Stylische Front, übersichtliches Cockpit, viele Assistenzsysteme: Optisch wirkt der elektrische Opel Mokka gelungen. Doch was taugen die für E-Autos so wichtigen Batterien? Wir machen den Langstrecken-Test.
So sieht er also aus, der ganze Stolz von Opel. Die Front: breit und wuchtig. Die LED-Scheinwerfer: hell wie Tageslicht. Die Farbe: giftgrün, pardon Matcha, wie es der Rüsselsheimer Autokonzern nennt. Als ich den Mokka zum ersten Mal abstelle, drehen sich die Jungs vom Bolzplatz anerkennend um. Ein älterer Herr, der mit seinem Handwagen vorbeigeht, erkundigt sich nach den Ladezeiten für Straßenparker. Als ich „fünf Stunden" sage, winkt er ab: „Das ist nichts für mich." Tja, Geschmäcker sind verschieden.
Schon auf den ersten Blick sieht der Mokka anders aus als die bisherigen Modelle, die man von Opel kennt. Das behäbige stromlinienförmige Design ist verschwunden; stattdessen wirkt der City-SUV mit seiner langen schwarzen Plexiglasfront wie ein breitbeiniger Halbstarker. Künftige Opel-Modelle sollen ähnlich aussehen. Ein neues Markengesicht, wie es heißt.
Doch bei Elektroautos ist es wie im echten Leben: Es zählen die inneren Werte. Was nützt die schönste Optik, wenn sich der Flitzer auf der Straße nicht bewährt?! Auf dem Papier soll er mit einer Akkuladung bis zu 324 Kilometer weit kommen, was für die tägliche Fahrt zur Arbeit oder zum Supermarkt locker reicht. Doch wer gibt schon 30.000 Euro aus, um nicht auch einmal eine längere Strecke zu meistern? Steile Anstiege, kalte Temperaturen oder Autobahn-Fahrten lassen die Reichweite von E-Autos erfahrungsgemäß schnell schrumpfen. Beim Mokka auch? Wir werden sehen.
Reichweitenanzeige eher unzuverlässig
Das Cockpit ist komplett digital gehalten. Und minimalistisch. Außer Geschwindigkeit, Batteriestand und Verbrauch ist auf der großen schwarzen Fläche nicht viel zu sehen. Erst finde ich das ein bisschen schade, dann aber revidiere ich meine Meinung: Vielleicht gar nicht schlecht, wenn es nicht zu viel Ablenkung gibt. Rechts neben dem Hauptdisplay thront das zehn Zoll große Navi, das ebenfalls gut lesbar ist – zumindest als Fahrer. Beifahrer haben das Nachsehen, weil der Monitor eindeutig Richtung Lenkrad zeigt.
Der Mokka rollt auf die Autobahn. Zuerst geht es von Bonn in die Eifel, 60 Kilometer pro Strecke. Beim Start ist der Mokka zu dreiviertel geladen, hin und zurück sollte es also locker klappen. Obwohl man sportlich sitzt, schalte ich den Sportmodus dem Akku zuliebe besser aus. Apropos Akku: Im Kofferraum liegt ein Ladekabel mit verschiedenen Adaptern bereit (Haushaltssteckdose, Starkstrom, Typ-2-Ladesäule). Das zusammensteckbare Set ist für längere Reisen wirklich praktisch, weil man den Mokka damit auf dem Campingplatz, am Ferienhaus oder notfalls auch in einer normalen Hotelgarage aufladen kann. Leider ist der „Opel Universal Charger" nicht billig: Er kostet 720 Euro Aufpreis.
Während auf der A61 die Benzin-Raser vorbeibrettern, bleibt es im Mokka angenehm leise. Die Dämmung ist zweifellos gelungen; auch bei moderater Lautstärke lässt sich das Radio gut verstehen. Weniger Freude bereitet der Bordcomputer. Obwohl ich konstant 120 km/h fahre, ändert er minütlich seine Reichweitenprognose. 150 Kilometer, 100 Kilometer, 80 Kilometer … Als wir nach einer Dreiviertelstunde am Laacher See ankommen, ist die Reichweite auf bedrohliche 70 Kilometer zusammengeschrumpft. Wenn das stimmt, würden wir es nur mit Ach und Krach nach Hause schaffen. Wenn überhaupt.
Auf dem Rückweg steuere ich vorsichtshalber eine Raststätte an. An der dortigen Schnellladesäule lässt sich der Mokka mit 100 Kilowatt „betanken", sodass er nach nur sieben Minuten seine Reichweite um zehn Prozent aufgebessert hat. Auf der Autobahn dann die große Überraschung: Mit jedem Kilometer, den es mehr Richtung Heimat geht, wächst die Reichweite wieder. Der Bordcomputer korrigiert sich fortlaufend selbst. Am Ende ist der Akku noch zu 39 Prozent voll; wir hätten es also auch ohne Zwischenstopp locker geschafft. Ärgerlich, dass die Anzeige derart danebenlag. Das können andere Hersteller besser.
Breite den Batterien geschuldet
Beim Langstrecken-Test am nächsten Tag beschließe ich, mich nicht verrückt machen zu lassen. Von Bonn fahre ich bis Freiburg, eine Strecke von 416 Kilometern. Mit zwei Ladestopps sollte die Tour locker zu schaffen sein, ganz gleich, was der Bordcomputer anzeigt. Und wirklich: In Mainz ist der Akku noch zu 22 Prozent voll. Ich verbringe meine Mittagspause bei Aldi, was den angenehmen Nebeneffekt hat, dass dort eine Schnellladesäule steht. Nach 40 Minuten ist der Akku so gut wie voll.
Mein Handy klingelt. Da ich es zuvor per Bluetooth mit dem Auto verbunden habe, kann ich problemlos telefonieren. Doch nach zehn Minuten ist Schluss mit lustig: „Beenden Sie das Telefonat oder parken Sie", belehrt mich das Navi. Offenbar möchte der Mokka nicht, dass die Konzentration leidet. Immerhin, die Ermahnung bleibt ohne Folgen.
In Karlsruhe steuere ich einen „Ladepark" an, den der Energiekonzern EnBW neben der Autobahn errichtet hat. Sechs Schnelllader mit jeweils zwei Anschlüssen stehen hier zur Verfügung – toll! Direkt daneben liegt ein Einkaufszentrum, in dem man – zumindest in Nicht-Pandemie-Zeiten – die Wartezeit zum Shopping nutzen könnte. Einziger Wermutstropfen: Der Ladepark ist so neu, dass das Navi die Hausnummer noch nicht kennt. Nach drei Umrundungen finde ich das Ziel aber auch so.
Im Schwarzwald spielt der Mokka seine Stärken voll aus. Er liegt gut auf der Straße, kommt jeden Berg hoch und gewinnt beim Herunterfahren sogar Energie zurück (Rekuperation). Je mehr ich mit dem grünen Opel unterwegs bin, desto mehr gewöhne ich mich an die Prognosen des Bordcomputers. Und auch das Auto stellt sich allmählich auf mich ein, sodass die Anzeigen zuverlässiger werden. Nur eine Frage geht mir bis zum Schluss nicht aus dem Kopf: Warum muss ein Auto, das so wendig und kompakt ist, fast zwei Meter breit sein? Im Schwarzwald ist das egal, in engen Baustellen eher weniger. Zum Glück verhindern allerlei Assistenzsysteme, dass der Mokka seinen grünen Lack verliert. Oder einen Spiegel.