärmen muss. Das allerdings ist nicht der Anspruch eines Drei-Sterne-Hauses wie des „Victor’s Fine Dining by Christian Bau". Genauso wenig eine Fließband-Produktion, wie sie Tim Mälzer macht. „Tim hat eigens eine Sporthalle angemietet, wo eine Verpackungsstraße auf Rollen läuft", erzählt Bau. „Rechts und links stehen jeweils zehn bis 15 Mitarbeiter, die Kartons laufen in Rollen vor denen durch und die Mitarbeiter bestücken diese wie bei Amazon. Das hat mit dem, was wir tun, überhaupt nichts zu tun", wie er ausdrücklich betont.
Im Gegensatz dazu ist die Bau.Box streng limitiert. „Wir verwenden für die Gerichte unserer Box nur frische Viktualien, die die wir zu 100 Prozent auch im Restaurant verwenden würden. Dabei arbeiten wir mit denselben Erzeugern und Händlern wie immer zusammen, und bei der Qualität werden keinerlei Abstriche gemacht. In der ersten Box ist beispielsweise derselbe Hamachi (Gelbschwanzmakrele), wie wir ihn auf Schloss Berg verwenden. Ein ganz frischer Fisch, der nicht etwa schockgefrostet ist", erklärt der Drei-Sterne-Koch. Das Kochteam bereitet alle Produkte so weit vor, dass der Kunde mit wenigen Handgriffen und unter schriftlicher Anleitung dieses Menu fertigstellen kann – „ohne großes Kochwissen haben zu müssen", erklärt Bau.
„Beim Dessert sind alle Komponenten fertig, und man muss sie nur noch auf den Teller drapieren, beim Zwischengericht genauso, und bei der Vorspeise ist es so, dass es geschnitten und minutiös mariniert ist, sodass man es nur noch auf den Teller bringen muss." Alle Bestandteile werden mitgeliefert, alle Vinaigrettes, alle Saucen. Es ist alles vorbereitet, und eine Anleitung liegt bei. „Eigentlich braucht man nur einen Sinn fürs Schöne, wie man’s auf den Teller arrangiert." Zur Orientierung liegen auch Fotos der jeweiligen Gerichte bei. Ob der Kunde dies eins zu eins so umsetzt oder kreativ wird, bleibt ihm selbst überlassen.
Nur beim Hauptgang muss man selbst aktiv werden. „Ich kann natürlich kein gebratenes Fleisch liefern", erklärt der 50-Jährige. „Das Fleisch ist aber bereits pariert und portioniert. Zudem wird es mit einer Schnur gebunden, damit es sich beim Braten nicht verformt. Alles, was der Kunde beim Hauptgang machen muss, ist das Fleisch anzubraten."
Die größte Herausforderung für Bau und sein Team war zunächst die Logistik. Angefangen vom Verpackungsmaterial bis zur Auslieferung mithilfe eines Logistikunternehmens. Einen Aufwand, den der Starkoch zu Beginn unterschätzt hatte. „Erst einmal haben wir überall Angebote eingeholt, damit wir sicherstellen konnten, dass die Box auch wirklich zuverlässig am Tag X bei den Kunden ist." In einer Zeit, in der eine Vielzahl der Menschen im Lockdown zu Hause sitzt und einen Großteil der Einkäufe über Internetbestellungen macht, eine riesengroße Herausforderung. Die Logistikunternehmen, die all die Päckchen und Pakete ausliefern, sind mit ihren Ressourcen seit Monaten am Anschlag. „Die meisten sind gar nicht heiß auf Deals, bei denen sie zu einer ganz bestimmten Uhrzeit 60 Pakete oder mehr bei uns abholen und binnen 24 Stunden ausliefern sollen.
Ein weiteres Problem war die Verpackung der Produkte. „Wir wollen Verpackungsmaterial, das ein Stück weit nachhaltig ist. Plastikverpackungen sind ein absolutes No-go. Also geht man auf Pappe oder gepresste Zuckerrohr-Verpackungen, die eine ähnliche Haptik wie Pappe haben", erklärt Bau. Das Problem: Weil sich die Gastronomen alle im Lockdown neue Konzepte überlegen mussten, werden derzeit immense Mengen an Verpackungen gebraucht. „Wir haben eine Woche lang das Internet nach entsprechenden Produkten durchforstet, auch nach Bügelgläsern und nach Portionsgläsern für Desserts. Wir mussten schnell feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, so etwas zuverlässig zu bekommen. Viele Hersteller und Lieferanten sagen, wir sind restlos ausverkauft." Am Ende wurde Bau fündig, und auch die Auslieferung steht.
Herausgekommen ist ein dreiteiliges System. Kunden aus der näheren Umgebung können ihre Box direkt vor Ort abholen. Zusätzlich gibt es gegen eine Kilometerpauschale einen Ausfahrservice bis Trier Stadt, Luxemburg Stadt und bis nach Saarbrücken. Alle Kunden, die darüber hinaus wohnen, erhalten die Bau.Box per UPS. Die Speisen werden Donnerstagvormittag zubereitet, ab 12 Uhr in Styroporkartons mit Kühlpads verpackt, um 15 Uhr abgeholt und sind am nächsten Tag bis 12 Uhr mittags beim Kunden. „Idealerweise sollten die Kunden dann das Essen am Freitagabend zubereiten, dann haben sie die optimale Qualität", betont Christian Bau. „Die Produkte sind aber auch am Samstag noch bedenkenlos genießbar."
Ein späterer Verzehr geht aber auf Kosten der Optik. Christian Bau gibt ein Beispiel: „Wenn etwa Brokkoli dabei ist, wird dieser geputzt und gesäubert, dann in Salzwasser blanchiert und hat anschließend eine wunderschön grasgrüne Farbe. Er wäre auch am Samstag noch frisch, aber nicht mehr so grasgrün. Deshalb ist unsere Empfehlung, die Produkte bis zu 36 Stunden, nachdem sie bei uns zubereitet wurden, zu verzehren." Wer die Boxen selbst abholt, hat entsprechend etwas mehr Zeit.
Ab Box Zwei auf 125 limitiert
Neben der eigentlichen Bau.Box können Kunden auf Wunsch ihr Menu erweitern und individualisieren oder nach ihren Vorstellungen „aufpimpen", wie Bau selbst es nennt. Etwa mit einem Döschen Kaviar, mit Gänseleberterrine mit Sauternesgelee, Lachs oder mit Käse. „Alle Produkte sind eine weitere vollwertige Speise, und so lässt sich das Menu ganz leicht zum Sechs- oder Sieben-Gang-Menu ausbauen." Die Preisgestaltung sei dabei sehr fair, betont Bau. „Die Lieferanten sitzen derzeit auf Mengen von Kaviar, da es keine Gastronomie, keine Hotels, keine Kreuzfahrtschifffahrt, keine Fluglinien als Abnehmer gibt. Deshalb können wir etwa den Kaviar nahezu zum Einkaufspreis weitergeben und sind vermutlich günstiger als so mancher Feinkostladen. Zudem hat der Kunde die bei uns übliche Qualität, die normalerweise im Restaurant mehr als das Doppelte kosten würde."
Auch eine Weinbegleitung ist möglich. Dafür sind zwei Schaumweine, zwei Rot- und sechs Weißweine im Angebot – jeweils als halbe oder ganze Flasche.
Ursprünglich sollte die Bau.Box auf nur 75 Exemplare die Woche limitiert werden. Der Spitzenkoch hatte aber ganz offensichtlich den Ansturm seiner Stammkundschaft unterschätzt. „Der Newsletter ging raus, und binnen 25 Minuten lagen 75 Bestellungen vor. Eine Stunde später weitere 75, sodass wir noch am gleichen Tag die Reißleine ziehen mussten", erzählt Bau. Für die erste „Bau.Box", die vor dem Valentinstag ausgeliefert wurde, wurden aufgrund der Nachfrage einmalig 150 Exemplare ausgeliefert. Alle folgenden Boxen werden nun auf 125 Exemplare pro Woche limitiert. „Wir möchten kein riesengroßes neues Geschäftsmodell daraus stricken, sondern das klein und fein halten", betont Christian Bau. Auch um die gleichbleibend hohe Qualität anbieten zu können, für die das „Victor’s Fine Dining by Christian Bau" steht.