Kinder können uns bekanntlich zur Verzweiflung bringen, wenn sie die Welt verstehen wollen und ständig nach dem Warum fragen. Solange, bis wir die Geduld verlieren oder es keine Antworten mehr gibt. Aber es heißt ja nicht umsonst: Wer nicht fragt, bleibt dumm.
Also fragen wir weiter. Zum Beispiel, warum in Grosbliederstroff ein Inzidenzwert von deutlich über 300 gemeldet wird, während auf der anderen Saar-Seite in Kleinblittersdorf zur gleichen Zeit zwölf Fälle zu Buche schlagen, was einem Inzidenzwert etwa im Landesdurchschnitt entspricht. Und der liegt mit zuletzt um die 90 bei weniger als einem Drittel. Wobei nicht auszumachen ist, dass im Aldi auf der einen oder im Cora auf der anderen Seite der gegenseitige Einkaufsbesuch zum Erliegen gekommen wäre. Oder warum hat sich bei den Nachbarn im Département Moselle die südafrikanische Variante festgesetzt, während sich bei uns die britische Variante zunehmend heimisch fühlt? Dass die Varianten ihr Terrain untereinander aufgeteilt haben, ist eher unwahrscheinlich.
Es sind nur einige der Fragen, die klar machen, wie viele Wissenslücken es auch nach über einem Jahr mit Corona gibt. Das könnte im Zusammenhang mit Öffnungsschritten den Ausschlag für die weitere Entwicklung geben.
Deshalb ist die Ankündigung einer wissenschaftlichen Begleitung des Saarland-Modells richtig, wenn auch (bis Redaktionsschluss) nicht ganz klar war, was dabei einer wissenschaftlichen Betrachtung unterzogen werden soll. Und bis wann mit Erkenntnissen zu rechnen ist. Nicht auszuschließen, dass das Virus schneller ist und schon vorher dazu zwingt, die Stufe „rot" festzustellen. Dass die nicht an einen klaren Orientierungswert geknüpft ist, ist begründbar. Ohnehin ist eigentlich schon längst angesagt, sich vom fast sklavischen Blick auf Inzidenzwerte zu lösen. Insbesondere bei massiver Ausweitung der Tests macht etwa ein Blick auf die Positivrate deutlich mehr Sinn. Ebenso der „R-Wert" für die Ausbreitung der Infektion.
Ansonsten wird auch mit dem Modell das Saarland keine Insel der Glückseligen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass – und da ziehen wir doch noch einmal die Inzidenz zu Rate – das Land deutlich höhere Werte als im Bundesdurchschnitt hatte. Das ist seit geraumer Zeit umgekehrt. Womit sich die Spirale der Warum-Fragen weiter dreht.