Seit einem Jahrzehnt ist Rapsöl nun schon unangefochten das liebste Speiseöl Deutschlands. Dabei galt es noch vor rund 40 Jahren als absolut ungenießbar. Seinen Aufstieg verdankte das ungemein gesunde Öl diversen Pflanzen-Neuzüchtungen.
In jedem Frühjahr sind die gelbblühenden Rapsfelder eine veritable Augenweide. Die einjährige Pflanze, die von Biologen als „Brassica napus" bezeichnet und zu den Kreuzblüten-Gewächsen gezählt wird, wird jeweils Ende August ausgesät und kann im Folgejahr Ende Juli oder Anfang August geerntet werden. Selbst eisige und schneereiche Winter können ihr nichts anhaben. Die gelben Blüten sitzen an einem zwei bis drei Zentimeter langen Fruchtstiel, sie verwandeln sich im Laufe der Reifung in rund zehn Zentimeter lange Schoten mit jeweils bis zu 20 Samenkörnern. Aus diesen kann das Rapsöl durch Pressung gewonnen werden.
Rapsöl ist nun schon seit einer Dekade das mit Abstand beliebteste Speiseöl Deutschlands und Raps weltweit nach der Sojabohne die am häufigsten kultivierte Ölfrucht auf einer Anbaufläche von global 35,6 Millionen Hektar. Das mag sich heute als eine Selbstverständlichkeit lesen, wäre jedoch noch Anfang der 1970er-Jahre als landwirtschaftliche Utopie eingestuft worden.
Raps verbessert die Bodenfruchtbarkeit deutlich
Denn obwohl hierzulande die klimatischen Bedingungen und auch die Bodenkonstitution für den Rapsanbau geradezu ideal waren, Raps in der Fruchtfolge die Bodenfruchtbarkeit deutlich verbessern kann und Imker die Blütenfelder mit ihren Bienenvölkern zur Gewinnung eines mild-cremigen Honigs zu schätzen wussten, wollte kaum jemand Raps kultivieren. Gerade mal 100.000 Hektar betrug Anfang der 1970er-Jahre die Anbaufläche von Raps. Ein Wert, den heute allein schon das Bundesland Niedersachsen locker überschreitet.
Das damals gewonnene Öl-Produkt wurde fast ausschließlich für die Herstellung von Lampenöl, Schmierstoffen oder für die Seifenherstellung verwendet. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, Rapsöl als Lebensmittel in Erwägung zu ziehen. Denn die jahrtausendealte Pflanze hatte dafür einfach einen viel zu hohen Anteil an Bitterstoffen. Zudem enthielt es weder für Mensch noch Tier verträgliche und womöglich sogar gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe wie Erucasäure und Glucosinolate. Nicht einmal als Tierfutter konnten daher die Rückstände der Ölpressung genutzt werden.
Im Laufe der 1970er- und 1980er-Jahre gelang es Züchtern, weltweit neue Sorten, sogenannten Doppel-Null-Raps, zu entwickeln, die nicht mehr bitter schmeckten und in denen die beiden genannten bedenklichen Inhaltsstoffe so gut wie nicht mehr vorhanden waren.
Allein in Deutschland sind inzwischen rund 70 verschiedene Rapssorten zugelassen, die nicht mehr nur die Grundlage für Speiseöl bilden, sondern auch für die Produktion von Biodiesel verarbeitet werden. Unter den in Deutschland meistverkauften Speiseölen behauptet das Rapsöl mit einem Anteil von gut 40 Prozent schon seit Jahren seine einsame Spitzenposition vor Sonnenblumen- und Olivenöl. Zudem ist es von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum gesundheitlich wertvollsten Speiseöl deklariert worden, was damit begründet wird, dass bei Rapsöl eine besonders günstige, geradezu ideale Mischung von Fettsäuren vorliegt. Den größten Anteil macht mit 60 Prozent die einfach ungesättigte Ölsäure aus. Unter den restlichen ungesättigten Säuren werden vor allem die zu den Omega-6-Fettsäuren zählende Linolensäure sowie die zur Gruppe der Omega-3-Fettsäuren zählende Alpha-Linolensäure als besonders wertvoll eingestuft.
Die beiden letzteren Säuren sind essenziell, müssen also über die Nahrung kontinuierlich aufgenommen werden, da der menschliche Körper sie nicht selbst produzieren kann. Beide können das schädliche LDL-Cholesterin senken und Entzündungen im Körper hemmen helfen. Ungesättigte Fettsäuren schneiden im Hinblick auf Gesundheitswert und zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich besser ab als gesättigte Fettsäuren, von denen im Rapsöl nur kleine Anteile enthalten sind. Stattdessen verfügt Rapsöl auch über größere Mengen der fettlöslichen Vitamine A, E und K, die als Antioxidantien die Zellen vor Angriffen sogenannter freier Radikaler schützen. Auch Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe wie Karotinoide sind in Rapsöl vorhanden. „In dieser Kombination mit der Ölsäure", so der Lebensmittelchemiker Prof. Bertrand Matthäus von dem in Münster ansässigen Max-Rubner-Institut/Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, „ergibt sich im Rapsöl eigentlich die Fettsäurenzusammensetzung, die heute von Ernährungswissenschaftlern empfohlen wird".
Großer Vorteil der hohen Hitzebeständigkeit
Immer beliebter wird derweil aber auch das nussig-heuartig schmeckende Leinöl, das mit einem Anteil an Alpha-Linolensäure von ganzen 70 Prozent und damit dem höchsten Omega-3-Fettgehalt punkten kann und sogar gegenüber Rapsöl ein gesundheitlicher Vorteil ist. Dem steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass ein solch hoher Wert an ungesättigten Fettsäuren das Leinöl für viele Anwendungen in der Küche instabil macht, sich Leinöl daher nicht zum Erhitzen eignet und schnell ranzig wird.
Im Handel ist Rapsöl in zwei Varianten erhältlich: kalt gepresst-nativ oder raffiniert. Beide weisen ein nahezu identisches Fettsäuremuster auf. Unterschiede gibt es bezüglich dem Gehalt an Geruchs- und Geschmacksstoffen, Fettbegleitstoffen und sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Native, kalt-gepresste Rapsöle, deren Samenkörner nur rein mechanisch ausgepresst werden, zeichnen sich vor allem durch einen leicht nussigen Geschmack und eine intensive goldgelbe Farbe aus. Sie sind besonders reich an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen. Allerdings sind sie im Vergleich zu raffinierten Rapsölen weniger lange haltbar und meist nicht hoch erhitzbar, weshalb sie am besten nur in der kalten Küche verarbeitet werden sollten – beispielsweise für Salatdressings.
Raffiniertes Rapsöl ist industriell aufbereitet, seine Farbe ist heller, sein Geschmack im Vergleich zu nativem Rapsöl fast neutral. Aber dafür ist es hitzebeständiger bis zu einer Temperatur von 180 Grad und daher zum Kochen und Backen geeignet. Da ungesättigte Fettsäuren sehr lichtempfindlich reagieren, sollte das Rapsöl zu Hause nur in gefärbten Flaschen kühl und dunkel aufbewahrt werden. Die bei der Rapsöl-Herstellung anfallenden Abfallprodukte wie Rapskuchen oder Rapsschrot können dank der neuen Sorten auch in der Tierfütterung zum Einsatz kommen. Rapsschrot hat hierzulande als Tierfutter mengenmäßig das lange Zeit meist verfütterte Sojaschrot abgehängt.