Mehr Wohnungen für alle – da sind sich alle Parteien einig. Doch wer hat die besseren Rezepte? Wo gibt es Schnittmengen? Wer ist für Steuerfreibeträge, Mietpreisdeckel oder neue Wohnformen? Soll man mehr in die Höhe oder mehr in die Breite bauen?
CDU
Die CDU/CSU nennt ihr Wahlprogramm schon gleich Regierungsprogramm, so sicher scheint man sich über den Ausgang der Bundestagswahl zu sein. Was sie will, sagt sie klar: 1,5 Millionen neue Wohnungen bis 2025. Wie das gehen soll? Durch eine Reihe von staatlichen Maßnahmen: weiterhin fünf Prozent steuermindernde Abschreibung beim Kauf von Wohnraum, Förderung des Bauens im Umland und schnellere Genehmigungsverfahren. Ist ein solches Verfahren nach zwei Monaten bei den Behörden nicht abgeschlossen, gilt der Bauantrag als genehmigt. In den Städten will die Union angesichts des teuren Baulandes die Nachverdichtung fördern: also Aufbauten auf Parkplätzen und Supermärkten oder Aufstockung von Gebäuden. Für die weniger Bemittelten soll der soziale Wohnungsbau weiter gefördert und das Wohngeld an die Preisentwicklung angepasst werden. Wie viele Sozialwohnungen gebaut werden sollen, wird nicht gesagt. Für die energetische Sanierung werden mehr Steuermittel in Aussicht gestellt. Familien werden mit speziellen KfW-Programmen gefördert beim Erwerb von eigenem Wohnraum. Bei der Grunderwerbssteuer soll ein Freibetrag von 250.000 Euro (plus pro Kind 100.000 Euro) neue Anreize für den Kauf eines selbst genutzten Hauses oder einer Wohnung setzen.
SPD
Gleich zu Beginn nennt die SPD als Ziel „Wir schaffen mehr Wohnraum durch den Bau von jährlich 400.000 Wohnungen, davon sind 100.000 öffentlich gefördert". Vom „Mietendeckel" ist im Folgenden nicht die Rede, aber die Partei will durch ein Mietenmoratorium den Mietenanstieg zumindest vorübergehend bremsen. Dafür sollen „Mieten in angespannten Wohnlagen zeitlich befristet nur in der Höhe der Inflationsrate steigen dürfen" – dies wären beispielsweise 2019, vor der Pandemie, 1,4 Prozent gewesen. Der Streit um den gerechten Mietspiegel wird auf Bundesebene gelöst: Er soll bundesweit nach einheitlichen und damit rechtssicheren Kriterien ausgestaltet werden. Mietspiegel dürften keine bloßen Neumietenspiegel sein, sondern sollen die vergangenen acht Jahre spiegeln. Kommunale Bauflächen dürften nicht an Unternehmen verkauft werden, um Spekulation mit Grund und Boden zu verhindern. Die SPD will Mietkaufmodelle fördern und ein Programm „Jung kauft Alt" für den Erwerb von Immobilien insbesondere aus dem Leerstand auf dem Land fördern. Auch die Obdachlosen hat die SPD im Blick: Städte und Kommunen sollen durch sogenannte Housing-first-Konzepte die Rückkehr in eine eigene Wohnung ermöglichen.
Grüne
Am ausführlichsten beschäftigen sich die Grünen mit Wohnungspolitik. Über allem anderen steht die Aussage: Wohnen ist Menschenrecht, also soll das „Recht auf Wohnen" auch ins Grundgesetz aufgenommen werden. In den kommenden zehn Jahren wollen die Grünen zusätzlich eine Million Sozialwohnungen bauen. „Ein nationales Aktionsprogramm" soll die Obdachlosigkeit bekämpfen. Noch vorhandene bundeseigene Bestände an Wohnungen sollen nicht mehr an private Investoren veräußert, sondern ausschließlich an Kommunen mit einer dauerhaften Sozialbindung abgegeben werden. Von einem Deckel sprechen die Grünen nicht, aber von „Mietobergrenzen und einer Nachschärfung der Mietpreisbremse." Auch bei der Modernisierung, sprich Wärmedämmung, gibt es bei den Grünen Grenzen: 1,5 Euro pro Quadratmeter. Wer ein Eigenheim erwerben möchte, soll es leichter haben als bisher. Als Prinzip gilt: „Wer den Makler bestellt, bezahlt". Sinken sollen die Kaufnebenkosten und die Grunderwerbssteuer (außer für Großunternehmen). Die Grünen haben auch ein Auge auf das ökologische Bauen: ressourcenschonend und nachhaltig sollen die Baustoffe sein. Und insgesamt soll möglichst wenig Fläche versiegelt werden: „Künftig wird mehr hoch als breit gebaut."
FDP
Damit Bauen günstiger wird, will die FDP einen Baukosten-TÜV einführen, eine transparente Grundlage für die Berechnung der Kosten. Überhaupt ist ihr die Bürokratie ein Dorn im Auge: Alle bestehenden Regelungen gehören laut den Liberalen auf den Prüfstand, die Bauordnungen aller Bundesländer müssten angeglichen werden. Wie die CDU setzt sich die FDP dafür ein, dass Bauanträge nicht endlos bearbeitet werden dürfen, sondern nach einer bestimmten Frist als genehmigt gelten. Mietpreisbremse und Mietendeckel sind für sie natürlich Gift, sie „verknappen das Wohnungsangebot". Wer selbst genutztes Wohnungseigentum kauft, soll entlastet werden – durch Freibeträge bei der Grunderwerbssteuer. Da geht die FDP weiter als die CDU, die Steuerfreiheit kann bis zu einer halben Million gehen. Die missbräuchliche Umgehung der Grunderwerbsteuer mittels sogenannter Share Deals wird per Gesetz gestoppt. Für die FDP ist Wohnen auch eine Frage des Älterwerdens. Mehr barrierefreier oder -armer Wohnraum in Bestand und Neubau soll es Menschen ermöglichen, lange selbstbestimmt in ihrem gewohnten Umfeld leben zu können. Sozialer Wohnungsbau spielt für die FDP nur eine Nebenrolle – sie ist dafür, sozial Benachteiligten mit Wohngeld zu helfen.
Linke
Am radikalsten rückt Die Linke der Wohnungsmisere zu Leibe. Sie ist Teil der Kampagne „Deutsche Wohnen & Co. enteignen", spricht sich für Mietenstopp überall dort aus, wo eine Kommune einen „angespannten Wohnungsmarkt" sieht und fordert vom Staat 15 Milliarden Euro im Jahr für Bestandssanierung, Sozialwohnungen, kommunalen wie genossenschaftlichen Wohnungsbau. Noch immer seien die „Rechte von Mietern viel zu schwach." Die Mietpreisbremse wirke nicht. Bauminister Horst Seehofer gebe dreimal so viel Geld aus Steuermitteln für das „Baukindergeld" aus wie für den sozialen Wohnungsbau. „Wie es gehen kann, zeigt dagegen Berlin", heißt es im Wahlprogramm, „Mieten mit harten Obergrenzen deckeln, Wohnungen zurück in öffentliches Eigentum bringen, sozialen Wohnungsbau fördern und die Immobilienwirtschaft gemeinnützig machen. In Berlin sind die Mieten erstmals seit Jahren wieder gesunken." Die Linke will jedes Viertel besser durchmischen, auch mit Sozialwohnungen (Vorbild: Wien) und das Recht auf Kündigung wegen Eigenbedarf drastisch einschränken. An die Bodenspekulanten ergeht außerdem die Mahnung: „Bauland in Gemeinschaftshand". Denn Boden sei ein knappes Gut, so auch die wohnungspolitische Sprecherin, Caren Ley.
AfD
Wohnen ist nicht das Thema der AfD. Auf 210 Seiten (das längste Wahlprogramm von allen) stehen nur auf zwei Seiten einige Aussagen. So beginnt das Kapitel „Bauen, Wohnen, Mieten" gleich mal damit, dass die „überzogenen Standards" gestrichen werden sollten. Unter anderem soll die Energiesparverordnung wegfallen, Brand-, Wärme- und Schallschutz auf ein Mindestmaß reduziert werden. Das Baurecht soll, wie bei der FDP, bundesweit vereinheitlich werden, um die Verfahren zu beschleunigen. Die Grunderwerbssteuer ist laut AfD für Deutsche zu streichen, für ausländische Käufer auf 20 Prozent zu erhöhen. Auch die EEG-Umlage und die GEZ-Kosten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk seien zu streichen. Die Schaffung von Wohneigentum begrüßt die AfD, sorgt sie doch für soziale Stabilität. Man will den Erwerb fördern durch den Einstieg in Wohnungsbaugesellschaft über Erbbaurecht. Kommunale Wohnungsunternehmen sollen jungen Familien Angebote machen, staatliche Bürgschaften als Kapitalersatz für bis zu zehn Prozent des Objektwertes den Kauf erleichtern. Den sozialen Wohnungsbau erklärt die AfD für gescheitert. Es sei besser, Einkommensschwache direkt mit Wohngeld zu unterstützen.