Chromebooks verbinden den Chrome-Browser und Android zu einem Einfachst-Computer im Google-Universum. Klingt praktisch, aber wer braucht das eigentlich?
Ein Notebook ohne Windows oder macOS? Das geht – mit Chrome OS. Die sogenannten Chromebooks gibt es von diversen Herstellern zu Preisen ab circa 300 Euro aufwärts bis zum 1.000-Euro-Spitzenmodell. Allen ist gemein: Sie fahren unheimlich schnell hoch und der Akku hält lange, einen Touchscreen gibt es meist auch. Ansonsten ist die Hardware meist eher auf der günstigen Seite. Das liegt am Konzept: Chromebooks sind keine leistungsfähigen Notebooks, sondern ein günstiger Zugang zum World Wide Web und zu den Diensten von Onlineriese Google. Fast alles findet im Browser statt, Programme muss man nicht installieren. Gespeichert wird auf Google Drive im Netz. Wer will, kann Android-Apps aus dem Play Store laden.
Für Schüler und Studenten geeignet
In Deutschland sind Chromebooks bisher ein Randphänomen unter den Notebooks, allerdings ein wachsendes. Google selbst nennt keine konkreten Verkaufszahlen für Deutschland. Beim Marktforscher IDC nennt Analystin Malini Paul die Zahl von knapp 183.000 verkauften Chromebooks in 2020. Im Jahr davor waren es 70.000, 2018 gerade 33.000. Das Wachstum stützt sich laut IDC derzeit größtenteils auf Privatnutzer. Für die Zukunft rechnet die Analystin auch mit wachsenden Absatzzahlen von höherpreisigen Chromebooks für Business-Anwender.
Ob es nun an der Corona-Pandemie liegt oder an der breiten Nutzung von Google-Diensten: Chromebooks sind im Kommen. Seit März diesen Jahres gibt es mit einer neuen Version auch eine verbesserte Zusammenarbeit mit Android-Telefonen und bessere Dateibehandlung. Aber wer braucht eigentlich so ein Notebook? „Das ist etwas für alle, die ein zuverlässiges Gerät brauchen, das wenig kostet", sagt Stefan Porteck vom Fachmagazin „c’t". Also etwas für Schüler und Studierende mit einem schmalen Budget. Oder für ältere Menschen, die vielleicht nicht so computeraffin sind und ein Gerät wollen, das einfach läuft. Denn wer sich damit arrangieren kann, fast ausschließlich mit Googles Webdiensten zu arbeiten, braucht meist gar nicht mehr als das, was ein Chromebook bietet. Textverarbeitung, Tabellen, Präsentationen, Mails oder Fotobearbeitung liefert Google per Webdienst. Wer mehr spielen will als Android-Spiele für das Smartphone, findet mit Googles Stadia auch einen Spiele-Dienst für Chromebooks.
Die Plattform hat Porteck zufolge noch einige Vorteile: „Wenn man es aufklappt, ist es in sechs bis acht Sekunden startklar." Tagsüber kann man es als Computer nutzen, abends läuft es umgeklappt als Tablet zur Unterhaltung weiter. Dem Google-Ökosystem sei dank: Alle Funktionen vom Android-Smartphone lassen sich auf dem Chromebook nahtlos weiterführen. Fotos, Kalendereinträge, Anrufe und Nachrichten können auf beiden Geräten bearbeitet werden. Auch Passwörter für Onlinedienste und W-Lan-Netze schieben sich die Geräte über das eigene Google-Konto hin und her.
Durch den jüngst eingeführten Phone Hub können Chromebook und Telefon sich nun auch die Internetverbindung mit einem Klick teilen und Browser-Tabs austauschen. Chrome OS entwickelt sich da deutlich in Richtung von Apples iOS: ein System, viele Geräte, keine Grenzen – wie mit Apples iPad und iPhones. Wenn man so will, ist die Stärke des Chromebooks auch seine Schwäche: die Einfachheit. „Es ist ein sehr geschlossenes System", sagt Stefan Porteck. „Man hat nicht so wirklich die Wahl, was man installiert. Mal eben ein fehlendes Programm herunterladen, ist nicht ohne Weiteres möglich. Chromebook-Nutzer sind darauf beschränkt, was es im Chrome Web Store oder im Google Play Store gibt. Was da nicht ist, kann man auch nicht installieren. Und häufig wisse man nicht, was man bekommt, sagt Porteck. Ob eine App wirklich für Chromebooks mit ihrem großen Bildschirm geeignet ist, merkt man oft erst nach der Installation. Besonders bei Bezahl-Apps kann das ärgerlich sein.
Ein Beispiel: Microsofts Mail-App Outlook in ihrer Android-Version ist gut an Chromebooks angepasst. Der große Bildschirm wird gut ausgenutzt, die Bedienung ist auch mit Maus oder Trackpad komfortabel, das ist praktisch. Die Streaming-App Netflix hingegen springt immer in eine smartphoneartige Hochformat-Ansicht und hat extrem kleinteilige Bedienelemente – das ist unpraktisch. Chromebook-Nutzer müssen also häufig schauen: Gibt es da eine App, oder nutze ich gleich die Web-Version eines Dienstes? Gerade Letzteres ist meist die beste Wahl, auch bei einigen Google-Diensten, deren Apps auf dem Chromebook zum Teil nicht gut funktionieren. Und: Ohne Internetzugang sind die Geräte nur eingeschränkt nutzbar.
Für Analystin Malini Paul bieten Chromebooks ihrer Zielgruppe trotzdem klare Vorteile: „Nicht alle Nutzer brauchen ständig viel Rechenleistung", sagt sie. Ein großer Vorteil sei vor allem die Mobilität. Und Nutzer profitierten von der einfachen Nutzbarkeit, den geringen Hardware- und Softwarekosten und der Sicherheit der cloudbasierten Notebooks.
Abhängig von Google-Universum
Die Produkpalette der Chromebooks ist breit. Eines der aktuell günstigsten Chromebooks, das Asus C223, hat einen knapp zwölf Zoll großen Bildschirm mit HD-Auflösung, kein Umklappscharnier, ein Kunststoffgehäuse und keinen Touchscreen. Für 300 Euro können Gelegenheitsnutzer damit trotzdem recht komfortabel arbeiten. Am anderen Ende des Preisspektrums steht etwa Lenovos Thinkpad C13 Yoga Chromebook. Es lässt sich mit seinem Full-HD-Bildschirm mit 360-Grad-Scharnier, Touchscreen, Profitastatur und Metallgehäuse kaum von den anderen Business-Thinkpads des Herstellers unterscheiden. Für 700 Euro dürften hier auch Vielschreiber und Kreativarbeiter auf ihre Kosten kommen – wenn ihnen denn die Webdienste und Apps ausreichen.
Zusammengefasst lassen sich also zwei Fälle unterscheiden: Fall 1: Sie stecken schon mit Google-Konto und Android-Smartphone im Google-Universum drin? Sie haben kein Problem damit, viele Dinge im Browser oder mehr oder weniger guten Apps zu erledigen? Dann könnte Ihnen auch ein Chromebook ausreichen. Die Geräte decken die meisten Anwendungsfälle ab, und die Plattform ist weiter in Entwicklung. Rund 50 Modelle kommen laut Google noch 2021 auf den Markt. Rein preislich sollte also für alle etwas dabei sein.
Fall 2: Sie brauchen viele zusätzliche Programme? Sie wollen selbst entscheiden, was auf ihrem Computer installiert wird? Standardeinstellungen reichen Ihnen nicht aus, und ihre persönlichen Daten und Dokumente wollen Sie auch nicht bei Google speichern? Dann ist ein Chromebook keine Option.